Kapitel 14

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Freitag, der 25.9.
Ich sitze in der Schule, alleine auf meinem Platz in der hintersten Reihe. Hannah und Sophie sind heute beide nicht da, was vielleicht daran liegt, dass so ein Typ aus der Parallelklasse gestern Geburtstag hatte und die beiden natürlich keine Feier auslassen. In der Hinsicht unterscheiden wir uns einfach total.
Sie sind beide irgendwie sauer auf mich, obwohl ich nichts getan hatte, aber scheinbar hat Sophie die Geschichte schon so verdreht erzählt, dass auch Hannah jetzt total gegen mich steht.
Ehrlich gesagt fängt es schon an, mir irgendwie weh zu tun, denn die beiden sind so ziemlich die einzigen, die ich noch hatte. Es ist Freitag, der 25.9. und mittlerweile ist das ganze ja fast eine Woche her. Auch Collin habe ich die Story grob erzählt und er war mega besorgt und versteht Hannah und Sophie auch nicht. Echt süß, dass er immer so fürsorglich und besorgt ist.

Seit der Veranstaltung am Dienstag habe ich diesen Jungen nicht mehr gesehen, wahrscheinlich ist er krank und kommt erst nächste Woche wieder. Vielleicht sollte ich ihn dann mal nach seiner Handynummer fragen, denke ich.

Als es zur Pause klingelt, bin ich die letzte, die den Raum verlässt. Ich packe noch meine Sachen zusammen, als der Lehrer ungeduldig in der Tür steht und wartet, um hinter mir die Klasse abschließen zu können.
"Jetzt mach doch endlich! ", ruft er sauer. Er schreit schon fast.
Es ist Herr Meyer, mein Musiklehrer. Er ist so eine Sache für sich und kann mich absolut nicht leiden.
Ich versuche mich zu beeilen und er ruft erneut, dass ich endlich machen solle.
Wie ich diesen Satz hasse. Damals, als ich noch mit Florian zusammen war, hat er es immer gesagt, weil er mit mir schlafen wollte und er mich immer wieder aufforderte, mich auszuziehen und es zu tun. Er hat versucht, mich zu erpressen mit Nacktbildern, dass wenn ich ihm keine schicke, er allen erzählen wird, dass ich mich selbst verletze und meine Mutter arbeitslos ist.
Ich habe Schluss gemacht und versucht, mich so gut es geht von ihm zu distanzieren. Das ganze ist jetzt fast ein halbes Jahr her und nach seinem Abschluss im Juni habe ich ihn nicht mehr wieder gesehen, bis ich auf die Party kam.
Bei der Erinnerung steigen mir vor Schmerz und Enttäuschung Tränen in die Augen.
"Na jetzt mach doch endlich Marie! ", schreit er jetzt schon völlig genervt.
Ich nehme meine Tasche und renne aus dem Raum, die Treppe runter zu den Toiletten.
Ich möchte mich einfach nur dort einschließen und alleine sein, am liebsten zur Klinge greifen, aber dazu kommt es nicht.
Noch im Flur stehen plötzlich Timo, Maik und Noah hinter mir und halten mich an den Schultern fest.
"Na, ist die Überraschung gelungen? ", grinst Maik dreckig und ich spüre, wie ich allmählich richtig Panik kriege.
Sie kommen näher und drängen mich an die Wand.
"Gib dein Geld", fordert Timo mich auf und ich starre ihn nur an.
"Mach doch endlich, du dummes Ding!", erwidert Noah und alle drei grinsen böse.
Dann drücken mich Timo und Maik an die Wand, während Noah sich meine Tasche nimmt und sie ausschüttet.
"Lass das!", schreie ich, so laut ich kann, aber sie lachen nur.
"Schnauze, du kleines Opfer", sagt Maik Böse.
Ich weine und schluchze, aber das stört sie nicht. Im Gegenteil, sie fangen wieder an, sich noch mehr zu amüsieren.
"Ohhh jetzt heult die arme Kleine auch noch", grinsen sie.
"Und dein toller Aufpasser ist auch nicht hier. Was willst du denn jetzt machen? ", fragt Timo spöttisch und lacht.
"Lasst mich doch einfach endlich in Ruhe! Nehmt mein Geld, aber dann geht einfach!", schreie ich, in  der Hoffnung, dass mich jemand, wenn nicht sogar dieser Junge, hört. Aber niemand kommt.
Noah wirft meine Tasche hin und tritt sie in meine Richtung.
"Ich hab's jetzt. 20€ sind ja schon mal ein Anfang ", grinst er gemein und die beiden lassen von mir ab.
Ich bin froh, dass sie weg gehen, als sich plötzlich Maik noch mal zu mir dreht und mir in den Bauch boxt.
Ich breche vor lauter Schmerzen weinend auf dem Boden zusammen und sitze wie ein Haufen Elend zwischen meinen Büchern und Heften auf dem Boden.
Ich spüre, wie sich mein Magen zusammen zieht und mir übel wird. Ich will aufstehen und mich auf einer der Klos übergeben, aber ich kann nicht aufstehen.
Ich sitze dort auf dem Boden und weine, als ich plötzlich höre, wie jemand die Treppe herunter kommt. Ich zucke vor Schreck zusammen und will so schnell es geht nur weg, aber die Schmerzen sind zu stark.
Dann sieht mich Frau Gerche mit einem erschrocken Blick an und rennt sofort auf mich zu.

"Mach doch endlich!"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt