Kapitel 18

5 1 0
                                    

Die gewellte Klinge durchbohrte den kompletten Oberkörper des Diebes, ragte mit blutroter Spitze aus dem Brustkorb. Die tiefrote Flüssigkeit tropfte auf den Boden und vermischte sich mit dem stinkenden Unrat. Sowohl Nova als auch das Opfer schauten wie gebannt auf die herausragende, glänzende Spitze. Ein Augenblick in ungläubiger Stille und Regungslosigkeit, der nur durch das zarte rote Tropfen von der Spitze durchbrochen wurde, verstrich.

,,Was...'', hustete der bärtige Dieb und Blut quoll aus seinem Mund hervor. Weiter kam er nicht. Ihn verließ schlagartig alle Kraft und er sackte leblos zu Boden. Nova stand mit schreckgeweiteten Augen vor der Leiche aus dem ihr Speer ragte. Und ein zweiter Augenblick der Stille, diesmal ohne das zarte rote Tropfen, verstrich. Auf dem dreckigen Boden breitete sich langsam aber stetig eine Blutlache aus, während der Speer erhaben und tödlich aus seinem Opfer ragte. Das Blut verteilte sich immer weiter und weiter, tiefrot klebte es an Novas Stiefeln und färbte den Saum ihres geliehenen Kleides ein. Niemand sagte etwas. Weder die Handlanger des Toten, noch Nova. Nur in ihrem eigenen Kopf dröhnte es.

Das vor ihr war kein gerechter, kein heiliger Tod. Kein Tod im Sinne ihres Meisters. Nichts an diesem Ableben war Rechtschaffen oder Gut. Dieser Mann war kein Hexer gewesen und trotzdem lag er nun leblos vor ihr. Er war ein Dieb, ein schlechter Mensch zweifelsohne, aber musste er wirklich sterben? Und trotz dieser Gedanken, trotz der Lehren des Ewigen, war Nova seltsam froh und erleichtert über diesen unheiligen Tod. Und dann war es aufeinmal nicht mehr still.

,,Kein Zweifel mehr. Du bist lebensmüde!'' Die kratzige Stimme wurde durch die hohen Felsen des Jenseitsgebirges zurückgeworfen, hallten düster durch die Sackgasse. Nova schaute von dem Leichnam auf, ebenso die beiden Handlanger. Und sie drei beobachteten, wie eine dunkle Gestalt aus den Schatten marschierte.

Casper schritt entschlossen auf sie zu. ,,Wenn du unbedingt sterben willst, sehr gern! Nichts leichter als das!'' Giftgrüne Augen funkelten Nova an. Der Schatten trug seine Schädelmaske nicht aber sie hatte keine Zeit sich darüber Gedanken zu machen. Denn Casper beschimpfte sie weiter. ,,Sobald du nicht mehr unter meiner Aufsicht stehst, verpasse ich dir mit Freuden den letzten Stoß. Glaub mir Klinge, es wäre mir eine wahres Fest!'' Seine Stimme wurde mit jeder Silbe wütender, während er immer näher auf sie zu kam. Der schwarze Mantel bauschte sich bei seinen großen, unheilvollen Schritten hinter ihm auf und alles an ihm strahlte pure Mordlust aus.

Casper ließ sie keinen Wimpernschlag aus den zu Schlitzen verengten Augen. Auch nicht als er mit einer wegwischenden Handbewegung die beiden zitternden Handlanger verscheuchte. Die Beiden nahmen schneller als der Wind ihre Beine in die Hand und suchten, ohne einen letzten Blick auf ihren ehemaligen Anführer zu werfen, schnell das Weite. Ihre hastigen, stolpernden Schritte verklangen in den Schatten des Jenseitsgebirges. Nova war nun allein mit Casper, dem Leichnam und ihrem einzigen Freund Zephyr.

,,Was, beim Leerenkraken, hast du hier verloren?!'', fragte der Schatten sie zornig und verschränkte seine Arme vor der Brust, während er direkt vor der Blutlache zum Stehen kam. Rasende Mordlust ging von ihm aus, traf sie mit voller Wucht. Sie zitterte und ignorierte das törichte Gefühl der Erleichterung in ihr und den Drang Casper für seine Hilfe zu danken. Im Moment wäre er allem Anschein nach, nicht für solche Worte empfänglich. Und Nova war sich ziemlich sicher, hätte sie den Schutz ihres Meisters nicht, dann würde sie nun ebenso tot auf dem Boden liegen wie der Mann vor ihren Füßen. Casper hätte wohl keine Sekunde gezögert seine Drohung in die Tat umzusetzen. Ein kalter Schauer zog sich über ihren Rücken und Nova versuchte ihre Stimme wiederzufinden. Sie musste ihm die Situation erklären, auch wenn er sie danach für noch unfähiger halten würde. Aber sie hatte das Gefühl ihm wenigstens das als Dank zu schulden.

,,Ich habe einen Hexer bis in dieses Viertel verfolgt und ihn dann aus den Augen verloren. Ich suchte nach einem Weg zurück aber... Ich habe mich verlaufen. Und irgendwie bin ich dann hier gelandet...'' Selbst in ihren eigenen Ohren klang ihre Erklärung schwach und unglaublich töricht. Scham ließ ihr Herz höher schlagen. Casper funkelte sie die ganze Zeit an, machte sie zusätzlich mit seinem vernichtenden Blick und den hart zusammengepressten Lippen nervös. Nachdem ihre zittrige Stimme verhallte, blieb er einen Moment still und zeigte danach anklagend auf die Leiche zu ihren Füßen. ,,Und wie kam es zu dieser reizenden Abendgesellschaft?'' Sarkasmus tropfte aus jeder seiner Silben und sie kämpfte gegen den Drang an beschämt wegzuschauen.

Die MagieberührteWaar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu