From Love to Hate? (FHtL Pt2) zur Zeit unterbrochen

Part 9

Justins Pov

Ich fühle mich wieder wie vierzehn, als nach und nach die Gäste eintreffen und ich Ausschau nach einer ganz bestimmten Person halte. Seltsamerweise muss ich an meine Geburtstagsfeier damals denken, als ich Emily zum ersten Mal geküsst habe. Schnell verbanne ich den Gedanken und lasse meine Blicke durchs Wohnzimmer schweifen, in dem ich mich gerade befinde. Etwa zwanzig Jungen und Mädchen zwischen 16 und 25 Jahren sind mittlerweile anwesend, doch von Emily ist keine Spur. Dass aber auch Clara noch nicht da ist, gibt mir ein wenig Hoffnung. Vielleicht haben sie ja einfach Verspätung. Oder Clara hasst mich jetzt genauso wie Emily, weil ich diesen ja doch irgendwie miesen Schachzug gegen meine Exfreundin gespielt habe.

Aber was bringt es, über die beiden nachzudenken, ich brauche dringend etwas zu trinken. Aus dem Augenwinkel sehe ich Ian in der Küche. Vielleicht weiß er ja mehr. Da es noch nicht sonderlich voll ist, erweist sich der Weg in die Küche als relativ einfach und ich geselle mich zu Ian.

„Sag mal weißt du, ob deine Schwester und Clara überhaupt geplant haben zu kommen?", frage ich und er nickt nur, sagt aber erst nichts, da er gerade einen Schluck von seinem Drink am nehmen ist. „Die kommen auf jeden Fall. Haben den ganzen Tag zusammen gehockt und darüber geredet. Keine Ahnung, warum die so ein Theater um deine Party machen. Ist doch nett, dass du eine für Emily schmeißt.", sagt er und ich verdrehe wegen seiner Naivität fast die Augen, schaffe es aber noch rechtzeitig, mich davon abzuhalten.

„Hast du eigentlich vor, wieder was mit Emily anzufangen?", fragt Ian plötzlich und mir wird klar, dass er trotz der frühen Stunde schon einiges intus haben muss, da er solche Fragen eigentlich niemals stellen würde.

„Ne Junge. Die hat jetzt ihren reichen Schnösel aus Toronto. Ich finde was Besseres für mich. Keine Ahnung. Vielleicht war das mit ner festen Freundin doch nichts für mich. Lockere Bekanntschaften find ich dann doch angenehmer." Er lächelt und nickt.

„Genieß deine Freiheit. Für mich ist der Zug abgefahren.", murmelt er und verweist damit auf Clara.

„Sei leise Junge. Du hast ein tolles Mädchen zur Freundin.", weise ich ihn zurecht, weil ich plötzlich den Drang verspüre, Clara zu verteidigen. Was ist nur falsch mit dieser Welt?

Emilys Pov

Wir haben uns absichtlich dazu entschieden, mindestens eine Stunde zu spät zu kommen, damit Justin nervös wird und denkt, wir würden kneifen. Aber jetzt um halb zehn stehen wir top gestyled vor der Haustür, die offen steht. Ich trage einen weißen hoch sitzenden Rock und ein hellrosa Croptop und fühle mich bereit dazu, in den Kampf gegen Justin zu ziehen. Ich habe schließlich jahrelange Erfahrung mit seiner Mistkerlseite. Als wir das Haus betreten richten sich sämtliche Blicke auf uns und genau das ist es, was wir mit unserem späten Eintreffen erreichen wollten. Sofort bildet sich eine Traube an Jungs und Mädchen um uns, mit denen wir zusammen zur Schule gegangen sind und stellen mir Fragen zu Toronto. Mir ist klar, dass allen eine ganz bestimmte Frage auf der Zunge brennt. Stratford ist ein Dorf. Ich glaube nicht, dass es hier jemanden gibt, der nicht mitbekommen hat, wie dreckig Justins und meine Trennung abgelaufen ist. Doch trauen tut sich niemand, diese Frage zu stellen. Sie alle warten nur wie gierige Hunde darauf, dass ich etwas sage, oder die Situation sonst irgendwie eskaliert. Ich weiß, dass Justin genau das mit dieser Party beabsichtigt hat. Aber ich bleibe ruhig und behalte mein scheinheiliges Lächeln auf den Lippen. Wer weiß, was er sich sonst noch alles für heute Abend ausgedacht hat. Ich muss meine Kräfte schonen.

Justins Pov

Ich muss zugeben, dass ich ernsthaft erleichtert bin, als Emily und Clara doch noch eintreffen. Wie von mir geplant stürzen sich natürlich sofort alle auf Emily. In einem Dorf wie Stratford gibt es nicht viel Gossip. Das Mädchen, das zum Studieren in die große Stadt geht, ist da schon eine kleine Sensation, da die meisten einfach hier bleiben und wie Ian, Clara und ich aufs Community College gehen.

„Siehste. Hab doch gesagt die kommen. Willst du sie nicht begrüßen?", nuschelt Ian hinter mir und ich sehe schon, dass er in weniger als einer Stunde sicherlich entweder kotzend über dem Klo hängen oder schnarchend in meinem Bett liegen wird.

„Alles zu seiner Zeit, Bruder.", sage ich und bahne mir einen Weg durch die Menge zu meiner Anlage, an der ein Karaoke Mikro hängt. Ich schalte es an und puste kurz hinein um zu testen, ob es auch funktioniert. Man hört meinen Atem im gesamten Raum und wie auf Knopfdruck verstummen alle.

„Hallo an alle! Ich möchte gar nicht viel sagen. Das hier ist Emilys Party. Wie wäre es, wenn sie zum Mikro kommt und uns allen ein bisschen darüber erzählt, wie es ist, wieder in Stratford zu sein. Aber kleine Warnung. Stellt ihr keine Fragen zu ihrem Freund. Da reagiert sie gereizt drauf." Ich schenke Emily ein strahlendes Lächeln und befürchte schon, dass sie jetzt abhauen wird, aber sie reagiert ganz cool, erwidert mein Lächeln und bahnt sich ihren Weg zu mir und dem Mikro. Den Verweis auf Leo hätte ich niemals gegeben, wäre Ian nüchtern gewesen. Ich muss schließlich Haltung vor ihm waren. Aber so, wie er jetzt drauf ist, wird er sich morgen eh nur noch an die Hälfte des Abends erinnern.

Emilys Pov

Wenn er denkt, dass er mich mit seinem Gelaber und Mistkerllächeln einschüchtern kann, hat er sich geschnitten. Sag ich eben ein paar Worte in dieses scheiß Mikro. Der verhält sich aber auch, als wären wir zehn. Als ich das Mikrofon von ihm entgegennehme, blicke ich ihm tief in die Augen und ich weiß, dass es ihn einiges an Überwindung kostet, die seinen nicht aus Scham von mir abzuwenden. Dann setze ich mein liebstes Lächeln auf und drehe mich um.

„Es gibt nicht viel zu sagen. Ich bin froh, wieder zu Hause zu sein und all meine Freunde wieder zu sehen. Und ich danke Justin natürlich dafür, dass er diese Party für mich schmeißt. Und jetzt feiert!", rufe ich und lasse das Mikro an Ort und Stelle auf den Boden fallen, bevor ich mich wieder zurück zu Clara durchwurschtle. 

Ich würde sagen, es steht 1:0 für mich.