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Mitte 2019

"Ich hol dich ab heute Abend, ja?", ich telefonierte mit Noah. Mal eine der Sachen, die ich sonst nie tat.
Er war in der Uni, ich am arbeiten. Er hatte gerade keine Kurse und ich hatte Mittagspause.
"Gerne. Was machen wir?", ich versuchte eine Tasse Kaffee und mein Brötchen und das Handy unbeschadet zu meinem Arbeitsplatz zurück zu transportieren, was sich als schwieriger erwies, als es sich anhörte. Denn Kaffee und Brötchen in einer Hand ging schlecht und das Handy klemmte zwischen meiner Schulter und meinem Ohr, was bestimmt komisch aussah. Ich konnte froh sein, dass alle meine Kollegen immer außerhalb essen waren und ich somit alleine in meiner Abteilung war.

Als ich wieder am Schreibtisch saß, sagte mir Noah was wir machen würden.
"Wie wäre es, wenn wir ins Kino gehen?", fragte er und seine Stimme war von diesem vorsichtigen Ton belegt, denn anscheinend war er auf einmal unsicher, was seine Vorschläge so mit mir machten. Dabei war nichts komisches oder außergeöhnliches mehr vorgefallen. Falls man den Abend, nach dem Maskenball nicht mit zählte...

"Kann man das Unterhalten weglassen und direkt zu dem Part kommen, wo wir uns die Kleider vom Leib reißen und über uns herfallen?", wollte ich denken. Allerdings sprach ich meine Gedanken laut aus.

Zugegebenermaßen war das ein recht unkluger Schachzug gewesen, aber ich hatte mich irgendwie aus der Situation retten können. Glaubte ich zumindest. Aber seit dem Tag oder viel mehr seit der Nacht, hatten wir uns vergleichsweise wenig gesehen. Er müsse ja so viel für die Uni tun und so viele wichtige Klausuren und lernen und bla. Alles Sachen wo man nicht stören wollte. Also ließ ich ihn in Ruhe lernen oder was auch immer er tat. Allerdings litt meine Konzentration und Auffassungsgabe so wie mein Schlafrythmus sehr unter dieser Zurückweisung. Vergleichsweise waren wir uns relativ schnell nah gekommen und hatten viel zusammen gemacht. Da war der plötzliche "Kontaktabbruch" seinerseits schon ein bisschen hart.
Aber dennoch freute es mich, dass er sich meldete und mich sehen wollte.
"Welche Filme laufen denn?", fragte ich und biss in mein Brötchen.
"Ich müsste mal nach sehen, aber wenn ja nichts läuft, könnten wir ja zusammen kochen?", fragte er und ich nickte. Dann fiel mir ein dass er das nicht sehen konnte und beeilte mich schneller zu kauen und runterzuschlucken. "Sorry, hab gerade in mein Brötchen gebissen und total vergessen, dir zu Antworten.", entschuldigte ich mich und sagte ihm zu.
Dann verabschiedeten wir uns voneinander und legten auf. Ich aß mein Brötchen fertig und arbeitete dann weiter.
Die anderen Kollegen kamen nach und nach wieder und sahen mich komisch an, da ich eigentlich noch hätte in der Mittagspause sein können. Aber ich wollte die 5 Stunden so schnell wie möglich umbekommen, bis Noah kam. Irgendwann gab es nichts mehr zu tun und ich musste wohl oder übel Schluss machen. Meine Chefin lobte mich noch, aber sah dennoch argwöhnisch von mir zum Computer und wieder zurück. "Machen Sie Schluss für heute. Und genießen Sie ihren wohlverdienten Feierabend.", seufzte sie mehr als sie es sagte und ich verabschiedete mich mit einem einvernehmlichen Winken von meinen Kollegen und dankte meiner Chefin.

Da wir uns auf 6 Uhr geeinigt hatten, musste ich eine halbe Stunde auf ihn warten. Ich beschloss ihm einfach schon entgegen zu laufen und lief los.
Als dann ein Wagen neben mir auf der Straße auf Schritttempo abbremste und Noah mich ziemlich angesäuert aus dem Fenster ansah, sah ich ihn verwirrt an. "Was machst du hier?", fragte er und runzelte die Stirn. "Ich wollte dir entgegen laufen, aber ich hatte ja keine Ahnung, dass du aus der anderen Richtung kommst.", sagte ich entschuldigend und stieg schnell ein, damit er weiter fahren konnte.
"Aber dann kannst du mir doch Bescheid sagen? Ich hab vor der Firma gestanden und bin dann sogar rein um zu fragen, ob du noch arbeiten bist.", erklärte er und ich bereute es nicht vor der Tür sitzen geblieben zu sein.
"Tut mir leid...", entschuldigte ich mich und sein Blick wurde weich.
"Sag mir einfach das nächste Mal Bescheid, ja?", ich nickte und er teilte mir mit das im Kino nichts laufen würde und er jetzt noch mit mir einkaufen fahren würde, damit wir uns zusammen für ein Gericht entscheiden konnten.

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