Innerhalb von zwei Tagen haben wir alle Materialien zusammen, welche wir für die spezielle Mischung brauchen. Wir schickten Hjalte zu einer Quelle in Norwegen, welche bekannt ist für ihr speziell sauberes Wasser, das Gold habe ich möglichst rein hergestellt und verflüssigt. Ariane trieb einen Meteoriten auf dem Schwarzmarkt auf, welcher von vier Erdbändigern zu hauchfeinem Pulver verarbeitet wurde. Shannon bekam von einem alten Bekannten einen Stern, welchen sie mit einem Zauber zu Staub verarbeitete. Das Schwierigste war tatsächlich das Blut von Sterblichen, denn diese mussten es freiwillig hergeben. Ich dampfte dafür nach Istanbul, um Adila zu fragen. Meine Erklärung: ein technisches Experiment zur Verknüpfung der DNA mit der IP-Adresse. Mir fiel nichts besseres ein, aber sie war sofort dabei. Shannon, welche die einzig andere mit Menschenkontakt im Regierungsrat ist, besuchte ihre 'Hexenfreundin' Riova und überredete ihre Buchhandlungshilfe Kathy McDean zur Blutspende.
Der Tag der Ritualvollziehung steht also null Komma nichts vor der Tür. Wir holen die Verurteilten aus ihren Verliesen und setzen sie in einer Reihe in einem kleinen Saal im Serima Tower nebeneinander. Zwei Richter sind ebenfalls dabei, damit sie bezeugen können, dass wir genau das machen, was in der Medienmitteilung kommuniziert wurde. Die Inhalte werden in einer grossen Kristallschale vermischt, es beginnt zu rauchen und qualmen, kleine Funken sprühen um die Schüssel herum und es beginnt zu zischen. Es ist verdammt laut, obwohl es nicht mehr als vier grosse Spritzen füllen wird. Die Spritzen bestehen übrigens aus purem Iridium, die Nadel ist zusätzlich mit Platin überzogen. Aaron, Arianne, Shannon und Thiron nehmen sich je eine Spritze und füllen sie gleichzeitig an der Kristallschale auf. Ich habe mich nicht zur Verfügung gestellt, um das Ritual zu vollziehen. Denn sobald es getan ist, bin ich die letzte Älteste unseres Stammes und ich will mir auf keinen Fall von den anderen irgendwelche Vorwürfe anhören. Shannon hat sich vor Hektor gestellt, Ariane vor Caasi, Thiron vor Jal und Aaron knöpft sich Resul vor. Die Richter prüfen ein letztes Mal die Situation und verlassen dann den Raum. Louis gibt das Zeichen um anzufangen und kontrolliert mit seinen Rauchschwaden die Arme der vier. Konzentriert werden die Nadeln in die Venen gedrückt und langsam bahnt sich die Flüssigkeit von alleine einen Weg in den Blutkreislauf. Gebannt starren wir auf die Adern der Alchemiemagier. Sie beginnen zu pulsieren, dann leuchten sie einmal hell auf und werden dann tief schwarz, als würde das Blut gerinnen. Hektor, Caasi, Jal und Resul klappen zusammen und bleiben regungslos liegen. Ich kontrolliere ihren Puls, alles gut und noch da. «Ich werde sie in ihre Heimatländer bringen bevor sie erwachen.» Die anderen nicken und ich öffne eilig ein Portal nach Ägypten. Dort platziere ich Hektor, mit Pass und allem möglichem, was wir bereits im Voraus zusammengestellt haben, damit sie nicht identitätlos erwachen. Dann ein Portal nach Russland, wo Resul herkommt, Caasi nach Italien und Jal nach Frankreich. Ich werde mich im Auftrag des Regierungsrates in den ersten zwei Jahren alle paar Monate nach den vieren erkundigen, danach noch sporadisch. Und das wars mit meinen Regierungstätigkeiten. Wir kehren in den Raatssaal zurück und alle unterschreiben die Lancierung zu den Neuwahlen in der ganzen magischen Welt. Das wird ein halbes Jahr dauern und so lange sind die Regierungsgeschäfte sistiert. Dabei muss man anmerken, dass ein halbes Jahr in der magischen Welt gefühlte zwei Wochen sind, weil Zeit für uns keine Rolle spielt. Deshalb wird die Regierung für diese Zeit auch einfach stillgelegt.
Endlich befreit! Jetzt haben wir endlich Zeit richtig um Zagh, meinen armen kleinen Raben, zu trauern. Shannon und Alyn helfen mir bei den Vorbereitungen für die Beerdigung. Es war Zaghs ausdrücklicher Wunsch, dass er seine letzte Ruhestätte irgendwo im Norden haben wird. Und genau das wir er bekommen. Zusammen mit Shannon hab ich eine Tour durch das nördliche Skandinavien unternommen, um den perfekten Ort zu finden. Hoch oben, am nördlichsten Ende Norwegens finden wir Ihn endlich. Es ist bereits dunkel als wir die Stelle erreichen. Die Klippe ist Teil eines Fjords. Zagh hat die Fjorde Norwegens immer geliebt. Genauso wie die Nordlichter, welche man von hier aus ebenfalls sehen kann. Mit wehenden Haaren stehe ich am Rand der Klippe. Shannon, die ebenfalls aus dem Schneemobil gestiegen ist, kommt auf mich zu. Ich drehe mich zu ihr um. «Das ist es.» Verkünde ich. «Hier würde es Zagh ganz bestimmt gefallen.» Shannon nickt. «Da habe ich keine Zweifel. Es ist atemberaubend.» Wir stehen noch eine Weile so da, bis wir uns auf den Rückweg zum Dorf machen, indem Hjalte wohnt. Er hat uns freundlicherweise sein Haus als Basiscamp zur Verfügung gestellt.
