Halloween

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Ich blinzelte und öffnete die Augen, nur um sie gleich wieder fest zuzudrücken. Mann, ist das hell hier! Moment mal, wo bin ich denn überhaupt? Ich öffnete ein zweites mal die Augen, diesmal war ich allerdings auf die gleißende Helligkeit gefasst - und war umso überraschter, als ein breiter Schatten mein Sehfeld verdunkelte. "Hey, Vince! Sie wacht endlich auf!", sagte eine Stimme. "Na endlich, wir dachten schon, du wärst uns für immer verloren gewesen." Eindeutig die Stimme von Gregory Goyle. Dann allerdings kam noch eine weibliche Stimme dazu und beteiligte sich an der Konversation der beiden Jungs:"Nanana, Mr. Goyle, ich habe bis jetzt alle wieder hingekriegt! Und jetzt husch, weg hier, damit ich meine Patientin untersuchen kann. Ihr könnt vielleicht das Fräulein Luna und den Professor Lockhardt über ihren momentanen Gesundheitszustand informieren." Ich hörte das Murren von Vincent und Gregory, als sie sich auf den Weg aus dem Krankenflügel machten. Nun öffnete ich die Augen ganz und blickte in das kritische Gesicht unserer Krankenschwester. Sie betrachtete mich eine Weile eingehend und meinte dann:"Um ehrlich zu sein, ich hatte tatsächlich Sorge, ob ich sie durchkriege, sie hatten einen ziemlichen Schock als Sie hier ankamen. Aber jetzt scheinen sie ja wieder in Ordnung zu sein. Was hat Sie denn so beunruhigt?" Ich konnte ihr nicht antworten, denn bei dem Gedanken an die leuchtenden Augen meines Lehrers blieb mir erneut die Luft weg. "Ich... Ich...", stotterte ich und Madam Pomfrey nahm mich daraufhin besänftigend in den Arm. "Du musst es mir nicht sagen Kleines, aber ich kann dir sagen, dass du jetzt, wo du wieder vollständig rehabilitiert bist, dich ein wenig frisch machen solltest und dich dann hinunter in die Große Halle begeben, dann schaffst du es hoffentlich noch rechtzeitig zur Haloweenfeier!" Das lies ich mir nicht zweimal sagen. Vorsichtig stieg ich aus dem Bett, um nicht zu stürzen und machte mich mit unsicheren Schritten auf den Weg zu der großen Flügeltür am Ende des langgestreckten Saales. Als ich merkte, dass ich anscheinend wirklich wieder gesund bin, wurden meine Schritte sicherer. So gelangte ich schließlich in die Schlafsäle der Hufflepuffmädchen mit ihren gelben Wandbehängen. Ich schnappte mir meinen Kulturbeutel und machte mich sodann auf den Weg in de Waschräume.

Unten in der Eingangshalle warteten bereits Vincent und Gregory auf mich, die mir zuzwinkerten und sich dann auf den Weg in die Halle machten. Mir war klar, dass wir ziemlichen Ärger mit Malfoy hätten, wenn er herausbekommen würde, dass ich mit seinen beiden Handlangern befreundet bin. So ließ ich mich langsam von dem Strom der Schüler mitreißen, die in die Halle wollten. Endlich hatte ich es auch durch die Tür geschafft und suche mir einen Platz am Rande des Hufflepufftisches. Am Ravenclawtisch sitzt auch meine kleine Schwester Loony, auch sie ziemlich weit am Rande. Luna ist auch eine Außenseiterin, aber sie kann sich wenigstens bei Dad und den Lehrern beweisen, weil sie so eine ergreifenden Art hat und außerdem sehr klug ist. Aber ich bin auch klug und trotzdem hat Vater immer etwas zu meckern. Ich muss an Mum denken. Sie hat mir immer zugehört und war immer verständnisvoll und stolz auf mich. Aber da ging Luna noch nicht in die Schule und Dad hat mir noch nicht die Schuld an Mums Tod vor fünf Jahren gegeben. Ich verdrücke die Tränen, die mir bei dem Gedanken an meine Mutter über die Wangen zu laufen drohen und konzentriere mich auf die Gegenwart. Ich blicke über den Tisch hinweg zum Lehrerpult und stelle fest, dass Dumbledore bereits mit seiner alljährlichen Halloweenrede begonnen hat. "...ist noch eine letzte Sache zu sagen. Professor Umbridge, unsere Lehrerin für Verteidung gegen die dunklen Künste wurde heute durch den Zaubereiminister Fudge persönlich in das Amt der Großinquisitorin erhoben." Erst ist es still in der Halle, niemand klatscht, doch dann durchbricht das einsame Jubeln Draco Malfoys durch die Stille und daraufhin fangen alle an, zu klatschen. Umbridge steht auf und verbeugt sich leicht, wobei ihre Augenvor Anstrengung noch mehr hervorquellen, als sowieso schon. Dumbledore selbst scheint über diesen Erlass keineswegs glücklich zu sein und gibt mit einer resignierten Geste das Zeichen zum Start der Feierlichkeiten. Ich lasse meinen Blick noch ein mal über die Reihe der Lehrer wandern und stelle fest, dass auch diesmal wieder Lockhardts Blick auf mir ruht. Mit einem Schaudern wende ich mich ab und nehme mir ein Stücke Kürbispastete.

"Hast du gesehen, wie er mich angeschaut hat?" Samantha Griffels redet hysterisch auf ihre beiden Freundinnen Hannah und Tanja ein. Die drei sind mit in meinem Schlafsaal und reden fast jeden Abend über Jungs. Inzwischen habe ich gelernt, das auszublenden und einfach einzuschlafen, aber heute bin ich viel zu aufgewühlt, um einzuschlafen. Eins ist ganz sicher, Lockhardt macht mir Angst. Ich weiß nicht wieso, er ist schließlich immer freundlich zu mir, aber irgendwie geht von ihm eine Art unbestimmtes Grauen aus. Alleine schon, wie er mich ansieht, ist zum verrückt werden. Ich weiß aber auch nicht, wem ich mich anvertauen soll, denn ich habe keine beste Freundin, mit der ich einfach alles bereden kann. Wenigstens etwas, indem Luna nicht besser ist, als ich. Sie hat genauso keine Freundin wie ich. Aber das meine Leistungen genauso gut sind, wie die von Luna, will Dad nicht wahrhaben. Ich muss wieder an Mum denken. Wie gern würde ich ihre Umarmungen noch einmal spüren, ihre tröstenden Worte hören, wenn mich etwas bedrückt. Mir laufen heiße Tränen über die Wangen, doch diesmal versuche ich nicht, sie aufzuhalten. Ich gebe mich einfach meiner Trauer hin und stelle mir vor, wie meine Mutter mich zudeckt und mir ein kleines Gute-Nacht-Lied singt. Ich liege noch eine Weile da und lausche der imaginären Stimme in meinem Kopf und als ich an der Stelle ankomme, als Mum mir einen zarten Kuss auf die Wange drückt, weiß ich schon gar nicht mehr, obdas nun Traum oder Realität ist.

Gespaltenes Herz - ÜberraschungenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt