Die Ratten verlassen das sinkende Schiff

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Angus

»Jedes Mal, wenn ich in die Küche komme, schaust du verzweifelter aus. Willst du immer noch nicht darüber reden, Engelchen?«, fragt mich Grandma, als sie sich einen Tee macht. »Wer alles auf dem Herzen trägt, bricht es sich noch eines Tages.«

Ich seufze entrüstet. »Ich warte nur darauf, dass Eric und Riley endlich Nachhause kommen. Sie haben mir versprochen, pünktlich zurück zu sein, aber sie sind schon eine Stunde zu spät dran.«

Grinsend kneift sie mir in die Wange. »Wofür fürchtest du dich? Stellen sie wieder irgendeinen einen Mist an oder willst du nur nicht ausgeschlossen werden?«

»Ja«, murmle ich und reibe mir die Wange.

»Ja zum ersten oder zweiten Punkt?«, fragt sie verwirrt und drückt ihren Teebeutel in die Tasse.

Ich weiß nicht genau wie ich auf ihre Frage antworten sollte, aber ich weiß, dass ich mit einer Lüge ohnehin nicht davon kommen könnte.

»Wie viele Jahre bekommt man bei Einbruch?«, frage ich zögerlich.

Erschrocken lässt sie fast die Tasse fallen. »Wie bitte? Ich hoffe, ich habe mich gerade verhört. Das ist nicht lustig, Angus.«

»Keine Sorge. Niemand lacht.«

Sie setzt sich mir gegenüber und spielt unruhig mit dem Papierende des Beutels. »Eric und Riley brechen gerade in diesem Moment in ein Haus ein und ich erfahre das erst jetzt? Wieso hast du mir nichts davon erzählt? Und wieso hast du sie überhaupt gehen lassen?«

»Du hast gesagt, ich kann Eric nicht aufhalten«, sage ich verzweifelt.

»Ja, aber bei kleinen Informationsausflügen oder kleinem Taschendiebstahl. Nicht bei einem Hauseinbruch, Angus! Wie konntest du das nur zulassen? Wieso bist du nicht zu mir gekommen?«

Ich zögere. »Eric wollte es tun. Ich konnte ihn nicht davon abhalten. Ich habe wirklich alles versucht, aber er ist ein erwachsener Mann, der für sich entscheiden kann, was er mit seinem Leben anfangen möchte.«

Sie ist nun diejenige, die seufzt. »Damit hast du leider Recht, Engelchen. Ich hoffe nur, sie kommen aus dieser Sache wieder heraus, ohne dass jemand dabei verletzt oder verhaftet wird.«

Wir verfallen in ein beträchtliches Schweigen. Jetzt, wo sie versteht, warum ich mich fühle wie ich es tue, geht es ihr nicht anders.

Beide haben mir versprochen heil wieder aus dieser Sache heraus zu kommen. Sie haben sich Notfallpläne überlegt, also müssten sie es schaffen. Aber wenn das wahr ist, warum haben sie sich dann nicht einmal bei mir gemeldet? Ist etwas katastrophal schief gelaufen?

Die Klingel reißt mich aus meinem Gedankenstrudel. Eilig springe ich auf und hetze zur Tür. Im Hintergrund vernehme ich wie Grandma mir folgt.

»Das müssen sie sein«, juble ich erleichtert und stolpere fast über meine eigenen Beine, als ich es nicht eilig genug zu haben scheine. Ich zerre an dem Griff, bis die Tür aufspringt und falle dabei fast den beiden Mädchen entgegen. Überrascht halte ich inne und mustere sie. »Oh. Ihr seid's nur. Hallo.«

»Wir freuen uns auch dich zu sehen«, grummelt Gwen genervt, als wäre ihr soeben eine Laus über die Leber gelaufen. Sie deutet mit einem Nicken auf die rothaarige Frau neben sich. »Wie es aussieht, sind wir beide auf der Suche nach dir.«

»Hallo«, begrüßt mich Martha aufgeregt und sieht sich nervös um. »Sind Riley und Eric hier? Eric meinte, er wird hierherkommen, wenn sie fertig sind.«

Verwirrt sehe ich sie an. »Nein, sie sind noch unterwegs. Weißt du etwa auch von ihrem Vorhaben Bescheid?«

Eilig nickt sie und wirft unruhig einen Blick hinter mich. Ich weiß sofort warum. Grandma steht hinter uns, um wahrscheinlich dieses Mal sofort von allem zu hören.

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