Das ist eine kleine Liebesgeschichte, welche ich schon in einem anderen Buch veröffentlicht hatte. Doch die hab ich wieder runter genommen und jetzt ist die halt hier...
---------------------------------------------------------
Mit zitternden Knien setzte Lara sich in den vordersten Wagen der Achterbahn. Innerlich war sie schon dabei ihre Freundinnen Franzi und Laura zu töten. Erwürgen? Nein, zu unkreativ. Im der Schultoilette ertränken? Schon besser... Aber nicht perfekt, dachte sie. Ihr Puls musste mittlerweile 200 schlagen. Die Brünette mit den blau-grünen Augen bereute es bereits jetzt die Wette für 50 Euro angenommen zu haben. Sie saß alleine in der vordersten Reihe einer Achterbahn, welche einen Looping besaß. Jeder, der Lara auch nur ansatzweise kannte, wusste, dass sie nicht nur Höhenangst hatte, sondern auch Achterbahnen mit Loopings konsequent mied. Nun aber saß sie hier. Wegen 50 Euro.
Während das Adrenalin mit 3000 km/h durch ihre Adern schoss, bemerkte sie wie einer der Angestellten einem Jungen einen Platz in den Wagen suchte. Irgendwo in der Mitte war zwar noch ein freier Platz, doch der verschwitzte Kerl, welcher bereits dort saß, nahm schon beide Plätze ein. Werder der Junge, noch der Angestellte wollten daran etwas ändern. Ein anderer freier Platz war noch neben Lara selbst, wodurch der Junge neben sie gesetzt wurde. Verkrampft und mit dem Gesichtsausdruck eines Schafes, beobachtete die Sechzehnjährige den etwa Siebzehnjährigen Jungen. Dieser trug nichts auffälliges. Nur ein weißes Shirt mit einem Puma Aufdruck und eine stink normale Jeans. Auch sein rabenschwarzes Haar wirkte unauffällig. Lra selbst war ebenfalls in Jeans und Shirt unterwegs. Nur das ihr Shirt schwarz und mit dem pinken Schriftzug "For the love of music" versehen war. Doch schwarze T-Shirts brachten an solchen heißen Tagen wie diesem nur Nachteile. Daher hatten sich schon ziemlich große Schweiß-Pfützen unter ihren Armen gebildet.
Nun merkte sie, wie der Angestellte die Gestelle runterklappte und schloss. Wieder erhöhte sich die Geschwindigkeit ihres Pulses und ihre Hände schienen sich in reinen Schweiß zu verwandeln. "Viel Glück, Lariii!", riefen nun ihre Freundinnen lachend. Als Antwort erhielten sie einen tötenden Blick, inklusive eines Mittelfingers und dem Satz: "Fickt euch einfach! Steckt euch euren kack Fünfziger in eure verschissenen Ärsche!" Dabei hatte sie komplett vergessen, dass neben ihr noch jemand saß, welcher sie nun belustigt und entgeistert zugleich anstarrte. Als Lara diesen Blick bemerkte, war es jedoch schon zu spät zu reagieren. Die Wagen starteten und fuhren los. Erneutes Adrenalin pumpte durch ihren Körper. Langsam wurde ihr schlecht, doch zum Kotzen hatte sie gerade keine Zeit. Der Wagen hatte bereits angefangen die Bahn hinauf zu fahren. Während sie also diesen Berg erklommen, bemerkte der Blauäugige die aufsteigende Panik seiner Sitznachbarin. Insgeheim wünschte er sich für eine Millisekunde, doch den halben Platz neben dem Typen gewählt zu haben. Aber nun saß er eben hier.
"Alles okay bei dir?", fragte er nach ein paar Sekunden dann doch aus Höflichkeit. Bevor Lara aber antworten konnte, hatte der Wagen schon den höchsten Punkt seines Aufstieges erreicht und rollte mit einer rasanten Geschwindigkeit bergab. Somit erhielt er als Antwort ein sich überschlagendes, gekreischtes: "NEEEEEEIIIIIIIIINNNNNN!!!!!!!"
