Friend – Teil IV
Spock reagierte innerhalb von 0,0023 Sekunden.
In einer einzigen fließenden Bewegung stand er auf, holte mit zwei großen Schritten die Schlange ein, ergriff diese in einer schnellen Bewegung am Kopf und tötete das Tier durch ein kurzes Zudrücken von Daumen und Zeigefinger der rechten Hand. Sodann warf er die tote Schlange dorthin, wo er beim Betreten der Höhle die Ausrüstungstasche abgestellt hatte und kniete fast im selben Augenblick wieder neben Jim.
Ohne zu zögern nahm er dessen rechte Hand in seine, sah sofort den Abdruck von drei Zähnen, die die Schlange zweifellos in Jims Hand hinterlassen hatte. Die dumpfen, unfokussierten Wellen, die Jim in seinem bewusstlosen Zustand aussendete und die er aufgrund der direkten Berührung ihrer Hände spüren konnte, ignorierte er. Aus seinem eigenen Hemd riss er sodann einen Streifen blauen Stoffes heraus und band damit Jims Arm im Bereich des Oberarmes ab. Dann umschloss er die Bissstelle an Jims Hand mit seinen Lippen und begann, so schnell und kräftig er konnte zu saugen.
Er konzentrierte sich hierbei allein auf das Notwendige, nämlich das Heraussaugen des Giftes aus Jims Körper und unterdrückte das unlogische Unbehagen, das ihn dabei überkam. Denn auch, wenn der Berührung fremder Hände, insbesondere mit den eigenen Lippen, nach vulkanischem Standard eine intime, wenn nicht sogar sexuelle Komponente innewohnte, waren solche Gedanken hier völlig unlogisch und fehl am Platz. Das Gift musste aus Jims Körper heraus und es herauszusaugen war hierbei mangels anderer Alternativen die einzig erfolgversprechende Möglichkeit. Darüber hinaus war Jim ein Mensch, kein Vulkanier. Die menschlichen Hände waren bei weitem nicht so berührungsempfindlich wie die vulkanischen. Und in aller Regel maßen die Menschen einer Berührung der Hände auch keinerlei weitergehende Bedeutung bei.
Also saugte er weiter und nur wenige Augenblicke später spürte er, wie eine bitter schmeckende Flüssigkeit, vermischt mit dem metallenen Geschmack menschlichen Blutes in seine Mundhöhle floss. Er unterbrach das Saugen, wandte seinen Kopf nach links und spuckte das mit Blut vermischte Gift auf den Höhlenboden. Dann wiederholte er die Behandlung. So oft, bis er sich sicher war, kein weiteres Gift mehr aus Jims Blutkreislauf heraussaugen zu können.
Er sah in Jims blasses Gesicht, sah, dass dessen Augen noch immer geschlossen waren.
Er suchte nach Jims Puls. Und fand ihn – wenn auch deutlich schwächer als er gehofft hatte. Auch schien der Puls ein wenig zu flattern und allein diese Feststellung führte dazu, dass er eine gewisse Besorgnis nur schwer unterdrücken konnte. Noch einmal lockerte er seine Schilde, um über den noch immer bestehenden direkten Hautkontakt nach Jims Bewusstsein auszugreifen, konnte aber weiterhin nur dumpfe Wellen der Bewusstlosigkeit empfangen.
Obwohl ihm die Sinnlosigkeit seines Tuns bereits klar war, ließ er Jims Hand los und betätigte stattdessen seinen Kommunikator, nicht gewillt eine Möglichkeit, und sei sie auch nur höchstens theoretischer Natur, unversucht zu lassen. Und doch war er alles andere als überrascht, als sich Mr. Scott auf seine Versuche hin, diesen zu erreichen, nicht meldete.
Wieder wanderte sein Blick zu Jim, der noch immer bewusstlos auf dem Höhlenboden lag und die Augen geschlossen hatte. Wieder kontrollierte er dessen Puls nur um festzustellen, dass dieser unverändert war. Sachte rüttelte er Jim an dessen Schulter, versuchte diesen aufzuwecken, indem er dabei leise Jims Namen rief. Jedoch ohne Erfolg.
Und einen Moment lang erlaubte er sich nachzudenken.
Er hatte für den Augenblick alles getan, was er tun konnte, um das Leben des Captains zu retten. Es gab für den Moment nichts, was er noch hätte tun können. Der Captain bedurfte medizinischer Behandlung in der Krankenstation der Enterprise. Nur waren seine Möglichkeiten, den Captain auf die Enterprise zurück zu bringen, für den Moment ebenfalls äußerst beschränkt. Die einzige noch verbleibende Möglichkeit war, zum Eingang der Höhle zurück zu laufen um nachzusehen, ob sich der Sandsturm inzwischen bereits soweit gelegt hatte, dass er die Enterprise kontaktieren konnte. In einem solchen Fall wäre es für Mr. Scott auch möglich, den Captain und ihn an Bord zu beamen, sobald sie die Höhle und die nähere Umgebung des Berges verließen.
Noch einmal warf er einen Blick auf Jim, dessen Kopf mit dem noch immer blassen Gesicht auf dem Höhlenboden ruhte. Einem plötzlichen Impuls folgend zog er sein ohnehin schon zerrissenes blaues Hemd über den Kopf, nahm den Kommunikator ab, faltete das Hemd zusammen, hob Jims Kopf ein wenig an und schob das zusammengefaltete Hemd unter dessen Kopf.
