Schnell schob ich mich durch die verschwitzte Menge. Überall sah ich alle möglichen Menschen, farbige Lichter, die in meinen Augen zuckten und laute Musik, die in meinen Ohren dröhnt. Jedes Jahr an Silvester veranstaltete diese verdammte Stadt diese verdammte Party und jedes Mal waren die Straßen komplett überfüllt. Sie erstreckte sich über mehrere Hauptstraßen, geht weiter über manche Nebenstraßen und endete in einigen Mehrfamilienhäusern. Es war das Highlight, über das schon Monate zuvor gesprochen wurde.
Gerade schob ich einen großen Arm beiseite, als ich von weitem Bella sah. Erleichternd seufzte ich auf und und lief schneller. "Oh Sorry", hörte ich eine tiefe Stimme sagen, bevor ich die kalte Flüssigkeit an meinen Brüsten spürte. Ein junger Mann griff mir an die Schulter und lallte: "Sorry, Süße. Keine Absicht." Und torkelte weiter. Ich lachte ungläubig auf und war wie gelähmt. Seufzend schaute ich an mir herab und musste zusehen wie mein weißes Shirt komplett vom Bier durchtränkt ist und durchsichtig wurde. Man hatte so einen einzigartigen Blick auf meinen Spitzen BH. Schnell legte ich meine Jacke über meine Brust und merkte wie meine Nase anfing zu kribbeln, wie immer wenn ich kurz davor bin zu weinen. Momentan ist einfach viel zu viel passiert. Einfach viel zu viel, als dass ich es ertragen konnte. All diese Dinge haben mir einen Dämpfer verpasst und dazu geführt, dass ich mich nur noch in meiner Wohnung verschanzt habe. Eigentlich habe ich mich nur für Bella nach draußen geschleppt. Da war das alkoholische Getränk eines Fremden über meine Brüste irgendwie zu viel. Ich bin so ein elendes Stück Scheiße.
"Hier bitteschön." Ich drehte mich zu der fremden Stimme um. Ein junger Mann mit braunen Haaren und breiten Schultern stand mir gegenüber. Ich nahm mir eine kurze Zeit um ihn zu scannen. Sein grünes T-Shirt spannte sich über seine Muskeln und seine schwarze Jacke darüber wirkte etwas zu klein. Aber es war etwas anderes das sich in meinen Bann zog. Etwas was Verwirrung und Fragezeichen widerspiegeln. Seine glitzernden, braunen Augen. Darin konnte man versinken. Innerlich schüttelte ich mich, um dieses warme Gefühl loszuwerden, welches sich durch meinen Körper schleichen wollte. Sowas konnte ich mir einfach nicht leisten. Stattdessen konzentrierte ich mich auf sein Angebot in seiner Hand. Eine Packung Taschentücher. Ich lächelte und nahm mir eins. "Dankeschön." Er winkte ab. "Kein Problem." Der Mann zuckte mit den Schultern, wand sich aber nicht ab, als ich anfing mit dem Taschentuch über meine Brust zu rubbeln. Als ich seinen Blick bemerkte, schaute ich auf und wollte schon schimpfen, als mir auffiel, dass er gar nicht auf meine Brüste starrte. Nein. Sein Blick lag einfach auf meinen Augen. Ein Lächeln umspielte seine Lippen und kleine Grübchen bildeten sich an seinem Mundwinkel. Ein Lächeln, welches sich direkt in mein Hirn brannte. "Hey Bro." Ein weiterer Mann gesellte sich zu uns. Dieser war kleiner und hatte kurze schwarze Haare. Er legte seinen Arm um meinen Helfer und stützte sich auf diesem ab, sichtbar betrunken. Sein Blick blieb an mir hängen und wanderten blitzschnell zu meinen Brüsten. Er grinste und öffnete gerades seinen Mund, um etwas zu sagen, da wand er sich schnell ab und kotzte in einen Mülleimer. Ich starrte ihn an. "Naja", reagierte ich daraufhin schulterzuckend. "So eine Reaktion habe ich wohl verdient." Der Mann mit dem grünen Shirt, der seinem Kumpel ebenfalls ein Taschentuch und eine Wasserflasche anbot, stockte mitten in der Bewegung und drehte sich zu mir. Sein Blick zeigte Verwirrung. "Das finde ich ganz und gar nicht." Sein Blick spiegelte reine Aufrichtigkeit wieder. Eine kleine Regung. Ein winziges Kribbeln fing an sich in meinem Inneren zu bilden. Ein ganz kleines Fünkchen, welches ich krampfhaft versuche zu dämpfen.
