Mein Vater meinte immer, das Reichtum über dein Leben entscheidet. Sein Lieblingsspruch war immer 'Geld regiert die Welt und wenn du reich bist, dann lass sie funktionieren, wie du es willst!'. Wenn es nach ihm ginge, wäre es ihm am liebsten, wenn ich später seine Firma übernehme.
Doch ich teile seine Meinung nicht. Am liebsten würde ich später etwas mit Kunst studieren, doch meine Eltern erwarten von mir eine Elite Universität.
Als Tochter einer der reichsten und angesehensten Unternehmer teurer Immobilien wird natürlich anderes erwartet. Und das lernte man schon in frühen Jahren zu verstehen.
Manchmal habe ich das Gefühl, er ist enttäuscht von mir. In seinen Augen hätte er lieber einen geschäftstüchtigen Sohn gehabt, als eine unsichere unbeholfene Tochter. Aber er ist nun einmal mein Vater und diesen kann man sich nicht aussuchen.
Meine Mutter ist ein Abbild meines Vaters. Sie fügt sich in alles, was mein Vater sagt. Sie erwartet von mir eine vorbildliche Tochter, die später einmal eine erfolgreiche Ballerina und Unternehmerin wird.
Oh ja! Ihr habt richtig gehört. Ohne mein Einverständnis hatten mich meine Eltern an meinem 5. Lebensjahr in eine Balletgruppe voller reicher Kinder gesteckt.
Sie meinten, jeder müsse ein Hobby haben, welches man zum Vorzeigen benutzen kann. Ich mag Ballett nicht, aber ich habe es wie meine Eltern es von mir erwarten, hingenommen und ein Leben lang das gemacht, was alle von mir erwarten.
Meine Mutter war früher auch eine Balltetttänzerin, doch sie hatte eine schwerwiegende Verletzung mit ihrem Rücken erlitten und erhofft sich jetzt ihren Traum durch mich erfüllen zu können. Mein Vater ist reich geboren und hatte die Firma seines Vaters übernommen. Sein einziges Hobby neben seines Berufs ist das Golfen.
Durch das Golfen, sagte er immer, kann man viele angesehene Leute kennenlernen, die einen zu neuen Angeboten bringen können. Golfen sei das einzige, dass man wirklich können müsse, wenn man einer der ist, deren Leben mir in die Wiege gelegt wurde.
Wenn es nach mir ginge, würde ich auch mit einem einfachen Leben zufrieden sein. Aber ich Glückliche hatte das Leben einer Superreichen. Ich konnte mich wirklich glücklich schätzen, doch das tat ich nicht.
Denn nicht alles was glänzt ist Gold, nicht wahr?
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Heute war mal wieder einer dieser Tage. Keine freie Minute. Nur Verpflichtungen. Aber was tat man nicht alles, um das Image seiner Eltern zu bewahren!
Genervt schlug ich meine Bettdecke zur Seite und schwang mich aus dem Bett. Mit trägen Schritten tapste ich in das Bad und sah auf die rotleuchtende High-Tec Uhr. Es war gerade mal 7:12 Uhr. An einem Samstag.
Ich tastete müde nach dem Lichtschalter und erfüllte das Bad mit Licht. Schnell zog ich mein seidenes Spitzennachthemd aus. Ich drehte das Wasser der Dusche auf und stellte mich unter den angenehmen Strahl. Das lauwarme Wasser prasselte auf meinen Körper und ließ meine Gliedmaßen erwachen.
Langsam aber sicher wurde ich wacher. Während ich mir Vanille Shampoo in mein Haar massierte, dachte ich seufzend über den Tag nach, welcher mir noch bevor stand.
Am liebsten würde ich den ganzen Tag in meinem Bett verbringen mit einer Tasse Tee und einem guten Buch. Doch selbst so etwas blieb mir nicht vergönnt.
Ich atmete aus und schloss kurz die Augen, während mir warmes Wasser über den Körper floss.
Nach ein paar Minuten ging ich zitternd aus der Dusche und trocknete mich ab. Ich begann mich zu schminken und zog ein weinrotes 600$ teures Cocktailkleid an, welches mir meine Mutter rausgelegt hatte. Dazu kombinierte ich rote High-Heels.
Wenn meine Mutter mir teure Sachen rauslegte, bedeutete das, dass wir Besuch hatten. Anscheinend war es Besuch mit mehr Geld in der Tasche, als normale Leute in seinem ganzen Leben nicht verdienen würden, geschweige denn jemals sehen werden. So eingebildet das auch klang, so wahr war diese Tatsache auch.
Seufzend lief ich die Treppe mit dem verspielten Geländer herunter, jeden Moment gefasst auf unbekannte Anzugträger zu treffen. Und wie ich es geahnt hatte, schauten mich auch schon vier Augenpaare an. "Guten Morgen!" begrüßte ich unsere Gäste und zwang mir ein Lächeln auf.
Sogleich kam meine Mutter in einem blauglitzernden Diamantkleid um die Ecke. "Oh Schatz, da bist du ja. Du siehst bezaubernd aus", begrüßte sie mich überschwänglich und deutete anschließend auf unsere Gäste. "Das sind Gilbert Swanberg und sein 18 Jähriger Sohn John."
Sie drehte sich lächelnd zu mir und flüsterte ein lautloses 'benimm dich'. Ich zuckte mit den Mundwinkeln. Meine Mutter war natürlich so charmant wie immer!
"Hallo. Ich bin Olivia Vandertjub. Schön sie kennen zu lernen!" brabbelte ich meinen Text hinunter und gab jedem meine Hand. So kam ich gleich zu der Ehre mir die beiden Gäste naher anzuschauen.
