Steve
Bis zum Nachmittag hin konnte ich mich kaum noch auf die Verhandlung konzentrieren. Buckys Erinnerung daran, wie er sich selbst sagte, er solle die Hoffnung nicht aufgeben, lag mir quer im Magen.
Denn er hatte mir vertraut und auf mich gewartet. Aber ich hatte ihn nicht gerettet. Ich hatte versucht mich selbst umzubringen, nachdem Bucky für tot erklärt wurde. Während er schlimmer gelitten hatte, als der Tod jemals sein konnte. Dies war meine Schuld, weil ich ihn aufgegeben hatte.Am Nachmittag aber begannen die ersten Zeugenvernehmungen. Heute sollten die Zeugen aussagen, die ihn schon vor seiner Gefangennahme kennengelernt hatten. Also ich und vielleicht ein bis zwei andere Personen. Je nachdem, wie viele davon noch lebten.
Bucky befand sich in der Zwischenzeit in der psychologischen Betreuung. Ich war froh darum, denn dann konnte er die Sache mit dem Eisbad gestern Abend aufarbeiten. Zudem musste er sich dann keine Vorwürfe machen, die Person verloren zu haben, die er früher mal war. Das war mir beinahe genauso wichtig.
Als die erste Zeugin aufgerufen wurde, horchte ich auf. Dolores Hank. Buckys Date an seinem letzten Abend, bevor er verschifft wurde! Als er noch vorgab auf Frauen zu stehen. Dots...
Eine betagte Dame mit kurzem, silbernen Haar nahm in dem Zeugenstand platz. Sie hatte ein sanftes Lächeln auf den Lippen und sah kurz zu mir. Ich bekam es nicht hin, den Blick von ihr abzuwenden. Es war schön jemanden aus meiner Zeit widerzusehen. Auch wenn ich eigentlich gleich schrumpelig sein sollte, wie sie es war.
Zu meiner Überraschung stand nicht Mister Frank sondern Mister Keen auf. Würde er die Zeugenbefragung durchführen?
„Miss Hank", begrüßte er die ältere Dame soeben auch und stellte sich vor den Zeugenstand. „Haben Sie das Gelob bereits abgelegt?" Dots bestätigte ruhig.
„Miss Hank, würden Sie uns dann bitte ein wenig von Mister Barnes erzählen? Wie er früher war?", bat Mister Keen sie dann.
„Er war ein wundervoller, junger Mann!", begann Dots auch schon zu schwärmen. „Immer zuvorkommend und absolut vertrauenswürdig. Wir Frauen hatten damals noch nicht wirklich viel Ansehen, weshalb wir vorsichtig sein mussten. Aber mit ihm fühlte ich mich sicher, weil ich wusste, dass er mich verteidigen würde, wenn mich ein anderer Mann bedrängte."
Ich lächelte, denn genau so hatte ich Bucky auch in Erinnerung. Fürsorglich und immer darauf bedacht die Menschen in seinem Umfeld sicher zu halten. So hatten wir uns erst kennengelernt.
„Er war also ein Mann, auf dessen Gemüt man sich verlassen konnte?", hakte Mister Keen nach.
„Absolut! James war der ehrlichste und respektvollste Mann in ganz Brooklyn! Es war eine große Ehre mit ihm ausgehen zu dürfen! Einmal waren wir an einem kleinen Jahrmarkt. Ich weiß nicht mehr wo es gewesen ist. Nur dass James ganze drei Dollar an einem Spielstand ausgegeben hat, um für mich dieses eine Plüschtier zu gewinnen, das mir so gefiel", bestätigte Dots überschwänglich.
Das Grinsen in meinem Gesicht bekam ich gar nicht mehr erst weg. Ich versuchte es auch nicht. Zu schön waren die Erinnerungen an Bucky von damals. An wahrlich meinen Bucky.
„Wie gut kannten Sie Mister Barnes zu diesem Zeitpunkt?", wollte Mister Keen wissen. Dots überlegte kurz.
„Wir gingen gemeinsam auf die Highschool. Unsere Dates war vielleicht ein oder zwei Jahre nach unserem Abschluss."
