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"Komm zurück ins Bett, Mi reina", raunt Nate viel zu tief, als ich aus seinem Bett steige und nach meiner Kleidung suche.

Meine Handfläche pulsiert schmerzhaft wegen des Schnittes der Scherbe von gestern Abend, doch da Nathaniel meine Hand gestern Abend noch sorgfältig versorgt hat, kümmert mich der Schmerz eher weniger.

"Kann nicht. Ich muss deinen besten Freund und Ricardo umbringen. Könnte etwas dauern", murmel ich ziemlich angespannt, da ich die halbe nach kaum ein Auge zugetan habe.

Wenn es hinkommt, habe ich gerade mal zwei Stunden geschlafen und das auch nur, weil Nate mich förmlich dazu gezwungen hat und mich an sich gezogen hat.

Es war ziemlich schwer, nicht einzuschlafen, wenn er ständig mit seinen Fingerspitzen über meine Kopfhaut gefahren ist.

Ich höre, wie er sich hinter mir im Bett bewegt, suche aber trotzdem noch nach irgendetwas, das ich einfach überziehen kann.

"Es ist gerade mal sieben Uhr, Amara. Wenn das hier echt wäre, würden wir uns jetzt in den Flitterwochen befinden und ich würde jede freie Sekunde damit verbringen, dich zu ficken, bis du nicht mehr gerade stehen kannst."
Genervt drehe ich mich zu ihm um und werfe ihm einen finsteren Blick zu.

Wie kann er so früh am Morgen schon so ein Arsch sein?

Mal davon abgesehen, dass er so früh am Morgen schon an Sex denkt, kotzt es mich ziemlich an, dass er immer noch der Meinung ist, es wäre schlau, anzumerken, dass diese Ehe nicht echt ist.

Mit dieser finsteren Miene gehe ich zurück auf das Bett zu, klettere auf die Matratze und laufe auf den Knien zu ihm hinüber.

Er liegt auf dem Bauch, hat seine Arme unter seinem Kissen vergraben und sein Gesicht tief in sein Kissen gedrückt.

Auch seine Augen sind noch geschlossen, doch als ich ihm meinen Zeigefinger in die Rippen steche, zuckt er zusammen und sieht mich an.

Ohne wirklich etwas sagen zu müssen, dreht er sich auf den Rücken und legt seinen linken Arm unter seinen Hinterkopf, ehe seine Augen wieder zu fallen.

Ich hingegen ignoriere seine Müdigkeit und klettere auf ihn drauf, sodass ich auf seinem Schoß sitze und er ein verschmitztes grinsen aufsetzt.

"Wenn du nicht auch auf meiner Abschussliste stehen willst, rate ich dir, damit aufzuhören, Nathaniel", mahne ich und lehne mich nach vorne.

Manchmal kann auch ich mich wie ein normaler Mensch verhalten, also lege ich meine Arme überkreuzt auf seine Brust und platziere mein Kinn dann auf meinen Armen.

Und schon starre ich meinen Mann verträumt an.

"Ich dachte, du magst mein lächeln, Kleine", grinst er und behält dabei die Augen geschlossen, lässt seine rechte Hand jedoch zu meinem Hintern wandern, ehe sie dort verweilt.

"Ich mag dein Lächeln tatsächlich. Aber nur, wenn es echt ist. Und dieses verschmitzte grinsen sorgt nur dafür, dass ich dich verletzen will", scherze ich und bohre meine Fingernägel etwas in seine Haut, um meinen Punkt deutlicher zu unterstreichen.

"Das war aber nicht das, was ich eigentlich gemeint habe", gebe ich schließlich zu, sodass er nun doch seine Augen öffnet und mich müde betrachtet.

"Worauf willst du hinaus, Kleine?"
Inzwischen liebe ich es, wie er mehrere Spitznamen für mich hat.

"Hör auf zu sagen, dass diese Ehe fake ist, Nate. Wir besitzen ein offizielles Dokument, welches unsere Ehe bestätigt. In meinen Augen macht es diese Ehe sogar verdammt echt."
Nate hebt seine rechte Hand von meinem Hintern und beginnt damit, mein zerzaustes Haar von der restlosen Nacht über meine Schulter zu streichen.

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"Sag doch einfach, dass du mich liebst", grinst er wieder verschmitzt zu mir auf und weiß leider nicht, was das für ein mulmiges Gefühl in meinen Magen verfrachtet.

Immerhin habe ich es ihm bereits gesagt.

Nur auf Italienisch.

Um ihm wirklich zu sagen, dass ich mich in ihn verliebt habe, brauche ich noch etwas mehr Zeit und etwas mehr Kraft.

"Tu mir einen Gefallen und sei nicht zu hart zu Léon, in Ordnung?", fragt er mich schließlich sanft und betrachtet mich so voller Zuneigung, dass ich ihn einfach mit küssen überschütten möchte.

Ich weiß nicht, wann ich mich das letzte Mal so gut gefühlt habe, wirklich nicht.

"Er hat meine Freundin angerührt, Nate. Er hat sie gewürgt", argumentiere ich und bekomme sofort ein etwas ernsteres nicken, als würde er wirklich ernst über die Situation nachdenken.

"Briana hat jedoch gesagt, dass er für einen Moment die Kontrolle verloren hat."

"Und du glaubst, dass es stimmt?"
Er schüttelt den Kopf.

"Ich weiß, dass es stimmt. Das ist eine von Léons größten Schwächen, Kleine. Manchmal ist er einfach so in seinen Gedanken vertieft, dass er nicht weiß, wie er handelt. Ich habe es schon oft genug miterlebt", erklärt er mir, was mir tatsächlich für einen Moment leid tut.