Die Achterbahn nahm immer mehr an Geschwindigkeit zu und ratterte durch die seitlichen Kurven, stieg erneut nach oben, donnerte noch schneller als vorher wieder hinab. Immer lauter kreischte die arme Brünette, während sich ihre Freundinnen bestimmt gerade prächtig an ihrem Elend amüsierten. Als die Bahn ihren Höhepunkt erreichte, nämlich den Looping, riss sie ihre blau-grünen Augen auf, aus denen einige Angst-Tränen begannen heraus zu fleißen. Mit wahnsinnigem Tempo schossen sie nach oben. Lara schloss ihre Augen und versuchte so ihrer Angst aus dem Weg zu gehen. Alles drehte sich. Auch ihr Magen. Doch dieser behielt Gott sei dank die Pommes und das Eis noch drinnen. Irgendwann spürte die Brünette wie sich alles wieder in eine normale Position richtete und ihr vom schreien trockener Hals seine nun bedauernswerten Töne einstellte. Auch der Wagen wurde langsamer und kam an seiner Ausgangsstelle zum stehen. Der Angestellte begann von hinten an die Sicherheits-Gestelle zu entsichern und die Besucher ziehen zu lassen. Während dieser aber noch beschäftigt war, sah der Blauäugige zu ihr und lachte ein wenig vor sich hin. "War wohl deine erste Fahrt, hm?" Müde und völlig verschwitzt nickte sie. "Kann ich meine Hand denn jetzt wiederhaben?", fragte er dann trocken. Die Röte schoss Lara ins Gesicht als sie merkte, das ihre Hand sich auf der ihres Mitfahrers befand und sie diese noch fest umklammerte. "Scheiße, Sorry!", krächzte sie und tat, worum er sie gebeten hatte. In der prallen Sonne konnte sie peinlich berührt erkennen, dass sie seinen Handrücken vollgeschwitzt haben musste.
Endlich wurden Lara und der Junge ebenfalls aus ihrem Wagen gelassen. Völlig entspannt stieg der Schwarzhaarige aus, anders als Lara. Diese hatte nämlich mühe sich auf ihren beiden Beinen zu halten, welche schlimmer zitterten als jemals zuvor. Amüsiert beobachtete der Junge Laras Versuch möglichst elegant aus dem Wagen zu kommen. Als diese es auch endlich, mehr oder weniger, geschafft hatte auszusteigen, stolperte sie so schnell es ging in Richtung Ausgang. Dort warteten auch schon ihre Freundinnen Franzi und Laura. Grinsend hielt Franzi ihr den Fünfziger hin, welcher ihr von der Braunhaarigen aus der Hand gerissen wurde. Die braunäugige Laura schaute sie nun etwas besorgt an. "Ach, du scheiße. Du bist aber ganz schön blass." Genervt schaute das leichenblasse Mädchen sie an. "Ich bin ja auch gerade gestorben...", stöhnte sie. Auch Franzi mit ihrem braunen Ombré schaute ihre Freundin besorgt an. "Geh lieber mal auf die Toilett... wer ist denn das?" Nun grinste Franzi breit und Lara war gezwungen sich umzudrehen. Vor ihr kam der schwarzhaarige Junge zum stehen. "Hey, äh ich wollte mich noch mal kurz vorstellen, bevor du abhaust. Also ich bin Alex und du?", stellte er sich freundlich vor. Lara wollte antworten, jedoch schien sich ihr Magen nun bereit zu fühlen sich zu entleeren. Die Brünette bemerkte den Plan ihres Essens, hielt sich ihre rechte Hand vor den Mund und rannte so schnell es ging zu dem nahe gelegenen Toiletten-Häuschen.
Wie von der Tarantel gestochen schlug sie die Tür des Häuschens auf und verschwand in die erste freie Kabine die sie finden konnte. Kaum hatte Lara sich über die Porzellan-Schüssel gehangen, schon schoss ihr erst das Eis und dann die Pommes aus dem Hals. Nachdem sie sich fürs erste beruhigt hatte, schloss sie nun die Tür ab um mit ihrem Essen allein zu sein. Nach einigen Minuten kam sie wieder zur Ruhe und spülte die zweite Tour herunter. Es war ziemlich ruhig, bis Lara hörte wie jemand rein kam und fragte: "Hallo? Mädchen? Ich bin's, Alex!" Sie fasste sich an die Stirn. "Scheiße...", murmelte die Brünette. Zu ihrem Leidwesen schien Alex ihr Gemurmel jedoch verstanden zu haben. "Bist du hier?", fragte er erneut und klopfte an ihre Kabinentür. Lara seufzte. "Ja, aber was machst du in der Mädchentoilette?" Nun war von dem Blauäugigen ein Lachen zu hören. "Was ist so witzig?!", fragte sie gereizt und erschöpft. "Du bist im Jungenklo!", lachte er weiter. "Die normalen Mädchen gehen eine Tür weiter aufs Klo." Erneut färbte sich Laras Gesicht in ein kräftiges Rot. "Och Nein..." Für sie könnte der Tag nicht noch schlimmer oder peinlicher werden. Sie hatte die Hand eines Wildfremden gehalten, sich gegenüber ihm mehr als peinlich verhalten und nun kotzte sie sich im Jungenklo die Seele aus dem Leib in der Gegenwart des Jungen, den sie heute wahrscheinlich göttlich unterhalten hatte.