Dann stand er auf, befestigte den Kommunikator an dem schwarzen T-Shirt, das er standardmäßig unter seiner Uniform trug, warf noch einen letzten Blick auf den Captain, drehte sich dann um, hastete so schnell er konnte durch die Höhle, in den Gang hinein, der aus dem Berg hinaus führen würde und eilte diesen Gang entlang. Schon nach wenigen Schritten hörte er, dass der Sandsturm mit weiterhin unverminderter Heftigkeit tobte. Trotzdem hastete er weiter, wollte sich mit eigenen Augen davon überzeugen. Doch bereits wenige Schritte von der Öffnung im Fels entfernt prasselten durch den Sturm in die Luft gewirbelte Sandkörner auf ihn ein. Durch ihre schiere Geschwindigkeit schienen die Sandkörner wie kleine Geschosse auf sein ungeschütztes Gesicht und seine nackten Arme einzuprasseln. Doch er ignorierte den Schmerz. Stattdessen ging er weiter, bis er den Spalt im Fels erreicht hatte, der nach draußen führte.
Ohne auf den Sturm und die Sandkörner zu achten machte er einen Schritt nach draußen, in den Sturm hinaus, hob unwillkürlich einen Arm schützend vor das Gesicht und betätigte erneut den Kommunikator. Doch wieder erhielt er keine Antwort von Mr. Scott. Er hatte auch keine erwartet. Der Sandsturm störte nach wie vor zuverlässig jede Kommunikation mit der Enterprise.
Daher beeilte er sich, wieder zurückzukehren in den Fels hinein und zurück in die Höhle, in der er Jim alleine gelassen hatte. Ohne eine weitere Sekunde zu verlieren, kniete er sich neben seinen Captain nieder und befühlte erneut dessen Puls, der zu seiner nur schwer unterdrückbaren Erleichterung ein wenig stetiger zu sein schien. Doch als er erneut in Jims Gesicht sah, musste er feststellen, dass dieses zwar weniger blass wirkte als zuvor, dass an die Stelle der Blässe allerdings eine ebenso ungesunde Röte getreten war. Ahnungsvoll wappnete er sich, bevor er die Stirn des Captains befühlte. Und tatsächlich – Jim glühte vor Fieber.
Erneut erhob er sich und war mit wenigen Schritten an der Ausrüstungstasche. Dort holte er eine der in der Tasche verstauten Wasserflaschen heraus, um sodann augenblicklich wieder an Jims Seite zu eilen und sich neben diesem nieder zu lassen.
Vorsichtig hob er Jims Kopf an, zog sein blaues Hemd hervor, riss einen weiteren Teil des Hemdes ab, bevor er den Rest wieder unter Jims Kopf bettete. Den abgerissenen Teil des Hemdes tränkte er sodann mit Wasser, vorsichtig darauf achtend nicht zu viel der kostbaren Flüssigkeit zu verschütten und begann neben Jim kniend die fiebrig glühende Stirn seines Captains mit dem feuchten Stoff abzuwischen.
Er befand sich seit genau 1,24 Stunden in dieser Position, als er plötzlich bemerkte, dass Jim sich bewegte. Sofort suchte er in Jims Gesicht nach Anzeichen dafür, dass dieser das Bewusstsein wieder erlangte. Und sah, wie Jim schließlich tatsächlich die Augen aufschlug, offensichtlich verwirrt umher sah und sich dann auf sein Gesicht konzentrierte.
Er legte das Tuch zur Seite und griff stattdessen nach der Wasserflasche, die noch immer neben ihm stand, stützte Jims Kopf, der noch immer auf den Resten seines Hemdes gebettet lag, ein wenig ab und führte die Flasche an dessen Lippen.
„Trinken Sie, Jim."
Jim nahm einen Schluck aus der Flasche, verschluckte sich, hustete, versuchte es erneut. Dann ließ er den Kopf erschöpft wieder zurücksinken.
„Spock... was... passiert?"
„Sie wurden von einer Schlange gebissen. Ich habe versucht so viel Gift wie möglich aus Ihrem Körper herauszuholen und die Ausbreitung des restlichen Giftes aufzuhalten."
„Enterprise..."
„Aufgrund des noch immer andauernden Sandsturms hatte ich noch keine Möglichkeit, die Enterprise zu kontaktieren, Jim."
„Spock... falls... sterbe... passen Sie... auf... Schiff... Crew...Auf Sie... verlassen..."
„Sie werden selbst auf Ihr Schiff und Ihre Crew aufpassen, Jim. Ich bin zuversichtlich, dass ich die Ausbreitung des Giftes in einem ausreichenden Maß aufhalten konnte, um eine spätere erfolgreiche Behandlung auf der Enterprise zu gewährleisten."
Er sah, dass Jim wieder erschöpft die Augen schloss.
„Spock... bleiben... hier?"
Wieder nahm er den feuchten Stoff auf und fuhr Jim damit über die kaltschweißige Stirn.
„Ich bin hier, Jim. Und ich werde bleiben."
Ein weiterer Blick in Jims Gesicht offenbarte ihm, dass sich dessen Lippen zu einem kaum erkennbaren Lächeln verzogen hatten, während die Bewusstlosigkeit wieder Besitz von diesem ergriff.
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T'hy'la
FanfictionNero ist besiegt, die Erde gerettet. Und auf Jim und Spock warten neue Abenteuer, denen sie sich Seite an Seite stellen müssen. Was wird die beiden so unterschiedlichen Männer erwarten? Eine epische Freundschaft? Oder hat das Schicksal etwas anderes...