Cosmic Love
Florence + The MachineCharlie
Meine Hände waren klatschnass. Ich hatte das Gefühl, als würde ich mich gleich übergeben müssen. So stellte ich mir die Nervosität direkt vor einem Bungee Jump vor. Wenn man den Abgrund schon sah und sich fragte, wieso man jemals dachte, dass das eine gute Idee wäre. Und es war ja nicht so als wäre dieses Adrenalin etwas ungewöhnliches für mich: Ich hatte Jahre in einem anderen Land gelebt, hatte mit wichtigen Persönlichkeiten zu Abend gegessen, hatte Reden vor Menschenmassen gehalten - doch nie zu vor hatte meine Brust unter einem solchen Poltern gelitten. Nicht mal an dem Tag, als ich meine eigene Agentur eröffnet hatte.
Und das alles wegen einer schlichten, weißen Karte. Ich sah hinab zu meinen Händen, mit denen ich immer noch das Papier umklammerte.
Seufzend fuhr ich mir über den Nacken. Himmel, wenn es mir jetzt schon so ging, wie wäre es wenn ich wirklich ... Räuspernd fuhr ich mir über den Kragen. Ich hätte sie einfach wegschmeißen sollen. Ich meine, es war so lange her.
An dem Tag in dem sie mit der Post kam, hatte ich sie bestimmt für eine ganze Stunde angestarrt. Niemals hätte ich es über mich gebracht sie wirklich wegzuschmeißen. Aber die Einladung wirklich anzunehmen? Das wäre ein wenig undurchdacht. Es waren Jahre vergangen. Jahre.
Mein Plan war es, die Karte in eine Schublade zu stopfen und wieder zu meinem Alltag zurückzukehren. Das Vergangene dort zu lassen, wo es hin gehörte.
Doch über die Tag hinweg, war mein Blick immer wieder zu dieser Schublade geschnellt und bevor ich wusste was passierte, saß ich in meinem Wagen. Bevor ich wusste was ich tat, hatte ich einen beschissenen Termin beim Friseur ausgemacht, hatte meinen besten Anzug in die Reinigung gebracht. Bevor ich es wusste, war ich wieder wie ein Teenager, der sich für den Abschlussball herausputzte.
Ich hatte eigentlich gehofft, dass ich in den letzten Jahren erwachsener geworden war. Ich hielt mich gerne für einen erfolgreichen Mann von Welt, aber es schien es bräuchte eine einzige Einladung um mich wieder zu einem recht peinlichen Collegestudenten zu machen.
»Wir sind da.« brummte der Taxifahrer, als der Wagen mit quietschenden Reifen vor dem Gebäude zum stehen kam. Ich spähte aus dem Fenster. Ich kannte das Gebäude. Ich war oft daran vorbei gegangen. Das war jedoch noch bevor es gekauft und zu einem der nun renommiertesten Hotels in New York wurde. Ich erinnerte mich an jede Straße and jeden Ort in dieser Stadt. Vielleicht war das auch der Grund, warum ich damals gehen musste.
Auch wenn die Straßen immer noch die selben waren - schmutzig und lebendig - erkannte ich das Gebäude vor mir fast nicht wieder. Die großen Steinstufen wurden renoviert und waren zum ersten mal voll besucht. Unzählige Menschen in Abendgarderobe strömten ins warme und helle. Wenn sich ein Gebäude so verändern konnte, stellte sich die Frage wie sehr sich andere Dinge der Zeit angepasst hatten. »Was ist den nun?« raunte der Fahrer ungeduldig und sah mit der Zunge schnalzend zu mir hinter. »Ja ja,« schnaubte ich und drückte ihm das Geld in die Hand.
Kann man nicht mal in Ruhe eine Krise schieben?
Der Herbstwind wehte um meine Nase als ich auf den Bürgersteig trat und mich wappnete. Für eine Weile spürte ich die alten Zweifel, wie immer wenn ich eine Gala mit wichtigen Menschen betrat. Aber ich war nicht mehr nur Charlie.
Ich war Mister Meadows. Ich war nicht nur ein preisträchtiger Architekt sondern auch Geschäftsführer meiner eigenen Firma.
Und auch wenn mein Unternehmen ein kleiner Fisch im Meer dieser Haie war, hatte ich schon lange keine Angst mehr einen Fuß in ihre Welt zu setzten.
