Mit einem Stöhnen erwachte die junge Frau. Langsam schaffte sie es, trotz der Kopfschmerzen, ihre Augen einen Spalt weit zu öffnen. Sie erkannte ihre Umgebung nicht und hatte auch nicht die Kraft, sich länger wach zu halten. Sie döste wieder ein.
Nur eine halbe Stunde später erwachte die Frau erneut. Dieses Mal bereitete das Öffnen der Augen ihr keine Mühe mehr. Über sich erblickte sie eine vertäfelte Decke, die ihr gänzlich unbekannt war. Sie hob den Kopf und wollte sich aufsetzen, scheiterte jedoch an der plötzlich einsetzenden Übelkeit und den mörderischen Kopfschmerzen. Sofort lehnte sie sich wieder zurück, schloss die Augen und wartete, dass die Übelkeit abebbte.
Einige Augenblicke später, als sich ihr rebellierender Magen wieder beruhigt hatte, schaute sie sich erneut um, dieses Mal etwas vorsichtiger. Sie stellte fest, dass sie auf etwas Weichem lag. Ein Bett, ganz offensichtlich.
"Wo bin ich denn jetzt?", brummte sie leise vor sich hin und versuchte vergeblich sich zu erinnern.
Ihr Kopf arbeitete noch nicht wieder richtig und sie schaffte es nicht, sich die vergangenen Stunden in Erinnerung zu rufen. Da war einfach nichts mehr da, keine Bilder, keine Gesichter. Das Grübeln verstärkte die Kopfschmerzen noch und ließ auch die Übelkeit zurückkehren. Trotz aller Beühungen schaffte sie es nicht, ihr Gehirn wieder voll funktionsfähig zu machen.
Sie horchte auf, als sie ferne Geräusche vernahm. Irgendwo außerhalb des Zimmers mit den zugezogenen Gardinen, die nur dämmeriges Licht durchließen, hörte die Frau das Klappern von Geschirr. Jetzt sang jemand, ganz offensichtlich ein Mann. Diese Stimme wurde langsam lauter, sie hörte Schritte vor der Tür und vernahm das quietschende Geräusch eines Schlüssels, der umgedreht wird.
Panisch versuchte die Frau, sich zu überlegen, wie sie sich jetzt verhalten sollte. Sich schlafend stellen, sich verstecken, auch wenn sie nicht wusste wo, oder sollte sie gar aufspringen und versuchen, ihren Wärter gleich zu überwältigen? Leider funktionierte ihr Kopf noch nicht wieder und so lag sie nur wie gelähmt mit weit geöffneten Augen auf dem Bett und starrte auf die sich öffnende Tür.
Im Dämmerlicht des Raumes machte die Frau zunächst nur einen Schatten aus, der sich schließlich als kräftiger Mann entpuppte. Der Mann war sicher 20 Jahre älter als sie selbst, war ziemlich groß gewachsen und wies eine sportliche Statur auf. Die Frau hatte ihn noch nie zuvor in ihrem Leben gesehen und konnte sich nicht vorstellen, was er von ihr wollte.
"Ah, mein Engel ist ja wach!", freute sich der Fremde.
Strahlend setzte er das Tablett, das er getragen hatte auf das Bett und wollte sich der jungen Frau nähern. Die wich entsetzt zurück bis in die hinterste Ecke des Bettes. Dieses Verhalten schien den Mann dann zu erstaunen.
"Warum gehst du jetzt weg? Du musst dich doch auch freuen, dass wir nun endlich zusammensein können. So wie du es dir seit unserem ersten Zusammentreffen gewünscht hast."
"Wer sind Sie? Was haben Sie mit mir vor?"
Die Frau überwand die Übelkeit, die sie wieder befallen hatte und sie giftete den fremden Mann an. Wie kam der zu dieser irrsinnigen Äußerung.
"Was ich mit dir vorhabe? Aber, mein Engel, das ist doch klar. Wir werden jetzt für immer zusammensein. Das wolltest du doch auch so. Ich habe das genau in deinen Augen gesehen."
Der Mann setzte sich jetzt ebenfalls auf das Bett und rutschte seiner Angebeteten hinterher. Die versuchte noch etwas weiter zurück zu weichen und umschlang ihre Beine schützend mit beiden Armen.
"Ich kenne Sie überhaupt nicht! Lassen Sie mich sofort wieder gehen und ich werde Sie nicht melden!", versuchte die Gefangene forsch auf zu treten, in der Hoffnung, dass der Typ vor einer selbstbewussten Frau doch zurückschrecken würde.
Diese Hoffnung wurde allerdings enttäuscht. Den Mann schien es überhaupt nicht zu stören, dass seine Auserwählten im Moment noch so gar keine Zuneigung für ihn erkennen ließ.
"Ich werde dich nicht gehen lassen, nie mehr! Da draußen ist es auch viel zu gefährlich für dich. Immer sind da diese Typen um dich herum, die sind nicht gut für dich. Ich liebe dich und werde dich beschützen. Du musst nie mehr zu diesen anderen Typen zurück. Wir werden für immer hier leben, werden heiraten und irgendwann zusammen sterben.", erläuterte der Mann ruhig und völlig von sich überzeugt.
Das Herz der jungen Frau begann zu rasen, während sie eine Panik in sich aufkommen spürte, die sie so noch nie empfunden hatte. Obwohl ihr Kopf noch immer streikte, war ihr vollkommen klar, dass sie dem Mann körperlich komplett unterlegen war. Sie würde keinerlei Chance haben, sich gegen ihn zu wehren, obwohl sie selber durchtrainiert war und ihr Job auch eine gewisse körperliche Fitness erforderte. Und psychisch schien der Kerl ja nicht wirklich in der Spur zu laufen. Diese Mischung aus kindlicher Naivität und Fanatismus trieb ihr den Angstschweiß aus der Haut.
Fieberhaft überlegte die Frau, wie sie sich aus dieser Situation befreien könnte, sie trieb ihren malträtierten Kopf zu wahren Höchstleistungen und die Kopfschmerzen nahmen dadurch immer weiter zu. Die einzige Möglichkeit, die sie sah, war irgendjemanden außerhalb des Hauses auf sich aufmerksam zu machen.
"Hier, ich habe dir etwas zum Frühstück gemacht. Du hast wirklich lange geschlafen. Iss!"
Angewidert drehte die junge Frau sich weg. Selbst wenn die Pbelkeit ihr nicht jeglichen Appetit geraubt hätte, würde sie nichts anrühren, was dieser Psychopath ihr hinstellte.
Der Mann merkte, dass seine Angebetete noch nicht gefügig war. Aber er konnte noch warten, im Moment jedenfalls noch. Er wollte ihr noch etwas Zeit lassen, bevor er ihr unmissverständlich klar machen würde, wer hier die Richtung bestimmte.
Polizeirevier Köln
"Morgen!"
Ober Kommissar Paul Richter betrat die Wache, um seinen Dienst zu beginnen. Er setzte sich zu seinen Kollegen in den Besprechungsraum und schaute fragend in die Runde. Statt der üblichen lockeren Gespröche herrschte heute eine bedrückende Stille.
"Hat sich schon irgendetwas ergeben?", fragte er seine Kollegen.
"Nein, nichts! Sie haben keine brauchbaren Spuren gefunden." , murmelte Marc Westerhoven leise.
"Das gibt es doch nicht! Sie kann doch nicht einfach spurlos verschwinden!"
DU LIEST GERADE
Der Unbekannte
FanfictionEine junge Frau schwebt in großer Gefahr und ahnt dies nicht.