- Kapitel 5 -

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Die Sonne war zwar noch am hellblauen Himmel zu sehen, aber ich spürte schon, wie ein leichter Wind pfiff. Angenehm kühl. Im Westen, hinter den flachen Häusern zeigte bereits ein violetter Übergang von Horizont und Himmel, dass die Nacht nicht mehr weit entfernt war.

Langsam trottete ich auf den Wächter neben dem Stadttor zu. Ich hatte meine Tasche mit dem ledernen Riemen über der Schulter befestigt. Dort drin befanden sich noch drei große Fleischstreifen, etwas Obst, Wasser, Kleidung, eine Hexions-Fackel und zwei Magiebomben. Mein Kurzschwert hatte ich in der Schwertscheide und mein Messer zusammen mit dem Säckchen Geld an meinem Gürtel hängen.

Als ich am Tor ankam, musterte mich die Wache argwöhnisch.

"Ziemlich spät um jetzt noch zu reisen... Seit ihr euch sicher, dass ihr nicht erst am Morgen losziehen wollt?"

Ich starrte kalt in die zusammengekniffenen Augen des Mannes. Er überragte mich um einen halben Kopf, sein Brustharnisch glänzte schön in der Sonne. Ich wischte mir ein nasses Haar aus dem Gesicht und erwiderte:

"Ja. Ich muss dringend weiter."

Beinahe hätte ich noch den Namen meines Zieles, Shilmon, genannt, aber ich konnte mich zügeln. Ich durfte niemandem hier vertrauen oder die Wahrheit erzählen, mit Ausnahme den Mitgliedern des Amhios-Clans. Und selbst denen hatte ich nicht alles erzählt. "Das da draußen ist Kazooko...", hatten mir meine Mentoren zuhause immer wieder erklärt. "Alles ist verkäuflich. Jeder steht mit irgendwem im Kontakt, natürlich auch mit Räubern und Assassinen!" Die Wache zuckte mit den Schultern, damit war das Gespräch beendet. Doch kurz bevor ich durch das halb zerbrochene Tor ging, hörte ich, wie sich der Mann zu mir umdrehte und einatmete.

Instinktiv sprangen meine Finger auf um das Heft meines Schwertes. Ich hüpfte blitzschnell zwei Schritte nach vorne und baute so Abstand zur der Wache auf. Dann drehte ich mich um, kampfbereit. Die Wache starrte mich nur an, mit halb offenem Mund. Sie hatte nicht mal die Hand am Schwert und wollte mich auch nicht angreifen.

"W-was ist denn mit dir los?", fragte der Mann unsicher.

Als ich nicht antwortete, ergriff er wieder das Wort:

"Also... ich wollte euch sagen, dass es hier in der Gegend Solopos gibt. Pass auf, dass sie nicht dein Bein zu fassen kriegen."

Stille. Solopos? Ich musste kurz überlegen, dann fiel es mir wieder ein. Armlange Käfer, Fleischfresser mit fiesen Zangen. Weit verbreitet in den Regionen Kazookos. Ich lächelte:

"Danke für die Warnung. Und 'tschuldigung für die Überraschung meinerseits. Ich dachte..." Die Wache winkte ab. "Schon gut. Javée di'tom l' onrúna.", flüsterte er noch.

Ich wusste was das hieß. Es war ein Sprichtwort zu der Zeit von Kazookos Reich. Mögest du Glück in der sengenden Wüste haben. Ich drehte mich um und ging durch den noch warmen Sand Richtung Westen 'gen untergehende Sonne.

Glück?

Ja, das würde ich brauchen.

Ich hatte das Gefühl, schon Tage unterwegs zu sein, obwohl der Mond noch nicht mal zur gänze zu sehen war. Die Temperatur in Kazooko flaute bisher kaum ab, es waren immer noch geschätzte 35 Grad. Wenigstens war der Sand etwas abgekühlt. Meine Stiefel fühlten sich schwer an und meine Augen waren müde und wollten sich schließen. Ich wunderte mich über meine Schläfrigkeit. Ich hatte mich vor meinem Aufbruch noch 3 Stunden in meinem Zimmer ausgeruht, doch es hatte nichts gebracht. Zugegeben, ich schlief auch mit meinem Messer unter dem Kissen und dachte lange über den Räuber nach, der es auf meinen Kopf abgesehen hatte.

Von wem hatte er den Auftrag bekommen, auf mich zu warten und mich zu töten? War er von den Feinden Vavuls geschickt worden, um mich an meiner Mission zu hindern? Das würde jedoch voraussetzen, das man von mir und meiner Suche nach den Pulswächtern wusste. Wie konnten andere Länder oder Gruppierungen nur davon gehört haben? Und wieso versucht man mich umzubringen, wo ich doch zum wohl aller handelte? Zu viele Fragen.

SandgeiselWhere stories live. Discover now