Der Vater von den Beiden war ziemlich klein und etwas breiter gebaut. Sein weißer Bart ließ ihn älter wirken, als er anscheinend war. Sein Sohn war das komplette Gegenteil. Er war groß, schlank und sein blondes Haar war mit überaus viel Gel auf die rechte Seite gegelt. Er hatte ein schmieriges Lächeln auf den Lippen und war mir auf Anhieb unsympathisch. "Sie sehen wirklich reizend aus, Miss Vandertjub!" schleimte John und hielt länger als ich wollte meine Hand. Vorsichtig versuchte ich mich aus seinem schwitzigen Händedruck zu befreien. "Ebenfalls", gab ich von mir und lächelte gefaked.
Meine Mutter klatschte in die Hände. "So, dann setzt euch doch erst einmal an den Tisch. Mein reizender Mann kommt sicher bald."
Sie lächelte leicht nervös und führte sie an unseren langen Marmortisch, der mit kitschigen Hotensien geschmückt war. Irgendetwas war anders. Das spürte ich. Ihre perfekte Fassade fing an zu pröckeln. Meine Mutter griff fest an meinem Handgelenk und zog mich aus dem Raum. "Entschuldigen sie uns kurz."
Sie zog hastig die Tür zu und drehte sich nervös zu mir. "Weißt du, wo dein Vater ist?" fragte sie mich und wirkte gar nicht mehr so perfekt wie sonst.
Ich schüttelte nichts ahnend den Kopf. Nervös atmete sie durch. "Was sollen wir denn jetzt machen? Ich habe ihn seit gestern Abend nicht mehr gesehen."
"Ich weiß es nicht. Ich bin doch erst seit gerade eben wach! Wer sind diese Leute überhaupt?" wollte ich wissen und sah meine Mutter abwartend an.
"Das sind eventuell die neuen Geschäftspartner von deinem Dad. Und dein Dad meinte gestern, dass der Sohn von Gilbert dein potenzieller Freund sein könnte. Dein Vater braucht deine Hilfe. Uns könnten 500 Millionen gehören!" meinte sie und wurde lauter. Geschockt richtete ich meinen Blick auf meine Mutter und verschränkte die Arme vor der Brust.
"Ist das dein Ernst? Ich werde sicher nicht irgendeinen Jungen daten, nur damit Dad ein paar mehr Millionen auf seinem eh schon überfüllten Konto dazu zählen kann", ließ ich meiner Wut freien Lauf. "Dame. Dein Tonfall gefällt mir nicht!" warnte mich meine Mum, wurde aber leiser, damit unsere Gäste nichts davon mitbekamen. Ich schaute entschuldigend auf den Boden.
"Schatz, wir brauchen deine Hilfe! Es läuft nicht mehr so gut in der Firma wie früher. Gilbert Swanberg könnte die Firma retten."
"Aber Mum. Wir verdienen jede Minute über Tausende von Dollars. Wieso brauchen wir dann noch einen Geschäftspartner?" fragte ich und verstand meine Eltern einfach nicht.
Geld war für meine Eltern schon immer das wichtigste. Wichtiger als ich. Sie waren kaum zuhause, nur in der Firma und fast jede Woche musste ich mich schick machen für irgendwelche wichtigen Anzugträger. Und fast jeden Abend musste ich auf irgendwelche Galas, damit das Ansehen einer perfekten Familie nicht zerstört wurde. Leider ensprach das Bild der perfekten Familie nicht der Wahrheit. Unsere Familie war schon längst zerbrochen. Wären wir nicht so wichtig, hätten sich meine Eltern wahrscheinlich schon längst getrennt. Vor vier Jahren hatte ich meinen Vater dabei erwischt, wie er eine andere Frau als meine Mutter küsste. In diesem Moment zerbrach mein Leben in kleine Stücke. Von da an glaubte ich nicht mehr an Hoffnung oder an Liebe. Liebe war auch nur ein biochemischer Vorgang in unserem Körper, der uns das Leben in der Pubertät schwer macht. Und wer etwas anderes glaubt ist in meinen Augen naiv! Und diese Einstellung hatte sich bis jetzt nicht wirklich geändert.
Meine Mutter seufzte übertrieben. "Ach Schatz, Gilbert Swanberg ist einer der angesehensten Leute in New York. Durch ihn könnten wir in ganz andere Kreise kommen. Stell dir vor, bald könnten selbst die in Europa unsere Firma kennen und nicht nur die in Amerika. Bitte! Tue es für mich und Dad. Es könnte auch ein schönes neues Auto rausspringen, wenn du willst!"
Wow, jetzt versuchte es Mum auch noch mit Bestechung!
"Mum Nein. Ich möchte das nicht. Ich kann diesen Typen nicht mal leiden!" wehrte ich ab. Es tat mir ja leid, aber das war unter meiner Würde!
"Olivia. Du tust das! Hast du mich verstanden! Das ist mir und deinem Dad sehr wichtig. Wir haben vieles für dich aufgegeben. Jetzt kannst du auch mal etwas für uns tun. Findest du nicht auch?!" meinte Mum und schaute mich warnend an.
Ich hatte meine Mutter noch nie So gesehen! Sie war wie ausgetauscht. Und jetzt drohte sie mir auch noch! Konnte ich mich nicht glücklich mit meiner Mutter schätzen?
"Na schön!" gab ich nach. "Aber Heiraten werde ich diesen schmierigen Typen nicht", meinte ich halb scherzend, halb Ernst. Obwohl mir eigentlich nicht nach Scherzen zu Mute war.
"Danke Schatz. Ich bin so stolz auf dich!"
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