Kapitel 5 - Neubeginn (4)

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„Heißt, du bliebst erst mal in eurem Haus wohnen?" Er nickte. „Es ist so zusagen mein Rückzugsort für den Fall, dass wir uns fetzten." Das beruhigte mich. Er nannte das Haus ‚Rückzugsort' nicht ‚Zuhause'.

„Tunfisch mit Reis?" Der Engel nickte. Eine Viertelstunde später hockten wir am Esstisch. Normalerweise war ich ein miserabler Koch. Einfache Gerichte wie dieses bekam, aber sogar ich gerade noch hin.

„Schmeckt's?" Plötzlich war da die Stimme meiner kleinen Schwester. Zeitgleich drehte sich unsere Köpfe zur Tür. Dort stand sie mit verschränkten Armen. Ihr treuer Begleiter, die Reisetasche, stand neben ihr auf dem Boden. „Und meine Portion?" „Im Ernst, Sam? Du hast hier deine eignen vier Wände." Sie zuckte unbeeindruckt mit den Schultern. „Ein kleiner Dank, dass ich euch beiden Vollidioten geholfen habe, ist also nicht drin?" Seufzend holte ich einen dritten Teller und teilte den Pfanneninhalt auf drei statt zwei Portionen auf. Phil schmunzelte mir aufmunternd zu. „Wir haben uns wirklich noch nicht bedankt.", wandte er sich an sie, „Das war sehr unhöflich. Du nimmst das hoffentlich nicht persönlich." Sam lächelte charmant zurück. „Kein Problem. Ich bin sehr reizbar, wenn ich Hunger habe. Unsere Airline macht Einsparungen beim Personalessen." Sie nahm eine Gabel voll in den Mund. „Hm. Lecker!"

Meine Schwester hatte zum Glück den Anstand sich nach dem Essen zurückzuziehen. Wir setzten uns vor den Kamin. Draußen folgen vereinzelt Schneeflocken vom Himmel. Die Uhr zeigte neunzehn Uhr. „Kuscheln vorm Kamin.", murmelte Phil, der seinen Kopf auf meiner Schulter gelegt hatte, „Wie ein Déjà-vu." „Nur mit anderem Ausgang, hoffe ich." Mein Engel lachte. „Uns kann keiner mehr etwas tun.", versprach er, „Was soll uns schon passieren?"

Am nächsten Morgen weckte uns Sam unsanft auf. „Hey! Steht sofort auf!", brüllte sie aufgebracht durchs Haus. „Man, was ist denn los?!", knurrte ich zurück. Wie sehr ich es hasst aufgeweckt zu werden! „Der ganze MC steht auf dem Hof! Ich weiß nicht, was das werden soll!" Sofort war ich hellwach. Das war es also. Das ausgebliebenen Donnerwetter.

***

Auch Phil war sofort wach. Sein Teufelchen hechtete vom Boden auf und starrte aus dem Fenster. „Ihr beide bliebt hier bis ich euch hole!" Schon rannte er zur Haustür. Diesen Alleingang würde Phil ihn garantiert nicht durchgehen lassen. Schnell lief er seinem Teufel hinterher. „Was machst du denn?" „Ich weiß, was ich tue! Geh' rauf in deine Wohnung und tu so als wärst du nicht da!" Wütend knurrte sie hinter ihm, schlich dann aber die Treppe hoch.

Mit einem vorsichtigen Blick durch das Fenster checkte er die Lage. Marc stand zu nah am Haus um ihn von seiner Position aus zu sehen. Dafür das ganze Charter. Alle fixierten einen zentralen Punkt. Phil musste davon ausgehen, dass dieser Punkt Marc war. Panik kam in ihm auf. Bei Ben war er sich fast sicher, dass er seinen liebsten Teufel etwas antuen würde. Aber die anderen...

Eilig öffnete er die Haustür. „Also. Was sagst du dazu?", fragte Ben an Marc gewandt. „Ähm, ja." Der Teufel klang überrascht. Phil fühlte sich überrumpelt. Was genau passierte hier gerade? „Unter einer Bedingung.", wandte Marc ein, „Ich will keinen blöden Spruch hören!" Kurz tauschte Ben mit seinen Brüdern einen Blick. „Siehst du jemanden lachen? Keine Sorge. Niemand wird Scherze über euch machen.", bestätigte der Präsident, „Aber vielleicht solltest du deinen Freund aufklären." Überrascht dreht sich Marc zu mir um und lachte dann los. „Komm her." Phil folgte seiner Aufforderung. Marc zog ihn in seine Arme und gab ihm einen langen, sanften Kuss. „Ich liebe dich.", wisperte sein Teufel. „Ich dich mehr."

583 Wörter

Das zweite LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt