„Wer hätte gedacht, dass ich dich noch einmal lebend zu Gesicht bekomme."
Der alte Mann starrte Niall mit seinen grauen Augen an und schüttelte einfach nur den Kopf.
Er hatte es sich auf seinem Sessel in dem nicht ganz so verfallenen Wohnzimmer gemütlich gemacht. Niall hockte auf dem Sessel gegenüber, während ich und Leandro auf der Couch saßen.
Ein Feuer brennte im Kamin und erfüllte den Raum in eine wohlige Wärme.
„Was führt dich dieses Mal zu mir? Nuklearcodes? Der beste Weg, dir George vom Leib zu halten?"
Nuklearcodes?
Und wer war George?
Leandro erwiderte meinen Blick mit dem gleichen dicken Fragezeichen im Gesicht wie ich.
„Ist er immer noch in Seattle?", fragte Niall.
„Wird auch in den nächsten Monaten hier aufkreuzen. Er hat letztens am Telefon nach dir gefragt. Musste mal wieder die übliche Leier runterrasseln." Der Mann nahm einen kräftigen Zug von seiner Pfeife und musterte schließlich mich und Leandro. „Und wer sind die beiden?"
„Sie wurden mit reingezogen", lautete die schlichte Antwort.
Ich fühlte mich unter dem Blick des alten Mannes ein wenig unwohl. Er schien beinahe durch mich hindurchzusehen und sein Blick war ... undefinierbar. Ich schluckte den Kloß und das unwohle Gefühl runter und hoffte, dass ich mich ein wenig besser unter seinen beobachtenden Augen fühlte.
Leider war dem nicht so.
„Ah, sie wurden mit reingezogen." Der alte Mann nickte, sein Blick wechselte zwischen mir und Leandro, bis er schließlich auf meine mit Blut überzogene Kleidung sah. „Komm, ich gebe dir etwas Frisches zum Anziehen. Kannst ja nicht die ganze Zeit damit rumlaufen."
Der alte Mann stand auf und griff nach seinem Gehstock. Ich erhob mich zögernd und folgte ihm durch das Haus. Mein Herz nahm ein schnelleres Tempo an und ich versuchte nicht zu zeigen, dass ich ein klein wenig Angst hatte.
Das Haus war sehr dunkel gehalten, wie ich feststellen musste.
Es hingen ein paar Bilder an den Wänden, ein alter Kamin säumte einen großen Flur, aber die Tapeten sowie die Böden waren alle sehr dunkel gehalten. Irgendetwas sagte mir, dass der alte Mann sehr düster lebte.
„Von woher stammst du?"
Seine Frage überraschte mich und ich antwortete verblüfft: „Aus Philadelphia, also ich bin da geboren. Lange gelebt habe ich da aber nicht."
„Philadelphia ist ein schöner Ort zum Leben", sagte er und öffnete eine Türe. „Zumindest habe ich es gedacht, bis sie die großen Wolkenkratzer in der Innenstadt gebaut haben."
Der alte Mann verzog das Gesicht.
Wir betraten einen größeren Raum, der aussah wie ein Büro, aber nun mal kein Büro war. Ein Schreibtisch stand in der Mitte des Raumes, aber an den Wänden befanden sich Schränke und Kommoden. Vielleicht so ein Büro-Ankleideraum, oder so etwas in der Art.
Ich machte es mir auf dem Tisch bequem, während er zielstrebig auf einen der Schränke zusteuerte.
„Woher kennen Sie Niall?"
Ein Lacher erschallte. „Ich kenne ihn schon, bevor er überhaupt auf der Welt war. Ein ziemlich unberechenbarer Bursche. Kommt ganz nach seiner Mutter." Er griff nach einem grauen Pulli. „Schade, dass ihm seine Kindheit so früh geraubt wurde."
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Kind Of Secrets #SpringAwards
Fanfiction„Du kannst zwei Dinge nicht gleichzeitig haben, denn dein Sturkopf und dein Egoismus hindern dich daran - du musst dich entscheiden, was du haben willst." Die Welt, in der ich lebte, war eine andere. Dunkel, bedrohlich, heimtückisch und voller Gefah...