4

155 22 33
                                    

JIMIN POV

Es herrschte das reinste Chaos in meinem Kopf seit ich vor etwas mehr als einer Woche jenem Omega über den Weg gelaufen war. Und mit jedem weiteren verstreichenden Tag schien mein Wolf mehr und mehr wehmütiger zu werden. Er winselte und heulte lautstark, flehte nach seinem Mate und ließ mich nachts kaum mehr ruhig schlafen, denn sobald ich die Augenlider schloss, tauchten wunderschöne, neugierige Augen vor meinem geistigen Auge auf und der Duft süßer Kirschen und Jasmin ließ mein Herz höherschlagen. Es war wirklich zum Haareraufen, denn der Schlafmangel erschwerte mir auch das Arbeiten. Ich war gereizter, was mich an sich schon nervte. So war ich einfach nicht. Doch wenn ich mit sensiblen, jungen Seelen arbeitete, war das noch unvorteilhafter, wenn ich schon bei noch so unspektakulären Kleinigkeiten am liebsten ausflippen und blind vor Wut den gesamten Raum auseinandernehmen wollte. Damit verstörte ich nicht nur alle Anwesenden, die es sowieso schon schwer genug im Leben hatten, sondern verlor auch im selben Atemzug mein einziges Einkommen, auf welches Wooyoung, Jihyun und ich mehr als nur angewiesen waren. Also hieß es weiterhin sich zusammenzureißen und mehrfach tief durchzuatmen. Das würde ich schon irgendwie schaffen.

Bis auf das leise Ticken der Uhr und dem hegen Treiben der Stadt außerhalb des Gebäudes, herrschte eine beinahe Totenstille im Zentrum. Es war fast schon gruselig, so still war es. Gedankenlos blickte ich von meinem leeren To-Go-Becher auf die Uhr, die gegenüber von mir an der Wand über der alten Tür hing und seufzte leise vor mich hin. In etwas mehr als einer Stunde würden die Kinder für das heutige Training eintreffen und dann erst eineinhalb Stunden später könnte ich mich endlich in meinen wohlverdienten Feierabend verabschieden. Ehrlich gesagt, hatte ich gehofft Hoseok hier anzutreffen, der hier vor meinem Boxkurs einen Tanzkurs anbot, doch die Hoffnung verpuffte, als ich hier ankam und just in dem Moment eine kurze Nachricht seinerseits erhielt, die kaum mehr besagte, außer dass er krank war und sein Kurs heute ausfiel. Somit saß ich nun hier in dem absolut menschenleeren Jugendzentrum und langweilte mich wahrscheinlich noch zu Tode, wenn nicht bald etwas spannendes passieren würde.

Wiederholt seufzend ließ ich meinen Kopf in den Nacken fallen und rollte mit den Augen, nur um im nächsten Augenblick wieder aufzuschrecken. Das Heulen eines Motors verstummte und laut wurden die Türen des Zentrum aufgeschlagen. Alarmiert weitete ich die Augen und sah zur Tür, erhob mich von meinem Platz. Verzweifelt tastete ich meine Tasche nach einem Gegenstand ab, womit ich mich in der Not verteidigen konnte. Natürlich fand ich nichts. Wieso sollte ich auch? Niemand ging bewaffnet zur Arbeit und schon gar nicht an einen Ort, an dem sich Kinder und Jugendliche aufhielten. Zwar befand sich das Zentrum in einem sehr grenzwertigen Viertel, dennoch kam es noch nie vor, dass man hier bei helllichtem Tage überfallen wurde. Forsche Schritte hallten durch den Gang, die für bloße Unruhestifter endeutig zu laut waren und unbehaglich an meiner Unterlippe nagend wollte ich auf die Tür zugehen, wenn nicht gerade zwei Kerle im Türrahmen auftauchten. Sie beide trugen hochwertige, perfekt sitzende Anzüge. Der Kleinere der zwei besaß scharfe, dunkle Augen, schmalere Lippen und schulterlange, rabenschwarze Haare. Fragend hob der Alpha seine Augenbrauen und musterte mich emotionslos.

"Park Jimin?"

Irritiert nickte ich und stumm schmiss mir er eine dunkle Tasche auf den Tisch zwischen uns, fegte dabei den Pappbecher von der Platte. "Du kannst gut kämpfen?" Zögerlich nickte ich. "Schon." Was zum Teufel? Wer waren die beiden und was wollten sie von mir? Woher kannten sie mich überhaupt und was sollte diese komische Fragerei? Er deutete auf die Tasche und verschränkte die Arme vor der Brust. "Öffnen", befahl er und sogleich kam ich seiner Aufforderung nach, zog den Reißverschluss etwas zögerlich auf und schloss aus Angst vor dem, was mich im Inneren erwartete, die Augen.

Gott, was machte ich hier überhaupt? Und seit wann ließ ich mich von einem verdammten Alpha so einschüchtern?

Gereizt knurrte ich leise, was dem fremden Alpha wohl missfiel, denn er ließ seiner Kehle ebenfalls ein warnendes Grummeln entfliehen. Idiot! Als ich die Augen rasch wieder öffnete und den Inhalt der Tasche sah, fiel ich glatt aus allen Wolken. "Was-" "Ist das genug?" Geschockt blickte ich von dem vielen Geld auf in das Gesicht des größeren Betas mit breiten Schultern. Sein Gesichtsausdruck war deutlich freundlicher und nicht ganz so distanziert, wie der seines Nebenmanns. Wenn ich mich nicht irrte, erkannte ich sogar den Hauch eines sanften Lächelns auf seinen vollen Lippen sowie winzige Andeutungen von Grübchen in seinen Wangen. In jeder anderen Situation würde ich den Anblick wahrscheinlich als sehr süß beschreiben. Doch diese Sitiution war alles andere angenehm. Vor mir standen zwei wildfremde Kerle, die mir einen Batzen Geld vor die Nase schmissen und nun wissen wollten, ob das genug war. Wofür überhaupt?

BOSS BABY // 𝑗𝑖𝑘𝑜𝑜𝑘Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt