Am nächsten Morgen wurde ich unsanft von Olafs lauter Stimme geweckt. "Wer mag Wissensfragen? Ich natürlich. Wusstet ihr, dass Wasser ein Gedächtnis hat? Ist eine Tatsache. Viele zweifeln das an, ist aber wahr." Er hörte gar nicht mehr auf, zu reden.
"Guten Morgen", murmelte Elson, bevor er mir einen Kuss auf die Stirn gab. "Gut geschlafen?" Ich küsste ihn auf die Lippen, bevor ich antwortete. "Ja, aber unser Bett wäre mir lieber gewesen." Lächelnd stimmte er mir zu.
"Seht mal da drüben", rief Anna und zeigte auf etwas hinter mir. Als ich mich umdrehte, bemerkte ich Elsons Eisschloss, das stolz in der Ferne thronte. Wenn ich mich an die Zeit vor drei Jahren erinnerte, trieb es mir eine Gänsehaut über den ganzen Körper. Es ging zwar alles mehr als gut aus, aber es hätte ganz schnell ganz schiefgehen können. Als hätte Elson meine Gedanken gehört, zog er mich näher zu sich.
Olaf quasselte fröhlich weiter. "Wusstet ihr? Männer werden sechsmal eher vom Blitz getroffen als Frauen." Während der ganzen Fahrt schmiss er uns weiterhin einen Fakt nach dem anderen um die Ohren. Aber selbst wenn Olaf mal nichts sagte, sprachen wir anderen relativ wenig. Anna versuchte ab und an ins Gespräch mit Elson über den verwunschenen Wald oder die Stimme zu kommen, aber er antwortete meist nur in relativ kurzen Sätzen.
Je näher wir unserem Ziel kamen, desto weniger redete er. Wäre mir deshalb seine Sorge nicht aufgefallen, wäre es mir sicher an dem Punkt aufgefallen, als seine Umgebung immer und immer kälter wurde. Teilweise konnte ich sogar das Holz des Wagens glitzern sehen, bevor Elson bemerkte, was passierte und es schnell wieder ungeschehen machte. Er versuchte das zwar so unauffällig wie möglich zu tun, aber ich saß immerhin direkt neben ihm.
Nachdem wir uns den ganzen Tag Olafs 'Wusstet Ihr's anhören durften, sprach Kristoff das Machtwort, was Olaf dann zum Schweigen brachte.
"Wusstest du, dass ruhiger Schlaf auf Reisen vor Wahnsinn schützt?" Olaf kringelte sich fast vor Lachen. "Das stimmt nicht." Nachdem wir dann aber alle zugestimmt hatten, hielt er inne. "Also, das war einstimmig. Aber ich werde das nachlesen, wenn wir zu Hause sind." Danach legte er sich endlich schlafen.
Elson hatte sich wieder in das Tuch seiner Mutter eingewickelt und war kurz danach auch eingeschlafen. Hätte mich sein sanfter Rhythmus des Atmens und das Zirpen der Grillen nicht in den Schlaf verleitet, hätte ich Kristoffs enttäuschenden Anlauf, Anna einen Antrag zu machen, nicht verpasst. Da es aber nie zu der wichtigen Frage kam, sei mir mein Schlaf gegönnt gewesen. Nur hielt dieser nicht lange an, denn ich wurde schon wenig später von Anna geweckt.
Der Wagen hatte angehalten, weil Elson wieder die Stimme hörte. Wir stiegen alle aus und mussten nur um eine Ecke laufen, um unser Ziel zu erreichen. Es war eine riesige Wand aus Nebel. Als wir bis zu ihr herantraten, sah es aus, als würde sie glitzern. Das war verzauberter Nebel.
Kristoff wollte hindurchgehen, doch wurde von irgendeiner Macht zurückgehalten. Olaf fand das so witzig, dass er gleich mehrmals gegen die Wand rannte und immer wieder zurückgeschleudert wurde.
Elson ging ganz vorsichtig heran und berührte die Wand. Plötzlich öffnete sie sich und ließen den Blick auf vier riesige Steine frei. Die vier Symbole, die eingraviert waren, kamen mir bekannt vor. Es waren die von den Kristallen. Erst jetzt erkannte ich, wofür sie standen. Feuer, Wasser, Wind und Erde. Die vier Elemente.