Doch bevor sie sich noch mehr Gedanken über ihren versauten Tag machen konnte, ließ sie sich ihr Essen ein weiteres Mal durch den Kopf gehen. Alex wurde vor der verschlossenen Kabine nun etwas unruhig. "Hey, alles gut bei dir?" Sarkastisch fragte Lara: "Wie hat es sich denn angehört?!" bevor es ihr erneut hoch kam. Alex schmunzelte. "Nicht sonderlich gesund." Zum dritten Mal spülte Lara Inhalt ihres Magens den Abfluss hinunter. "Mach kurz auf, ich hab eine Flasche Wasser dabei.", hörte die Sechzehnjährige Alex vor der Tür, welcher bereits in seiner Umhängetasche wühlte. Auf wackeligen Beinen öffnete sie peinlich berührt die Kabinentür und setzte sich danach auf den Klodeckel. Alex reichte ihr lächelnd die Wasserflasche, die sie dankbar annahm. Nach ein paar Schlücken setzte sie die Flasche ab. "Danke.", lächelte sie ihm schüchtern entgegen. Alex zuckte mit den Schultern. "Kein Ding. Aber wieso setzt du dich dann überhaupt in eine Achterbahn?" Lara zog daraufhin den Fünfziger aus ihrer Hosentasche. "Hab gewettet." Kurz schwiegen beide, bevor sie beide anfangen mussten ein wenig zu lachen. "Also, wie heißt du den jetzt eigentlich?", fragte Alex gespannt und lehnte sich gegen die Kabinenwand. "Ich bin Lara.", lächelte sie und nahm einen erneuten Schluck aus der Wasserflasche.
Ein erneutes Öffnen der Tür des Toilettenhäuschens ließ beide aufhorchen und sie traten aus der Kabine. In der Tür stand der verschwitzte Kerl aus der Achterbahn und sah Alex, sowie Lara nur verstört an. Man konnte ihm seine Gedanken quasi vom Gesicht ablesen. Beide sahen sich an und mussten wieder lachen. "Besser wir gehen jetzt.", flüsterte Lara zu dem Schwarzhaarigen und wollte voraus gehen. Jedoch hatte sie ihre noch immer wackeligen Beine vergessen und war sehr froh drum, dass Alex sie noch rechtzeitig festhielt. Den Weg nach draußen musste er sie somit wohl oder übel stützen.
"Alles okay, Lari?", kamen Laura und Franzi besorgt auf die beiden zugerannt. "Im Moment ja. Mir würde es sogar noch besser gehen, wenn ihr Idioten mich nicht zu diesem Höllenritt gebracht hättet!" Während die Freundinnen über die Verantwortung von Laras Gesundheitszustandes 'diskutierten', betrachtete Alex grinsend die Runde. Sein Blick blieb bei dem Mädchen, welches er stützte, hängen. Ihr Shirt war nass vom ganzen Schweiß, der Tag muss der schlimmste aller Zeiten für sie gewesen sein und dennoch behielt sie ihren Sarkasmus. Irgendwas hatte sie an sich, dass er sie gerne besser kennen lernen würde.
"Ist ja gut, du hast doch jetzt deinen Fuffi!", maulte Franzi. Auch die Braunäugige verschränkte die Arme. "Dürften wir denn nun auch einmal erfahren, wer dich da gerade im Arm hat?" Lara sah ihre Stütze an und grinste. "Das ist Alex. Der Typ dem ich eine Flasche Wasser schulde." Sie hob die nun halbleere Flasche und schüttelte sie ein wenig. Auch Alex musste grinsen. "Über eine Handynummer würde ich mich mehr freuen!" Wenn ich mal drüber nachdenke... So schlimm war die Fahrt dann doch nicht..., dachte Lara vor sich hin und lächelte.