Trip durch die Hölle

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„Alles aufgewacht die Herrschaften! Zehn Minuten!" brüllt der Pilot gegen das Röhren der Motoren an und reißt die gesamte Truppe aus ihren stillschweigenden Tagträumen heraus. Es dauert ein paar Sekunden bis ich realisiere was überhaupt los ist. Mein Blick schweift über den Stahlboden und die hohen, braunen Stiefel meiner Kameraden. 20 Mann zusammengepfercht in einem einzigen zweimotorigen Flugzeug. Und nichts als wenige Millimeter Stahlblech zwischen uns und dem Getöse des Windes. Ich drehe den Kopf seitlich um aus dem in die Seitenwand eingelassenen Fenster zu schauen. Zwischen den gräulichen Wolken schweben einige weitere Maschinen Seite an Seite mit uns durch die Lüfte.
„Hebt eure Ärsche Jungs! Gleich geht's abwärts!" brüllt einer der Männer durch den Rumpf des Flugzeugs während er gegen das Taumeln der Maschine ankämpft. Die Abzeichen auf seiner Schulter und Brust kennzeichnen ihn eindeutig als meinen Vorgesetzten, komisch ist nur das ich ihn noch nie in meinem Leben gesehen habe. Die Gruppe erhebt sich von ihren Plätzen, man merkt förmlich die Spannung in der Luft.

Ich atme tief ein und aus und versuche mein Blut aus der Wallung zu bringen. Während ich meine Hände in die Verkleidung des Gewehrs kralle höre ich ein paar Plätze weiter die Gebete eines Kameraden.
„...Um das uns du Herr gnädig seist in dieser dunkelsten Stunde. Schenke uns dein Licht damit wir wieder sehen können..."

Ein ruckeln geht durch die Maschine. Das konstante brummen der Motoren kann nicht mehr das begleitende Klappern übertönen. Draußen gesellen sich Schwarze Wolken hinzu.
„Luftabwehr! Festhalten!"
Im gleichen Moment zerschmettert es die Heckscheibe und ein Schwall aus Scherben ergießt sich über die Piloten im Cockpit. Die Maschine gerät ins Trudeln doch der Copilot fängt sie gerade noch so vor dem abdriften. Die die schwarzen Wölkchen der Schrapnelle verteilen sich über den gesamten Himmel. In der Truppe steigt Panik auf während die Scherben zwischen unseren Füßen über den Boden rutschen. Der Blick meines Vorgesetzten schleudert zurück zum Cockpit.
„Wie weit ist es noch Yuri!"
Schweigen. Der Arm des Piloten hängt schlaff hinunter, sein Kopf leicht zur Seite geneigt. Als ich versuche einen besseren Blick auf ihn zu erhaschen blitzten ein paar Sonnenstrahlen durch die Reflexion einer Scherbe in meine Augen und zwingen mich zum blinzeln. Als meine Augen sich an das Licht gewöhnen sehe ich das die Scherbe die mich vorhin kurzzeitig erblinden ließ sich wie eine Speerspitze in die Kehle des Piloten gebohrt hat.

Das Raunen des Copiloten trennt meine Augen von dem Anblick des Toten und lässt mich durch die geborstene Scheibe zu der Wolkendecke vor uns blicken. Für einen kurzen Moment setzt mein Herz aus. Eine ganze Meute schwarzer Punkte kommt uns entgegen. Schnell. Sehr schnell.
Als mein Hirn realisiert was da auf uns zukommt brüllt mein Vorgesetzten bereits aus vollster Kehle: „Runter!!!"

Im nächsten Moment durchschlagen mehrere Kugeln das Heck des Flugzeugs, durchbohren den Copiloten in seinem Sitz und pfählen vier, fünf Mann vor mir zu Boden. Ich konnte nur von Glück reden das die Kugeln nur meinen Rucksack gestriffen haben. Das Flugzeug beginnt sofort in Schräglage zu taumeln, meine Kameraden schreien in Panik als wir gegen die Wand des Flugzeugs geschleudert werden. Wir sitzen fest in einem unkontrolliert fallenden Blechhaufen. Mein Vorgesetzter öffnet in letzter Sekunde die Tür des Flugzeuges welche mit sofortiger Wirkung durch die Luftströmung abgerissen wird. Das Kreischen von berstendem Metall und das Heulen der Motoren übertönen die Schreie der Soldaten. Ich versuche mich krampfhaft am Sitz festzuhalten während das Flugzeug sich langsam in eine Abwärtsrolle stürzt. Jemand packt mich am Rucksack und zieht mich mit ihm zusammen aus der Tür des Flugzeugs hinaus. Und ich falle. Schreie. Die Panik rennt durch meinen Kopf, nichts als das Gefühl des unkontrollierten Fallens erfüllt meinen Körper. Ich wirble durch die Luft wie ein Sack Mehl auf den Boden zu, der immer näher zu scheinen kommt. Ich bin verloren in der Panik, mein Kopf wird blank.
Alles woran ich denken kann ist die Reißleine....
Die Reißleine...
Reißleine....
...

Die Reißleine!
Innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde strömt alles in meinen Kopf zurück und ich realisiere das ich ja einen Fallschirm trage. Panisch versuche ich die flatternde Leine zu erwischen. Doch meine Finger zittern zu sehr. Der Boden kommt immer näher.
Ich habe die Wolkendecke schon hinter mir gelassen.
Nicht so! Nicht so!
Meine Finger greifen etwas und instinktiv ziehe ich, mit einem Ruck entfaltet sich der Fallschirm und bremst meinen Fall.

Mein Herz rast, ich schwitze in Strömen obwohl es eiskalt ist. Mein ganzer Körper zittert als ich den Bäumen unter mir entgegen gleite. Dann hat mein Bewusstsein ein Einsehen. Und blendet sich aus.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jul 07 ⏰

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