Liha beobachtete gespannt, wie Dánirah und Lai vorsichtig und Schritt um Schritt inmitten der Krieger den Fluss Geai querten. Als jemand ihn leise fluchend am Ärmel packte, blickte er überrascht auf und in Katims Gesicht.
„Der junge Hitzkopf hat den Verstand verloren."
Erst da bemerkte Liha den Prinzen, der bereits das Pferd am anderen Ufer aus der Furt trieb.
Katim schüttelte den Kopf. „Kannst du für mich auf ihn aufpassen? Er ist in Sorge um seinen Vater und wird Kopf und Kragen riskieren. Aber mir fehlen die Mittel, den Kronprinzen zurückzuhalten."
Liha zögerte. Wie sollte er den Prinzen beschützen? Er konnte selbst ja kaum mit der Herausforderung eines neuen Pferdes umgehen. Aber Katim ließ seinem Arm nicht los, und so zuckte er die Schultern. „Ich werde mein Bestes tun, mein Herr."
„Danke. Ich schicke natürlich seine Wachen hinterher, aber ich weiß, dass er sich ihnen bei erster Gelegenheit entziehen wird. Du hat vielleicht bessere Chancen. Guten Ritt, und pass auf dich auf, Liha."
Liha nickte und trieb sein Pferd in den Fluss. Zumindest hatte der schwarze Hengst nun den Versuch aufgegeben, ihn abzuwerfen. Vielleicht war sich das Pferd der unmittelbaren Gefahr durch das Wasser bewusst. Bald schwappte eisiges Wasser um seine Beine. Like klammerte die Finger um die Zügel. Wie kam Katim bloß dazu, ihm eine solche Aufgabe zu übertragen? Dafür gab es doch die königlichen Wachen. Allerdings hatte er auch schon beobachtet, dass sich Pentim ganz gerne aus ihrer Obhut wegstahl. Er — mitten im Fluss zögerte der Hengst, stolperte, rutschte seitlich weg und wurde von der Strömung mitgerissen.
Während die Angst in Lihas Magen einen kalten Klumpen bildete, warf er sein Gewicht nach vorne und schlang die Arme um den Hals des Tieres. Die reißende Strömung trug sie flussabwärts und im eisigen Wasser ließen die Kräfte von Mann und Pferd rasch nach. War es besser, von dem Tier wegzuschwimmen? Bevor Liha sich entscheiden konnte, fand der Hengst wieder Grund und stapfte prustend aus dem Wasser. Der junge Mann hielt sich am Sattel fest, bis er selbst auch wieder stehen konnte.
Am Ufer umarmte er das zitternde Tier, ohne sich um seine nassen Kleider zu kümmern. „Das hast du sehr gut gemacht, Hran. Vielen Dank, du bist der Beste."
Einen Moment später schwang sich Berim neben ihm aus dem Sattel. „Du musst die nassen Sachen ausziehen. Es ist zu kalt um so zu reiten."
Dánirah rutschte ebenfalls vom Pferd und reichte ihm seine Decke vom Sattel der Stute.
„Danke." Er begann, damit den Hengst abzureiben.
Berim nahm ihm die Decke aus der Hand. „Lass mich das machen und zieh dich um."
„Ich habe nicht viel zum umziehen."
„Egal, zieh dich aus, du erkältest dich sonst."
Berim und einer der Krieger aus Melishs Trupp reichten ihm ihre trockenen Ersatzhemden. Mit zitternden Händen und klappernden Zähnen zog Liha sie übereinander an. Eines war viel zu groß und reichte ihm beinahe bis zu den Knien. Dánirah half ihm dabei, seine Hose auszuwinden. Sie blieb feucht, aber zumindest troff sie nicht mehr. Seine nasse Jacke wollte er aber nicht über die trockenen Hemden anziehen.
„Hier, nimm den." Dánirah reicht ihm ihren schwarzen Schal. Er zögerte, ihn anzunehmen, aber sie schüttelte den Kopf. „Ich bin nicht nass, und ich möchte nicht, dass du krank wirst."
Dankbar wickelte er das warme Tuch um seine Schultern. Es roch nach exotischen Gewürzen und dem Rauch eines Lagerfeuers. Er lächelte seiner Freundin zu, als er wieder in den Sattel stieg. „Vielen Dank."
Inzwischen hatten alle Krieger, die mit Melish reiten sollten, den Fluss überquert. Einigen war es dabei nicht besser ergangen als Liha und er war froh, dass er nicht der einzige war, der mit einem Bündel nasser Kleider am Sattel den Ritt antrat.
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Liha & Dánirah - Der Drache und die Träumerin
FantasyLiha würde alles tun, seine Familie zurückzubekommen. Aber ihm bleibt nur die Rache. Deshalb will er dem Heer des Königs beitreten, um dieses Ziel zu erreichen. In der goldenen Stadt Penira lernt er aber rasch, dass er zuerst seinen Wert beweisen mu...