•••
Ich kannte niemanden von den Leuten hier. Aber das war auch der Grund warum man zu solchen Veranstaltungen ging, nicht wahr? Um Kontakte zu knüpfen, neue Kunden zu werben. Das war wahrscheinlich auch der Grund warum man ausgerechnet meine Agentur eingeladen hat. Das musste der Grund sein.
Mein Hals war staubtrocken, als ich den lebhaften Saal betrat. Ein glänzender Anblick von teuren Kleidern und dezent aber majestätischen Dekorationen. Beim ersten Schritt in den Raum hatte man bereits das Gefühl von dem Glanz des Ambiente erschlagen zu werden. Und dennoch blieb mein Blick nicht an den teuren Kunstwerken, oder der hohen Decke hängen. Nein, ich sah immer wieder durch die Menge. Als würde ich etwas suchen. Oder jemanden- Ich schnappte mir ein Glass Champanger von einem der Tische und kippte mir den Inhalt hinter.
Was zur Hölle, dachte ich den da?
Das hier war ein Business Ausflug. Mit schnellen Schritten eilte ich zum anderen Ende des Saals, dort wo es hinaus auf eine Dachterrasse zu gehen schien. Denn ich brauchte dringend ein wenig frisch Luft um meinen Kopf wieder auf das wesentliche zu lenken. Vielleicht war er gar nicht hier. Ich drückte mich an Menschen vorbei. Aber es war eine Veranstaltung von Moreau. Wieso zum Teufel, sollte er nicht hier sein? Entschuldigend murmelten drückte ich mich an plaudernden Menschen vor bei, wurde schneller. Das hier war doch-!
Die Luft wurde mir aus den Lungen gedrückt, als ich unausweichlich gegen eine Schulter krachte.
Ich unterdrückte mir eine Reihe von Flüchen und rieb mir über die nun schmerzende Stelle. Fuck, tat das weh. Mit einer Entschuldigung auf den Lippen, blickte ich zu der armen Person auf, die Opfer von meinen kindischen Verhalten geworden war, »Es tut mir schrecklich leid, ich habe Sie nicht geseh-«
Und innerhalb einer Millisekunde wurden all meine Ängste und sehnlichsten Wünsche wahr.
•••
Ich hatte mir diesen Moment oft ausgemalt. Hatte mir zurecht gelegt was ich sagen würde - der Ausgang dieses imaginären Gesprächs oft abhängig von meiner Laune an dem Tag - und dennoch hätte mich nichts auf die Sprachlosigkeit vorbereiten können, die mir nun wie ein Kübel Eiswasser durch die Adern jagte. Gwaine Moreau. Direkt vor mir. Im selben Raum. Er hatte sich während meiner Entschuldigung halb zu mir umgedreht, ein Glas in seiner Hand, doch als unsere Blicke sich trafen, schien auch er zu erstarren.
Die Jahre hatten ihm gut getan, war das erste was ich dachte, als ich die Zeit in seine Zügen erkannte. Er hatte das letzte Jugendhafte verloren, aber ihm hatte die Ernsthaftigkeit des Lebens schon immer besser gestanden. Aber er sah noch immer so penibel gepflegt aus, wie ich ihn kannte. Er hatte sein blondes Haar kürzer geschnitten, hatte nun einen leichten Bart. Wohl oder übel huschte mein Blick zu seinen Lippen als diese sich fast schon zögerlich öffneten, »Charlie.«
Er sah mich an, als wäre ich ein Geist. Als würde ich gar nicht hier sein können.
Und die letzte Illusion, dass die Einladung von ihm stammen könnte, dass er es war der mich hier haben wollte und nicht Moreau, zerplatzte wie eine spöttische kleine Seifenblase. Der Schock in seinen Augen war die letzte Bestätigung. Natürlich war es nicht er. Ich hatte mich ermahnt, es nicht anzunehmen. Und jetzt hatte ich die Klarheit. Wieso sollte er auch? Mit einem schweren Kloß im Hals lächelte ich höflich:
»Hallo, Gwaine.«

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Not your Rival
Romance[Teil 3 der Not-Your-Reihe] Manche würden Gwaine Moreau als arrogant bezeichnen, eitel, vielleicht sogar als einen völlig abgehobenen Arsch. Doch in einem war sich jeder einig: Gwaine war der Beste. In allem was er tat. Und war er es nicht, würde er...