Anna trat neben Elson und nahm seine Hand. "Versprich mir, wir machen das gemeinsam, ja?" "Ich versprech' es dir."
Wir gingen alle zusammen durch den Tunnel, der hinter den Stein preisgegeben wurde. Als wir eingedrungen waren, schloss sich der Nebel wieder hinter uns.
"Wusstet ihr, dass verzauberte Wälder Orte der Verwandlung sind? Ich habe keine Ahnung, was das bedeutet, aber ich bin schon sehr gespannt, was aus jedem einzelnen von uns wird." Am Ende des Tunnels wurden wir durch einen Wind aus dem Nebel herausgestoßen. Selbst Elson konnte den Nebel nicht mehr öffnen.
"Gefangen im verzauberten Wald. Das sind ja gute Aussichten", murmelte ich. "Aber er ist wunderschön", meinte Elson, woraufhin ich mich umdrehte und in den Wald hineinsah. Die Blätter der Linden und der Sträucher hatten sind alle orange-rot gefärbt. Der sanfte Nebel verlieh dem Wald eine magische Wirkung. "Irgendwie hatte ich mir einen verzauberten Wald gruselig vorgestellt, aber das ist atemberaubend", stimmte ich Elson zu.
In unserem Staunen erkundenden wir den Wald getrennt. Na ja, eigentlich wollte ich bei Elson bleiben, aber irgendwann hatte er eine Kurve genommen, die ich nicht mitverfolgt habe und dann stand ich alleine da.
Bis ich Olaf gefunden hatte. In einem überdimensionalen Fußstapfen. Was mir überhaupt keine Sorgen machen sollte, oder? Ich half ihm aus seinem Loch heraus und sah in dem Moment nicht hinter mich. Allerdings hätte ich das tun sollen, denn keine zehn Meter hinter mir entstand aus dem Nichts ein Tornado, der uns beide im nächsten Moment mitnahm.
Elson, Anna, Kristoff und Sven wurden in der nächsten Minute ebenfalls eingesackt. "Hallo, Leute", grüßte Olaf. "Das ist der Geist des Windes."
Uns wurde allen schlecht, durch das ständige Drehen, aber für alle außer Elson war es genauso schnell vorbei, wie es angefangen hatte. Der Tornado spuckte uns plötzlich wieder aus und behielt Elson in einer Art Ball aus Wind gefangen.
Wir konnten nichts sehen und Anna wollte gerade in den Ball hinein gehen, als er blau aufleuchtete.
Elsons Kräfte. Er kämpfte dagegen an.
Und es funktionierte. Der Nebel löste sich auf und es blieben nur einige mysteriöse Eisstaturen zurück.
Ich rannte zu Elson hinüber und umarmte ihn. "Mir gehts gut. Mach dir keine Sorgen", murmelte er und erwiderte die Umarmung. Nachdem mein Gewissen sich versichert hatte, dass es ihm auch wirklich gut ging, lies ich auch wieder von ihm los.
"Was sind das für Dinger?", hörte ich Kristoff hinter mir fragen. Elson sah sich um und betrachtete die Eisstatuen genauer. "Ich glaube so eine Art vereiste Augenblicke." Die Statuen zeigten zum Beispiel Sven, ein aufsteigendes Pferd, sowie einige kämpfende Männer.
"Was hast du vorhin noch auf der Fahrt gesagt?", fragte Anna Olaf, der so tat, als würde er sich an einer Eisstatue, die ein Lagerfeuer darstellte, wärmen. "Ich sagte, technologischer Fortschritt ist Rettung, aber auch Verhängnis." "Nein, nicht das. Ich meine deine Theorie mit dem Wasser."
Während Anna und Olaf redeten, ging Elson fasziniert zu dem vereisten Pferd. Seine Finger glitten sanft über das Vorderbein und er begann zufrieden zu lächeln. Wasser hat ein Gedächtnis. Das hatte Olaf vorhin gesagt.
Was haben diese Statuen also zu bedeuten?
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Eiskalte Liebe (m. Elsa - Die Eiskönigin)
FanfictionEs war ihre Aufgabe, ihm zur Seite zu stehen, nie sich in ihn zu verlieben. Es war seine selbst erklärte Pflicht, niemanden zu nah kommen zu lassen. Sie war die einzige Ausnahme. Cover: Original von Julia JM auf Tumblr