Zwei Tage später stehe ich wieder am Fjord. Diesmal ist nicht nur Shannon dabei, sondern auch Alyn, Chaka, Salem und Hjalte. Ich wollte die Beerdigung klein und familiär halten und habe nur die eingeladen, die Zagh auch wirklich gekannt haben. Etwas abseits der Klippe wurde bereits ein Scheiterhaufen errichtet. Ich habe mich entschieden Zagh einäschern zulassen und seine Asche zu verstreuen. Es wid bereits dunkel. Hjalte legt mir eine Hand auf die Schulter. «Es ist Zeit.» Sagt er. Ich atme nochmal tief ein und aus, nicke und folge Hjalte zum Scheiterhaufen. Alyn trägt einen kleinen Sarg auf dem Arm, in dem mein Rabe seit seinem Tod gelegen hat. Dank Alyns Magie, sieht er völlig unversehrt aus. Man könnte meinen, dass er nur schläft. Vorsichtig hebe ich den kleinen Körper aus dem Sarg und lege ihn auf den Scheiterhaufen. Dann tritt jeder der Anwesenden einzeln vor, um sich zu verabschieden. Als ich als letzte neben dem Scheiterhaufen stehe kullert mir doch noch eine Träne über die Wangen. Im Flüsterton verabschiede ich mich. «Na mein Kleiner. Ich hoffe dir gefällt deine letzte Ruhestätte. Ich bin mir sicher, du sitzt gerade in Walhalla mit den Göttern an der Tafel und bist glücklich. Das wünsch ich mir jedenfalls. Ich habe denen Wunsch respektiert und dich nicht wieder zum Leben erweckt. Aber es ist mir verdammt schwer gefallen. Du fehlst mir. Uns allen. Aber ich bin Dankbar für die Zeit, die ich mit dir verbringen durfte. Mehr als 2000 Jahre waren es. Und in all den Jahren hast du mich nie im Stich gelassen. Ich weiss nicht, was aus mir geworden wäre, wenn du nicht gewesen wärst. Aber ich wäre ganz bestimmt nicht die Person, die ich heute bin. Und dafür will ich dir danken. Du wirst auf Ewig einen Platz in unseren Herzen haben. Machs gut mein Kleiner. Ich liebe dich.» Damit hauche ich einen sanften Kuss auf seine Stirn und trete dann vom Scheiterhaufen zurück. An die anderen gewandt sage ich: «Zagh war der beste Freund den man sich vorstellen kann und ich glaube ich spreche hier für alle, wenn ich sage, wir werden Ihn vermissen. Doch jetzt ist es Zeit, ihn auf seine letzte Reise zu schicken. Shannon?» Wortlos tritt die Hexe vor und setzt mit einem Fingerschnipp das Holz in Brand. Schweigend beobachten wir, wie sich die Flammen durch das Holz fressen und schliesslich Zaghs Leichnam erreichen. Als das Feuer komplett abgebrannt ist, aktiviere ich meine magische Tinte und trenne so Zaghs Asche vom Resten, hebe sie auf und verstreue sie in einem eleganten Halbkreis über der Klippe. Genau in diesem Moment weht ein heftiger Windstoss über die Klippe hinweg, begleitet vom Gekrächze eines Rabens, obwohl weit und breit kein Rabe zusehen ist. Ich lächle. Jetzt weiss ich, dass es meinem Kleinen gut geht und er auf dem Weg nach Walhalla ist. Während ich da stehe und Zaghs Asche nachblicke, obwohl schon lange nichts mehr zu sehen ist, stellen Hjalte, Shannon und Alyn einen Felsen als Grabstein auf. Mit magischer Tinte sind da Zaghs Name und seine Lebensdaten aufgezeichnet. Nur Unsterbliche werden die Inschrift lesen können.
Einige Wochen später lade ich Shannon und Alyn zu einem traditionell orientalischen Abendessen ein, um unsere wiedergewonnene Freiheit zu feiern. Alyn verabschiedet sich jedoch bald, sie möchte ihren Wahlkampf vorbereiten. So bleiben Shannon und ich mit Salem und Chaka zurück. Die beiden Reptilien haben sich aber schon zusammengerollt und schnarchen friedlich. Wir sitzen in den gemütlichen Sitzkissen und trinken leckeren Tee. «Und was machst du jetzt?» frage ich Shannon. Sie zuckt mit den Schultern. «Ich werde weiter meinen Bücherladen betreiben. Und du? Was läuft da jetzt eigentlich mit Hjalte?» «Wir werden es nochmals versuchen. Und dieses Mal gebe ich mir mehr Mühe.» «Gut. Ich hab nämlich keine Lust ihn nochmal zu verhaften, weil er sich aus lauter Trauer einem schwarzen Hexenzirkel anschliesst.» Einen Moment lang blicke ich die Hexe sprachlos an. Diese erwidert meinen Blick mit todernster Miene. Doch dann breche ich in schallendes Gelächter aus und auch Shannon kann ihre Ernste Miene nicht mehr lange aufrechterhalten. Und lachen wir gemeinsam, froh darüber, dass doch alles irgendwie ein gutes Ende genommen hat.

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Operation Serima Tower - Zeit die Scheisse wieder gerade zurücken
FantasyVor langer Zeit schlossen sich die Stämme der Unsterblichen zu einer Gesellschaft zusammen. Vampire, Gestaltwandler, Feen, Alchemiemagier, Geister, Elementenmagier und Hexen stellen je einen Regierungsrat. Eines Tages kam aber irgendeiner dieser Tro...