Die Einladung

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Es kam nicht einmal überraschend. Tief im Inneren habe ich es schon immer gewusst und nun halte ich diese Einladung tatsächlich in den Händen. Eine Mischung aus Verzweiflung und Unglauben strömt durch meinen Körper und erreicht meine Augen, die sich mit Tränen füllen. Bevor die ersten Tropfen auf dem Boden ankommen können, beschwöre ich meine imaginäre Hand hervor. Das ist ein Zauber, den man lernen muss, um die Kriegsmagie richtig zu beherrschen. Ich verkleinere die imaginäre Hand, führe sie zu den Tränendrüsen und verstopfe sie mit kristallisiertem Wasser, die ich mir durch Magie parallel aus der Luft gekühlt habe, während ich die Zeilen der Einladung immer wieder und immer wieder durchlese;

Sehr geehrte Frau Rinkan James-Gruber,

Als eines der besten Zauberer und Hexen des Zentrums dürfen wir sie herzlich dazu gratulieren, dass sie zu den jährlichen Wizard Games als Teilnehmerin und Wettkämpferin eingeladen sind. Zu den Vorzügen und Annehmlichkeiten der Teilnehmer gehören kostenfreie Unternehmungen in allen öffentlichen Betrieben so wie freier Zugang in allen virtuellen Zweit- und Drittwelten. Als Bonus erhalten sie weitere 100.000 Mark für anstehende Umstände und anfallende Kosten. Bitte bestätigen sie die Teilnahme an den Wizard Games im nachfolgenden Abschnitt:

Bitte ankreuzen:

Ich bestätige die Teilnahme an den Wizard Games.......................................[  ]

Ich bestätige nicht die Teilnahme an den Wizard Games..............................[  ]

Ich bin gehindert an den Wizard Games teilzunehmen.................................[  ]  Grund:______________________________________

Die Regierung des Zentrums freut sich immer über Teilnehmer aus der Schule der ersten und zweiten Ordnung.

Ich beschwöre mit der imaginären Hand Schmutzpartikel aus der Luft und schmiere sie an der Stelle, wo man die Teilnahme nicht bestätigt. Ich will die Wizard Games nicht bestreiten. Das würde an Selbstmord grenzen. Ich stopfe den Brief zurück in den Karton, schiebe ihn durch den Postschlitz und wische ihn hinfort. Durch die Winde, die ich erzeuge, trägt es den Karton bis in das nächstgelegene Postzentrum. Ich seufze. Meine Hände zittern noch ein wenig, doch meine Beine finden wieder genug Halt, um in mein Bett zu laufen und in die Decke hineinzuschlüpfen. Meine Augen fallen vor Müdigkeit zu.

Am nächsten Morgen werde ich durch ein Klingeln an der Tür geweckt. Genervt und übermüdet steige ich aus der weichen und warmen Decke in die unangenehme Kälte der Wohnung. Mit wenigen Schritten bin ich an der Tür angekommen. Ich spüre zwei Männer in Anzügen vor der Tür. Der Eine ist etwas aufgeregt und hatte vor kurzem Streit. Wahrscheinlich mit seiner Frau. Der Andere hatte vor kurzem offensichtlich Zwiebeln gegessen. Sein Atem braucht keine Magie, um das zu spüren. Ich bin verunsichert, ob ich die Tür aufmachen soll. Schließlich ist es noch Morgens. Ich könnte so tun als ob ich noch schliefe, oder einfach vorgeben, ich sei bei einer Freundin übernachten gewesen. Schließlich sind es Menschen vor meiner Tür. Sie können mich nicht durch Magie durch die Tür spüren. Ich laufe mit kleinen, leisen Schritten-

