Kapitel 54 Sams POV

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Was mein Bruder mir erzählt hat, hat mich schon ganz schön aus der Fassung gebracht. Aber ich will mir den Abend mit meiner Familie und meinen besten Freunden nicht verderben lassen. Deswegen ignoriere ich einfach die Tatsache, dass Dan unter Umständen gleich vor unserer Tür stehen könnte. Er weiß, dass ich dafür sorgen kann, dass er seinen Job verliert. Das Kontaktverbot alleine würde schon ausreichen, damit er auf keinerlei Daten von mir mehr zugreifen kann. Und sein Chef wäre von so einem Mitarbeiter wohl nicht allzu begeistert. Durch meine Arbeit bei der Staatsanwaltschaft habe ich auch öfter schon mit ihm zu tun gehabt.

Gegen vier Uhr morgens ist dann der letzte unserer Gäste auch verschwunden und Chris und ich begeben uns endlich ins Bett. "Ist alles in Ordnung, Süße?" fragt er mich besorgt. "Ja klar, alles bestens. Ich schätze Dan ist meiner Familie nicht gefolgt. Er hätte es sich sicher nicht nehmen lassen, die Party zu sprengen. Oder er nimmt meine Drohung ernst, dass ich Maßnahmen ergreifen werde, die ihn den Job kosten könnten" antworte ich ihm. "Das hoffe ich. Aber ich habe deinem Bruder versprochen, dass die Jungs und ich alles tun werden, um ihn von dir fernzuhalten. Das erste, was ich mit den Jungs besprochen habe ist, dass du das Haus in nächster Zeit nicht mehr ohne einen von uns oder wenigstens Steve verlässt" gibt Chris mir zu verstehen. "Baby, das ist nicht nötig. Ich weiß mich schon zu wehren" erwidere ich nur. Doch mein Verlobter lässt sich nicht umstimmen. "Stefan hat mir erklärt, wie Dan drauf ist. Und wir alle tun das gerne für dich. Du bist bald meine Frau und für die Jungs bist du wie eine kleine Schwester. Und Steve freut sich auch sehr, dass er dich etwas besser kennenlernen kann dadurch. Immerhin werdet ihr auf Tour auch immer sehr viel Zeit miteinander verbringen" erklärt Chris mir. "Wann hast du denn mit Steve darüber geredet?" frage ich verwirrt. Chris war doch die ganze Zeit bei mir. "Als ich noch mit deinem Bruder in der Küche war, habe ich ihn sofort angerufen" beantwortet er mir die Frage. "Okay, wenn du dich damit besser fühlst, Baby" gebe ich mich dann doch geschlagen. Chris kann man die Erleichterung förmlich ansehen.

Fünf Minuten später liegen wir dann im Bett und ich falle mit dem Kopf auf Chris' Brust augenblicklich in einen unruhigen Schlaf.



Als ich nach ein paar Stunden wieder aufwache, liegt Chris schon nicht mehr neben mir. Ich weiß, dass mich ein Geräusch geweckt hat, aber ich bin noch zu verschlafen, um zu wissen, was es war. Doch nur einen Moment später weiß ich es, als ich einen wahnsinnigen Tumult im Flur höre. Ich weiß, dass Gared und Bo hier übernachtet haben. Aber die würden nicht so einen Terror machen, vor allem nicht nach nur ein paar Stunden Schlaf.

Ich springe schnell in meine Pantys und verlasse mit Chris' Shirt unser Schlafzimmer, um dem Krach auf den Grund zu gehen. Und was mich im Flur erwartet, schockt mich zunächst zutiefst. Die halbe Einrichtung ist demoliert und Tobias drückt jemanden gegen die Wand, dessen Gesicht ich zwar nicht erkennen kann, aber dessen wütende Stimme mir schlagartig klar macht, um wen es sich handelt. Bo steht schon mit seinem Handy am Ohr da und scheint über Notruf die Polizei dazu zu holen.

"Wo ist Chris?" ist meine erste Frage. Die Jungs drehen sich erschrocken zu mir um. Sie scheinen mich noch nicht bemerkt zu haben.

"In meinem Badezimmer" antwortet mir Tobias nur kurz. Ich verschwinde kurz in die Küche, weil ich weiß, dass dort in einem Schubfach Kabelbinder zu finden sind. Während meiner Arbeit für die Staatsanwaltschaft hat mir ein Kollege mal gezeigt, wie man jemanden damit fixiert. Innerhalb einer Minute habe ich also mit Tobis Hilfe Danilos Hände so auf seinem Rücken festgebunden, dass er sie nicht bewegen kann, ohne sich selbst zu verletzen, aber nicht so fest, dass sie schon von alleine schmerzhaft wären. "Schafft ihn bitte ins Wohnzimmer und lasst ihn nicht aus den Augen bis die Polizei da ist. Ich kümmere mich um Chris" weise ich die drei Jungs an.

          

Die bugsieren Dan daraufhin sofort Richtung Sofa und stellen sich wie eine Mauer vor ihn. Als er an mir vorbei geführt wird, sehe ich, dass er Schrammen im Gesicht hat und sein rechtes Auge sich schon leicht violett verfärbt. Das nehme ich mit einer gewissen Schadenfreude zur Kenntnis.

"Stephi, wenn es klingelt, mach bitte mal auf. Die Jungs und ich sind gerade beschäftigt" bitte ich auf dem Weg ins Badezimmer meine beste Freundin.

Als ich das Bad betrete, gefriert mir das Blut in den Adern. Chris' ganzes Gesicht ist blutüberströmt. Ich sehe eine Platzwunde an der linken Augenbraue und er hält sich ein Handtuch an die Nase.

"Lass mich mal sehen, Schatz" spreche ich ihn leise an. Chris hat die Augen geschlossen, vermutlich um die Schmerzen auszublenden, aber er gehorcht sofort. "Gebrochen scheint deine Nase nicht zu sein. Du solltest aber trotzdem lieber zum Arzt gehen damit. Alleine schon wegen der Platzwunde" sage ich zu ihm. "Ach quatsch. Ich habe schon schlimmere Verletzungen gehabt" erwidert er leise. "Das mag ja sein, aber es würde mich beruhigen, zu wissen, dass tatsächlich nichts schlimmes ist" bitte ich ihn. "Okay, ich werde mich untersuchen lassen" gibt er auch ziemlich schnell nach und erhebt sich.

"Wo ist dieser Vollpfosten eigentlich abgeblieben?" fragt mich Chris als ich ihn Richtung Küche führe. "Der sitzt unter strenger Bewachung und festgebundenen Händen im Wohnzimmer, bis die Polizei da ist" erkläre ich, während ich ein paar Eiswürfel aus dem Tiefkühlfach hole und sie Chris eingewickelt in ein Küchentuch sanft auf die Nase drücke. "Wer hat es denn geschafft ihm die Hände zu fixieren?" fragt er mich nun erstaunt. "Ich. Mit der Unterstützung von Tobi natürlich. Ich wusste noch, wo ihr eure Kabelbinder aufbewahrt" lächle ich ihn leicht an. "Du bist immer wieder für eine Überraschung gut" versucht Chris nun auch zu lächeln. Allerdings misslingt ihm das kläglich mit seinem ramponierten Gesicht.

Eine Stunde später sind dann auch alle, die nicht mal ansatzweise was in unserer Wohnung zu suchen haben, endlich verschwunden. Gegen Dan läuft jetzt nicht nur eine Anzeige wegen schwerer Körperverletzung, Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch sondern es wurde ihm gegenüber auch ein Kontaktverbot für mich und Chris ausgesprochen. Er darf sich uns beiden jetzt maximal auf 100 Meter nähern und muss alle anderen Wege der Kontaktaufnahme unterlassen. Der Beschluss darüber wird auch umgehend seinem Chef gefaxt, dafür habe ich alleine schon dadurch gesorgt, dass ich den beiden Polizisten erläutert habe, in welcher Behörde er arbeitet. Die Polizisten haben auch sehr schnell mitbekommen, dass ich weiß wovon ich rede, woraufhin ich ihnen dann erklärt habe, dass ich fast zehn Jahre in der Justiz und überwiegend in der Staatsanwaltschaft tätig war.

Auch ein Notarzt war mit anwesend, der uns bestätigt hat, dass Chris' Nase nicht gebrochen ist. Er soll sich nur ein paar Tage ausruhen und sehr viel kühlen. Und die kleine Platzwunde muss glücklicherweise auch nicht genäht werden.

Als alle weg sind, lasse ich mich erschöpft zu den anderen auf unser Sofa fallen. "Das war doch mal ein aufregender Morgen" feixt Chris mit schmerzverzerrtem Gesicht. "Wie kannst du dich darüber noch lustig machen?" fragt Stephi ihn entgeistert. "Ganz einfach. Ich weiß, dass er sich uns nicht mehr nähern darf. Ich finde es nur interessant, dass Sam einen verrückten Stalker hat, wo sie doch gar nicht so sehr im Rampenlicht steht und nicht einer von uns" feiert er sich weiter.

"Baby, du hast einen ganz schönen Knall, weißt du das?" grinse ich ihn an. "Aber ich gehe davon aus, dass das Kontaktverbot Dan nicht unbedingt aufhalten wird. Letztlich ist es nur ein Stück Papier" gebe ich dem Rest zu bedenken. Stephi weiß das selber, denn auch sie arbeitet in der Justiz. So haben wir uns vor sechs Jahren immerhin kennengelernt.

"Das ist uns allen schon klar, Sam. Deswegen bleibt es auch bei der Abmachung, dass immer einer von uns bei dir ist, auch hier in der Wohnung" klärt mich Gared nun auf. Das müssen die Jungs sich ausgemacht haben, als ich die Polizisten zur Tür begleitet habe. "Von mir aus. Aber einer alleine kann gegen Danilo auch nicht viel ausrichten, wie ihr sicher bemerkt habt" weise ich die Jungs auf das Offensichtliche hin.

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