Dorffest Teil 2

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Fünfzehn Jugendliche, von denen etwa die Hälfte eine Flasche Alk in der Hand hielt, radelten singend durch die Gegend. Man, gaben wir ein gutes Bild ab! Der Sonnenuntergang gab der Landschaft wundervolle Farbe. "Eine Runde Snapchat!", schrie eines der Mädchen und hielt ihr Handy so, dass alle hinter ihr zu sehen waren. Bevor sie auslöste, nahm Joschka meine Hand und hielt sie hoch, damit man ja sehen konnte, dass ich zu ihm gehörte. Mein Lenker scherte etwas aus, ich fing mich aber wieder und wir fuhren weiterhin Hand in Hand. Es war äußerst interessant, zu sehen, wie Joschka vor anderen Leuten zu mir war. Wir unterhielten uns zwar nicht viel, aber alle hatten spätestens jetzt gerafft, dass wir zusammen waren. Es war komisch, das zu hören, aber es hörte sich wiederum so verdammt gut an.
"4,50€ macht das dann, da drüben kannst du dir bei dem jungen Mann einen Stempel abholen.", erklärte mir der Kassierer. Nicht alle Dorffeste waren gratis und aus der Erfahrung waren die Gratis-Dorffeste sogar besser. Hier war das allerdings egal, ich hatte schließlich Joschka und die anderen tollen Leute dabei. Wir hatten schon in der Ferne die Musik der Coverband gehört und schief mitgesungen, doch jetzt war die Stimmung erst richtig da. Als einer unserer Jungs sich auf zum Tanzzelt machte, folgten wir ihm alle. Die Tanzfläche war gefüllt, doch trotzdem kam sich nur selten jemand in die Quere. Joschka begann, mit mir zu tanzen. Meine Füße schwebten förmlich über den Boden, hier eine Drehung und da ein Grinsen meines wunderbaren Gegenübers. Nach einer Weile wurde uns viel zu warm. Durch den Sommer war es ohnehin warm und tanzen war da nicht unbedingt förderlich, also verließen wir Händchen haltend wieder die Tanzfläche. Die Mädchen und Jungs unserer Truppe standen an einem Weiher und tranken den mitgebrachten Schnaps. Zu unseren Leuten hatten sich noch ein paar andere Leute gesellt, die ich nicht kannte. Sie schienen Joschka zu kennen und begrüßten ihn. Ich blieb am Kreis stehen und Joschka suchte sich seinen Platz etwa 5 Meter gegenüber von mir. Auf einmal schenkte er mir überhaupt keine Beachtung mehr. Man reichte mir den Schnaps und ich nahm einen kräftigen Schluck. Sofort wurde mir warm und ich spürte, wie meine Lippen sich immer weicher anfühlten. Alle unterhielten sich mit mir, nur Joschka schaute mich nicht an und sagte kein Wort zu mir. Nach einer Stunde reichte mir sein verachtendes Verhalten. Allein lief ich vom Festplatz, ging zu meinem Fahrrad und fuhr langsam los. "Wenn Joschka jetzt nicht kommt, rufe ich Caren an, um zu fragen wo sie ist und um bei ihr zu schlafen.", dachte ich. Etwa 100 Meter hatte ich hinter mir, als mir jemand hinterherrief. Beim Umdrehen sah ich schon, es war Joschka. "Luna, warte auf mich!", schrie er. Scheinbar war er wütend, doch warum, wusste ich wieder nicht. Schließlich hatte ich allen Grund, auf ihn sauer zu sein. Die Pedalen trat ich nur noch langsam, um Joschka die Chance zu geben, mich einzuholen. "Warum gehst du denn jetzt schon!?", fragte er entsetzt. "Du schaffst es wirklich, mich eine Stunde lang komplett zu ignorieren.", sprach ich in ruhigem Ton und schaute ihn an. "Du bist so eine Zicke!", schnauzte er. Es brach mir das Herz. Ich schaute weg und merkte, wie mir die Tränen in die Augen stiegen. Wortlos fuhren wir den ganzen Weg zu ihm. Lieber hätte ich jetzt im Straßengraben geschlafen, als bei Joschka. Dieses hasserfüllte Schweigen war unerträglich.
In seinem Zimmer angelangt, legten wir unsere Sachen ab und zogen uns um, aber weiterhin sagte niemand einen Ton. Joschka legte sich ins Bett und ich folgte. Er drehte sich zur Wand und zog die Decke zu sich. Sein Bett war höchstens einen Meter breit und wir schafften es trotzdem so zu liegen, dass wir uns nicht ein bisschen berührten. Eine kurze Zeit später war Joschka auch schon eingeschlafen. Auf seinem Nachtisch stand eine Digitaluhr, die die Uhrzeit an die Dachschräge über mir projizierte. Die Uhrzeit brannte sich förmlich in meine Augen: 01:41; 01:48; 02:15... 04:23. Hin und wieder drehte ich mich und weckte damit Joschka auf. Jedes Mal schien er sich noch mehr in seine Ecke zu zwängen. 05:36. Das letzte Mal schaute ich auf die Uhr, bevor ich in einen unruhigen Schlaf fiel.
Blinzelnd stellte ich beim Aufwachen fest, dass die Sonne schon aufgegangen war. Joschka lag neben mir und guckte sich eine von diesen äußerst "geistreichen" Sendungen im Fernsehen an. Ich schaute ihn an und legte einen Arm liebevoll auf seinen Oberkörper. Ohne jegliche Reaktion starrte er weiter auf seinen PC. Müde schloss ich wieder meine Augen und versuchte, weiterzuschlafen. Nach 5 Minuten nahm Joschka meinen Arm und legte ihn einfach total emotionslos wieder neben mich. "Gehst du um 11 Uhr?", fragte er. "Ja.", antwortete ich und stand auf, um mich anzuziehen. Nun war es 10.15 Uhr und Joschka stichelte: "Naja, was bringt es jetzt noch, hier eine Dreiviertelstunde rumzusitzen." "Da hast du dir ja die billigste Ausrede ausgedacht, um mich rauszuschmeißen.", dachte ich und verließ das Haus.

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