"Ich-ähh", stotterte ich verlegen. "Ich muss mal weiter. Mich umziehen." Dabei deutete ich auf meine Klamotten und drehte mich von ihm weg. "Warte!" Der junge Mann hielt mich an meinem Handgelenk sanft fest. Und auch da. Wieder dieses Kribbeln. Diese leichte Wärme. Was ist nur los mit mir? Meine letzten Erfahrungen mit Männern haben mir doch gezeigt, was ich zu erwarten habe. Sie haben mir gezeigt, dass es mir nur noch das Herz bricht, wenn ich auf dieses angenehme Kribbeln höre. Ganz davon abgesehen, dass dieser Mann ein komplett Fremder ist. "Ich weiß das klingt dumm und übereifrig. Und ich hoffe ich komme nicht wie ein Verrückter rüber. Aber...bekomme ich deine Nummer?"
Ich starrte ihn an und musste kurz schlucken. Mein früheres Ich hätte nicht eine Sekunde gezögert diesen gut aussehenden Mann sofort meine Nummer zu geben und ihm vielleicht sogar einen Abschiedskuss auf die Wange zu geben. Aber diese Version von mir existiert nicht mehr. Jonny hat letztes Jahr dafür gesorgt. Auf der anderen Seite habe ich mich schon zu lange in meiner Wohnung verschanzt und mein Leben bemitleidet. Mir kam eine Idee. Eine verrückte, hirnrissige Idee. Ich schaute den Mann vor mir an und lächelte. "Hast du Lust auf was Verrücktes?" Er erwiderte mein Lächeln. "Auf was denn genau?" Langsam gehe ich näher zu ihm und erklärte: "Lass uns das Schicksal entscheiden. Wenn wir uns auf dieser Party, diesen Abend noch vor Mitternacht, ganze zusätzliche Drei Male zufällig begegnen, dann zeigt uns das Schicksal, dass es sein soll." Dieser Vorschlag war so verrückt, so dumm und unsinnig. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir uns überhaupt nochmal wiedersehen, war so gering, dass man es kaum beschreiben kann. Unmöglich, dass sich ein Mensch auf sowas einlässt. Er sagt bestimmt Nein und hält mich für verrückt.
Ich beobachtete seine Reaktion ganz genau. Jede Regung und jede Änderung seiner Mimik. Er beäugte die Menge, wägte wahrscheinlich ab ob es sich lohnt auf mich Verrückte zu hören. Ein Lächeln umspielte seine Lippen und dann nickte er. "Einverstanden!" Ich lachte ungläubig auf. Na gut. Was sollte es schaden? "Dann vielleicht bis dann." Ich drehte mich erneut um, um endlich zu Bella zu kommen. "Hey! Warte. Wie heißt du denn eigentlich?" Ohne stehen zu bleiben, drehte ich mich um. "Kylie!" Er lächelte. "Ich bin Henry." Ich drehte mich grinsend um. Unglaublich worauf ich mich da wieder eingelassen habe.

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Silvester
RomanceEine junge Frau, zerrissen und verletzt wegen ihrer Vergangenheit, hat sich geschworen nie wieder einen Mann an sich heranzulassen. Doch dann trifft sie auf einer Silvesterparty einen jungen Mann, der sich langsam über den Abend in ihr Herz schlich...