01. Januar 2013, 13:01 Uhr, In einer Tassenuntersetzerfabrik in der Nähe von London, Großbritannien:
Olivia reibt sich verschlafen die Augen. Seit sechs Stunden arbeitet sie schon und es dauert noch eine halbe Stunde bis zur Pause. Gelangweilt drückt sie auf den Knopf, den sie alle 20 Sekunden betätigen muss, damit die Maschine eine Reihe schicker, rechteckiger Untersetzer in die Pappe auf dem Fließband stanzt.
Durch das laute 'Rummms' der Stanzmaschine hört Olivia den Schrei nicht. Weil sie letzte Nacht nicht geschlafen hat und nun abwesend vor Müdigkeit ins Leere starrt, entgeht ihr auch, wie um sie herum Panik ausbricht. Sie nimmt keine der umstürzenden Maschinen war, auch keinen der flüchtenden Menschen, diejenigen, die es nicht schaffen zu entkommen, schon gar nicht. Sie könnte weglaufen und überleben. Doch sie hat es letzte Nacht vorgezogen, sich die komplette letzte Staffel von "Grey's Anatomy" anzusehen, anstatt zu schlafen.
So kommt es, dass Olivia Parker am kommenden Morgen zum ersten und letzten Mal in ihren Leben in der Zeitung erwähnt wird.
02. Januar 2013, 09:14 Uhr, Am Frühstückstisch im Hause Styles mitten im schönen London, Großbritannien:
"Der Vandalismus übertrifft sich selbst - Olivia P. (31) wurde gestern leblos an ihrem Arbeitsplatz vorgefunden, von dem ebenfalls nicht mehr viel übrig war. Weitere Mitarbeiter der Tassenuntersetzerfabrik "Middleton" befinden sich derzeit in einem vergleichbaren Zustand. Die Polizeit befragte nach dem Vorfall am gestrigen Mittag mehrere Augenzeugen. Die Ergebnisse ihrer Ermittlungen bleiben jedoch vorerst geheim.", liest Mr. Styles laut aus der Zeitung vor.
"Das ist ja grauenvoll!", kommentiert seine Frau geschockt den Bericht. Wenn sie etwas nicht leiden kann, ist das Vandalismus. "Das Unternehmen hat so viel Geld in die ganzen Maschinen gesteckt! Diese Rabauken, die für diese Tat verantwortlich sind, denken doch nicht einmal im geringsten daran, was passiert, wenn die Tassenuntersetzerfabrik keine Tassenuntersetzer mehr produzieren kann! Darling, worauf stellen wir dann unsere Tassen?"
Mr. Styles kratzt sich nachdenklich am Bart. Dann fällt ihm die Zeitung in seiner Hand auf. Gekonnt reißt er sie in mehrere Papierfetzen, die genau die gewünschte Größe haben. Mit einem stolzen Lächeln steht er von seinem Stuhl auf und holt ein plaar Tassen aus dem Küchenschrank, um sie auf dem Zeitungspaper zu platzieren.
"Tadaaa!"
Seine Frau klatscht begeistert in die Hände. "Wunderbar, Darling! Du bist so ein kluger Mann und hast uns vor einen großen Elend bewahrt. Wenn nur dein Sohn noch hier wäre und dich sehen könnte. Harrylein hat dich immer sehr bewundert."
Das Ehepaar schweigt und denkt an Harry, den verlorenen Sohn.
"Er wird wieder Nachhause kommen.", sagt Mr. Styles schließlich. Er klingt fest überzeugt. "Ich glaube nicht, dass er mit Taylor Swift durchgebrannt ist. Die beiden sind doch gar nicht mehr zusammen, sonst wäre er niemals wieder bei uns eingezogen."
"Du hast Recht.", schnieft seine Frau. "Er kommt ganz sicher bald zurück."
02. Januar 2013, 10:41 Uhr, In der Kanalisation unterhalb der Straßen Londons (das liegt in Großbritannien!):
"GROOOAAHHH!", macht Harry. Sein Kumpel Louis geht ihm einfach so auf den Senkel mit seinem sinnlosen Geschwafel. 'GROAAH GROAAH GROAAH' den ganzen Tag. Wer soll das den bitte aushalten? Obwohl... Harry muss zugeben, dass Louis' neue Gespächsthemen ('GROAAH' oder 'GROAAH', manchmal auch 'GROAAH', aber meistens 'GROAAH') intelligenter sind, als alles, was der von sich gegeben hat, als er noch ein Mensch war.
Leider stört Louis sich nicht besonders daran, von Harry unterbrochen zu werden und groaaht einfach fröhlich weiter, während die Fünf in beinahe vollkommener Dunkelheit durch die Brühe der Kanäle wandern. Der Schmutz, der dabei an ihren Armen und Beinen haften bleibt, fällt kaum auf. Ihre Haut hat nach dieser Sache vor etwa einem halben Monat ein gammeliges Grün angenommen. Harry gefällt das überhaupt nicht. Nicht einmal seine wallende Haarpracht kann dieses Aufgebot an strahlender Hässlichkeit wieder wettmachen. Schon allein deswegen nicht, weil seiner neuen Gestalt wegen seine feinmotorischen Fähigkeiten nachgelassen haben und er selbst bei der Benutzung einer Haarbürste versagt. Auf ihrem Weg zurück nach London hat er eine aus einem Drogeriemarkt mitgehen lassen (Mann, haben die Leute da einen Aufstand gemacht, als sie die Jungs gesehen haben. One Direction sind wohl noch berühmter als gedacht!). Seitdem liegt das Ding unbenutzt in seiner Tasche. Ein tiefer Seufzer, der wie ein 'GROAAH' klingt, entfährt ihm. Das Zombie-Sein ist echt scheiße.
Still schlurfen die Jungs durch die Brühe. Louis geht voran und groaaht fröhlich. Gott weiß, was er ihnen zu erzählen versucht. Bestimmt irgend ein Scheiß über Ziegen oder Blumen oder seinen toten Großvater! Irgendwann erreichen sie das Ende des Tunnels und bleiben vor einer Leiter stehen.
"GROOOAAHH!", schlägt Liam vor und alle nicken. Harry hält es zwar für keine gute Idee, wieder nach Oben zu gehen, doch auf sein letztes 'GROOAHH' hat auch schon keiner gehört. Diese Idioten haben nie Verständnis für seine Einwände...
Louis klettert als Erster rauf. Harry wird geblendet, als sein Freund den Kanalisationsdeckel über ihren Köpfen ein wenig anhebt, um hinaus zu spähen.
"GROOAAHHH!", ruft Louis begeistert und winkt die Anderen zu ihm rauf. Den genauen Wortlaut dessen, was sein Kumpel ihnen sagen will, kann Harry leider nicht wiedergeben, doch er weiß, was er meint:
Wir sind in Zuhause. In London.
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'Til Mornin' Ends (Fortsetzung von 'Til Mornin' Comes)
FanfictionDas Abenteuer ist noch nicht vorbei ;)