-BAAAAMMMMMMM

Ich erschrecke mich und gebe unkontrolliert einen kleinen Schrei von mir. Die Tür wurde von dem Mann, der Streit mit seiner Frau hatte, eingeschlagen. Seine Glatze ist schweißdurchtränkt und sein Bart ziert einen unerfreulichen Mund. Der Zwiebelmann, der andere Typ im Anzug muss sich leicht beugen, um mich sehen zu können. Er schiebt seinen wütenden Kameraden zur Seite und schreitet in das Zimmer hinein. Er sieht sich in der kargen ein-Zimmer-Wohnung um; Ein Bett, ein Schrank, Ein Spiegel, eine kleine Küche ohne Tisch. "Wie geht es ihnen denn, Miss?", fragt er überraschend gut gelaunt. Meine Augenbrauen sacken nach unten. "Ich-Ich wollte gerade die Tür aufmachen". Ich schlucke, als ich die komplett demolierte Tür sehe. Das wird bestimmt sehr teuer. "Wir sind Regierungsvertreter und gekommen, um mit dir das mit den Wizard Games zu besprechen", sagt er Zwiebelmann freundlich und setzt sich auf den Boden hin, weil er keine Stühle sieht. Der andere Streitmann setzt sich neben den Zwiebelmann hin. "Was wollt ihr?", frage ich sie und setze mich ihnen gegenüber. "Wir wollen, dass du das mit den Wizard Games überdenkst. Die Wizard Games bieten dir eine gute Gelegenheit Protektorin zu werden", verspricht der Zwiebelmann. Woher weiß er das mit den Protektorenwunsch? Er grinst wissend. "Wir wollen nur das Beste für dich", sagt er mit Nachdruck. Ich schüttele den Kopf. "Nein, ich werde daran nicht teilnehmen. Niemand ist je wieder lebend aus den Wizard Games herausgekommen", kontere ich. Der Zwiebelmann lacht leise und kurz. Es scheint, als würde er das öfters hören. "Natürlich sind das Umstände, die wir nicht kontrollieren können. Aber niemand hat gesagt, dass die fünf Gewinner jedes Jahr gestorben sind. Vielleicht leben sie ja außerhalb des Zentrums in der Wüste". "Unmöglich. DIe Monster fressen einem auf". "Aber wenn du bei den wizard games teilnimmst, dann gelangt deine gesamte Familie in Ruhm. Das wäre doch schön, nicht?", fragt er. "Ich habe keine Familie", berichtige ich ihn. Er nickt kurz emotionslos und blättert in seinem Aktenordner herum. Ich beschwöre ein imaginäres Auge, das sich zum Ordner bewegt und kurz darüber stehen bleibt, um Blick in den Ordner zu gewähren; oben auf dem Ordner steht ganz groß Rinkan James-Gruber. Schule erster Ordnung. Im Zentrum geboren am 10.01.3000. Familie:kriminell, verbannt. Weiter laß ich nicht. Mein Ordner scheint sehr dünn zu sein. "Also, aber sie haben eine steile Karriere vor ihnen. Die wollen sie doch nicht verpassen, oder?-", fragt er und blättert in seinem Ordner herum, "-Wäre doch schade, wenn deine Zukunftsaussichten auf einmal verschwinden würden, oder?", ergänzt er ironisch und sieht mich durch seinen gläsernen Augen an. "Ich hätte doch keine Zukunft mit der Einladung", sage ich ein wenig provokant. Meine imaginäre Hand reckt sich instinktiv aus, um dem Zwiebelmann zu schlagen und ihn hinauszuwerfen mitsamt seinen Kollegen und Aktenordner. Doch im letzten Moment zügele ich mich und atme aus. "Sie müssen es positiv sehen. Ihre Punktzahl ist in der praktischen Magie von allen magischen Schülern die mit Abstand beste". Ich war schon immer gut in der Kriegsmagie. Würde ich die Küchenmagie genauso gut beherrschen wie die Kriegsmagie, wäre ich keine Schülerin mehr, sondern eine wahrhaftige Hexe. Eine sehr mächtige Hexe noch dazu. Doch in der Küchenmagie habe ich sehr starke Hemmungen. "Man sagt, du seist eine sehr mächtige Hexe". Ich nicke. Das höre ich häufig. Der Zwiebelmann steht ruckartig auf, sieht auf seine Uhr und zieht seinen Kollegen hinter sich her. "In einer Stunde kommt ein Mann, der die Tür reparieren wird", ruft er noch, bevor er sich ganz plötzlich verzieht. Ich drehe mich um und springe auf mein Bett. Dort angekommen drehe ich mich um und rufe mir Eliza in mein Gedächtnis. Durch die Kriegsmagie kann man auch so etwas wie Gedächtnissprachkommunikation betreiben. Und das beste daran ist, dass niemand auf diese Gespräche zugreifen kann und es wird niemals aufgezeichnet. Eliza ist ebenfalls wach. "Eliza?", frage ich. Sie scheint zu weinen. Dabei könnte sie doch genauso gut wie ich ihre Tränendrüsen schließen. "Ich wurde eingeladen", schnieft sie. "Du auch...", murmele ich und drehe mich in der Decke herum. "Du wurdest auch eingeladen, oder?", fragt sie und schluchzt. "Ja", wispere ich knapp. Meine Hände ruhen auf meinem Bauch, was vor Hunger grummelt. "Ich weiß es klingt komisch, aber als ich eingeladen wurde, war das Einzige, was ich denken konnte ist, dass du auch eingeladen wurdest. Du warst schließlich schon immer besser in der Schule gewesen als ich", seufzt sie.





ZAUBERER FLOSKELN*:

Schwarze Magie = verbotenes, Flüche, Verbannung

Weiße Magie = ausschließlich Schutzzauber

Hexensteine = Steine, mit der man seine Magie um 10x vergrößern kann. Schwarze Magie


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⏰ Last updated: Jul 06, 2017 ⏰

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The undefeated Wizard Games - BUCHSCHOKOLADEWhere stories live. Discover now