Das konnte ich so bestätigen. Bucky und ich hatten vielleicht nicht die gleichen Kurse, aber er hatte mir von ihr erzählt. Heute könnte ich über die Eifersuchtsanfälle lachen, welche mich heimsuchten, wenn er mir wieder einmal von einer Dame erzählt hatte. Ich hatte es damals gehasst, musste aber mitspielen. Jetzt wusste ich, dass auch er das damals nur gespielt hatte.
„Vielen Dank, Miss Hank", verabschiedete Mister Keen Dots. Diese verabschiedete sich ebenfalls und trat wieder aus dem Zeugenstand aus.Während Dots aus dem Saal verschwand, wurde Bucky wieder zurückgeführt. Als er die Frau erkannte, weiteten sich seine Augen und ich musste mit schmerzendem Herzen zusehen, wie er sich verkrampfte. Jedoch konnte ich nicht sagen, ob er nicht erwartet hatte, sie wiederzusehen oder weil er damals noch nicht zugeben konnte, für welches Geschlecht er sich wirklich interessierte. Es konnte auch beides sein.
Mit gesenktem Kopf kehrte Bucky an seinen Platz zurück. Mir war bewusst, dass er nicht wollte, dass die Menge sein Gesicht sah. Als er nahe genug war, wusste ich warum. Er hatte geweint. So sehr, dass seine Augen noch geschwollen und rotunterlaufen waren. Es tat weh , nichts gegen seinen Kummer unternehmen zu können.
„Mister Rogers, wenn ich Sie bitten darf im Zeugenstand Platz zu nehmen", wandte Mister Keen sich an mich. Seufzend erhob ich mich und schritt durch den Saal. Denn der Zeugenstand war mir gegenüber und der Saal war nicht sonderlich klein.
Als ich an Bucky vorbeiging wimmerte er: „Steve." Mein Herz zog sich zusammen und ich bekam schlecht Luft. Er klang so verletzt und hilflos, dass es schmerzte. Ich wollte umdrehen, mich neben ihn stellen und in meine Arme ziehen. Ich wollte ihn umarmen, bis er alle Sorgen vergaß und ihn noch länger halten.
Aber ich konnte das nicht. Wir waren im Gericht und es ging um Buckys Zukunft als freier Mensch. Dafür tat ich alles, auch wenn dies an meine Grenzen stieß. Immerhin könnte ich mir Bucky doch auch schnappen und uns verstecken, oder nicht?
Aber ich wollte sichergehen, dass er das Leben bekam, welches er verdiente. Voller Anerkennung und Respekt, vor ihm. Weil er gekämpft hatte, als für uns alle anderen der Krieg längst geendet hatte.Beim Zeugenstand angekommen, setzte ich mich auf den Stuhl und sah zu Mister Keen nach vorne. Dieser lächelte mir aufmunternd zu und ich atmete tief durch. Dies war kein Kreuzverhör. Sie würden nicht noch einmal versuchen Captain America gegen Bucky auszuspielen.
„Mister Rogers, wie lange kennen Sie Mister Barnes schon?", begann der Anwalt soeben auch mit der ersten Frage. Es war keine schwierige Frage.
„Seit meiner Kindheit. Wir trafen auf dem Pausenhof aufeinander, als ich sechs und er sieben war." Mister Keen nickte und verschränkte die Hände hinter dem Rücken.
„Was war Ihr erster Eindruck, von Mister Barnes?" Bei der Erinnerung lachte ich leise auf. Unser erstes Aufeinandertreffen waren wir in unseren klassischen Persönlichkeiten gewesen.
„Ein paar Jungs aus unserem Schulhaus haben mich gehänselt, wegen meiner schmächtigen Figur damals. Das wollte ich nicht auf mir sitzen lassen und habe eine Schlägerei angezettelt. Bucky ist dazwischen gegangen und hat mir aus dem Schlamassel geholfen."--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Kleiner Hinweis: In zwei Wochen findet meine erste Abschlussprüfung statt und ich werde eventuell nicht mehr regelmäßig zum Schreiben kommen. Es ist möglich, dass ihr ein oder zwei Tage länger auf ein neues Kapitel warten müsst, mehr sollte es aber nicht sein.
LG!
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Forever - Stucky FF
FanfictionBucky und Steve liebten sich. Das wussten sie, seit Bucky den Mut hatte, Steve seine Gefühle zu beichten. Steve, welcher darüber natürlich überglücklich war - immerhin teilte er Buckys Gefühle für den jeweils anderen - hatte aber Zweifel. Immerhin...