Doch dann bin ich an der Reihe mit Kopfschütteln.

"Das macht es nicht besser. Léon hat sie trotzdem gewürgt. Emerson ist nicht, wie wir es sind. Sie stammt nicht aus einer Familie der Mafia oder einer Familie, die Beziehungen zur Mafia hat. Emerson ist ein junges und unschuldiges Mädchen mit reiner Seele und reinem Herzen. Er hat sie noch schlimmer erschreckt, als du damals, wo du wie ein verrückter in den Club gestürmt und sie aus dem Raum geworfen hast. Weißt du noch?"
Wieder streicht er mir ein paar Haare aus dem Weg, welche wieder über meine Schulter gefallen sind, als ich den Kopf geschüttelt habe.

"Ich sage dir nicht, dass du ihm keinen Einlauf verpassen darfst. In meinen Augen kann er besser damit umgehen, wenn man ihn richtig zur Sau macht, aber manchmal sollte man auch etwas sanfter sein, weißt du? Léon hat mit seinen eigenen Dämonen zu kämpfen."
Sofort fällt mir wieder der Moment ein, in welchem Léon mir erzählt hat, dass er Frauen verabscheut.

Ob dieser Hass mit seinen Dämonen zu tun hat?

Vielleicht auch mit dem Verlust seiner Kontrolle?

"Weißt du irgendetwas darüber?", frage ich vorsichtig und beginne ziemlich nachdenklich mit meinem Zeigefinger sanfte Linien über seine Brust und sein Schlüsselbein zu fahren.

Ein Kopfschütteln.

"Domenico wusste einige Dinge. Ich hingegen warte nur darauf, dass Léon sich mir anvertraut. In der Zwischenzeit gehe ich sicher, dass ich ihm kein Mitleid gebe, um ihn nicht zu verschrecken. Dieser Bastard hat eine Allergie gegen Emotionen."
Sofort lache ich auf, was ihm ein warmes Lächeln entlockt.

"Mir gefällt das hier verdammt gut, Kleine", murmelt er plötzlich und stimmt mich damit stumm.

Ich hebe fragend eine Braue, um ihn nicht mit Worten Fragen zu müssen, was er meint und sehe ihm dabei in die Augen.

Irgendwie habe ich das Gefühl, dass meine Stimme einfach nachgeben wird, wenn Nathaniel irgendetwas Gefühlvolles sagt.

"Mir gefällt es, dass wir im selben Bett schlafen. Dass wir Sex haben, ich dich küssen und berühren kann, wann immer ich möchte. Und mir gefällt am meisten, dass du dich mir Stück für Stück öffnest", lächelt er und fährt mit dem Daumen seiner rechten Hand sanft über meine Wange.

Ich hingegen starre ihn einfach nur an und wünsche mir zum ersten Mal, er könnte Italienisch sprechen.

Wieso hat er es gestern nicht einfach verstanden?

Und wieso war ich gestern nicht bereit dazu, ihm das ganze zu übersetzen?

"Bisher haben wir nur einmal miteinander geschlafen, Nate", merke ich an, als ich mich von ihm erhebe, ihm einen flüchtigen und reflexartigen Kuss auf die Lippen hauche und dann wieder aus dem Bett steige.

"Das ändert sich hoffentlich bald. Ich habe Jahre an angestautem Frust in mir, Mi reina."
Sofort lache ich auf, greife eines seiner Hemden und meine Jogginghose, die ich gestern angezogen hatte, nachdem ich mir das Kleid ausgezogen hatte.

"Bald werden wir hoffentlich etwas mehr Ruhe finden. Vielleicht dann", schlage ich vor, während ich zuerst in die Jogginghose schlüpfe und mir dann sein Hemd überziehe.

"Steh auf, Nate. Du musst alle Zeit bereit sein, um rechtzeitig zu erscheinen, damit du dich von Léon verabschieden kannst, falls etwas schiefgeht", sage ich und laufe rückwärts zur Tür, um ihn dabei ansehen zu können.

Er grinst, setzt sich halbwegs auf und lehnt sich dann auf seine Ellenbogen, sodass die Decke an seinem Bauch hinab rutscht und seinen perfekt muskulösen Oberkörper entblößt.

Inzwischen muss ich nicht mehr verheimlichen, dass ich starre, also genieße ich den Anblick.

"Nicht, um dich davon abzuhalten, ihn umzubringen?", fragt er, was mir ein sarkastisches Lachen entlockt.

"Wenn du versuchst, mich vom morden abzuhalten, während ich von Wut erfüllt bin, kommst du wahrscheinlich nicht heil davon, Darling", lächle ich und öffne die Tür.

Während ich das Schlafzimmer verlasse, höre ich noch, wie Nathaniel amüsiert zu lachen beginnt, entscheide mich aber dazu, nicht noch einmal zu ihm zurück zu sehen.

Wenn ich das nämlich tun würde, würde ich wahrscheinlich in Versuchung geraten, wieder zurück zu ihm ins Bett zu kriechen.

Also entscheide ich mich dazu, stattdessen auf dem ersten Weg zu Avion und Rico zu stoßen.

Zum einen brennt in mir die Wut und der Schmerz von Ricos Verrat und doch möchte ich wissen, ob die beiden sich wieder vertragen haben.

Dementsprechend stehe ich vor dem Gästezimmer, welches Briana für Avion ausgewählt hat und trete einfach hinein, ohne wirklich genau darüber nachzudenken.

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