Traum

12.3K 406 40
                                    

"Albernheit ist die Erholung von der Umwelt."

Peter Bamm

Schweißgebadet schrecke ich auf. Dieser Traum macht mich fertig und seit zwei Wochen ist es jede Nacht derselbe. Seitdem ich ihn wiedergesehen habe, plagen mich diese Träume. Und jede Nacht endet es mit: 'Es tut mir leid.' Lotte hat Angst das ich verrückt werde, aber sie versteht es nicht. Es hat etwas ausgelöst, aber ich kann es nicht bestimmen. Und dann dieser komische Traum und immer wache ich auf, wenn er mir etwas sagen will. "Hattest du wieder diesen Traum?", fragt Lotte, die besorgt im Türrahmen steht. Ich nicke müde. Seitdem ich so häufig träume, bin ich immer müde und kann mich kaum noch konzentrieren. "Vielleicht sollten wir nochmal zum Arzt?" "Nein, ich mache doch jeden Abend die Übung, die er mir gezeigt hat, aber es hilft einfach nicht. Vielleicht sollten wir zu ihnen gehen? Irgendwie bekommen wir sicher ihren Aufenthaltsort heraus.", schlage ich vor. "Nein, du gehst doch nicht zu diesen Psychopathen!" "Das ist dein neues Lieblingswort, oder?" Sie nickt und lächelt mich breit an. Unsere Studienkurse haben schon vor einer Woche begonnen. Und mir gefällt es bisher das Architekturstudium in Stanford sehr gut und auch Lotte hat ihren Spaß im Psychologiestudium. Sie erzählt mir immer am Abend von den komischen Geschichten die ihr Professor in den Vorlesungen erzählt. Ich weiß, dass sie das hauptsächlich macht um mich abzulenken, aber egal wie sie und ich es versuchen der Traum kommt jede Nacht wieder. Manchmal verändert er sich, aber im Grunde ist es immer der selbe. So langsam glaube ich, ich werde verrückt. Man kann doch nicht so lebhaft von ein und derselben Person träumen, vor allem wenn man diese nicht mag. Selbst der Arzt meinte, dass das sehr ungewöhnlich ist. "Lotte, ich geh zum Bäcker. Ich brauch frische Luft.", sage ich und strample mich aus dem zerknüllten Bettlacken, was ich im Sommer als Decke benutze. Nach einer kurzen Dusche jogge ich auch schon den kurzen Weg zum Bäcker und nehme dort gleich noch Kaffee für uns mit. Durch die Träume, wecke ich Lotte und mich immer so früh, dass ich manchmal sogar noch den Sonnenaufgang mit ansehen kann und dann hoffe ich, dass diese furchtbaren Träume bald aufhören. Wer will schon im Sommer mit der Sonne aufstehen?

3 Monate später

"Amy, wach endlich auf. Du hast schon wieder geträumt!" Ich reibe müde meine Augen und sehe eine genervte Lotte. "Ich dachte, es ist besser geworden?" Mittlerweile ist es Herbst und die Träume sind nicht verschwunden. Im Gegenteil es sind Bauchschmerzen dazu gekommen, aber das hab ich noch niemanden erzählt. Ich hab Lotte erzählt, dass es besser geworden ist, weil ich durch die Bauchschmerzen zumindest nicht mehr schlafe, da sie mich die Nacht über wach halten. "Ja, weißt du, ich hab jetzt solche Bauchschmerzen, dass ich fast nicht mehr schlafen kann. Was meinst du warum ich so gut im Studium bin? Ich lerne und bastle die ganze Nacht.", meine ich und grinse sie schief an. Sie rauft sich die Haare und sieht mich strafend an. "Es sind nun schon drei Monate und du erzählst mir nichts. So das reicht, du machst dich ja selbst kaputt! Ich verschreibe dir eine Kur." "Lotte, ich muss keine Kur machen. Du spinnst doch." "Oh doch, am Wochenende fahren wir in die Waldhütte meiner Eltern und da entspannen wir mal unter einer anderen Luft!" Sie schaut mich noch einmal böse an und stürmt dann in den Flur um unsere Koffer hervorzuziehen. "Lotte, ich will nicht weg. Wirklich nicht. Wir haben Vorlesungen und Seminare. Es geht einfach nicht." "Keine Wiederrede! Deine Gesundheit geht vor." Und dann beginnt sie auch schon wärmende Sachen in den Koffer zu schlichten. Ich habe mich im Verlauf des Vormittags ergeben und am Nachmittag hat sie mich auf den Beifahrersitz des Autos verfrachtet und ist losgefahren. Ich schaue stumm aus dem Fenster und schlummere etwas. Lotte singt leise mit dem aktuellen Hits aus dem Radio mit und ich sehe nur noch im Halbschlaf die dunklen Bäume. Kaum schließe ich wirklich meine Augen, sehe ich schon Damien. Doch diesmal ist es anders. Er ist näher. Er berührt mich und es fühlt sich so echt an. Meine Schmerzen sind fast weg und ich kann ihn fast schon vor mir spüren. Ich keusche auf, als er seine Hand an meine Wange legt. Doch ebenso schnell wie er gekommen ist, genauso schnell ist er auch wieder weg. Und ich schlage fast schon enttäuscht meine Augen auf. Wieso ist es nur so komisch? Es ist schon dunkel und Lotte sitzt auch nicht mehr neben mir. Das Auto steht auf dem Parkplatz vor einer kleinen Hütte, in welcher Licht brennt. Dort ist wahrscheinlich Lotte. Ich steige aus und steige die Hölzernen Stufen der Hütte hinauf. "Ah, du bist wach. Ich wollte dich schlafen lassen. Du sahst mal friedlich im Schlaf aus." Sie lacht und geht in die Küche. Dabei trällert sie ein selbst gedichtetes Lied, welches von ihr und ihren grandiosen Ideen handelt, mit welchen sie immer richtig liegt. Sie ist so verrückt. Es riecht nach Eierkuchen und wir verschlingen sie gierig. Danach sitzen wir in unseren warmen Mänteln noch etwas vor unserer Tür und schauen in den klaren Nachthimmel. "Meinst du, dass es Seelenverwandte gibt?", frage ich Lotte nach einiger Zeit der Stille. "Ja, ohne jeden Zweifel. Es ist nur nicht sicher, ob du ihn findest." "Ich würde meinen gern finden." "Ich weiß. Du bist einfach so eine Person, die sich nach der wahren, reinen Liebe sehnt." "Ich finde daran ist nichts falsches." "Das will ich gar nicht damit sagen.", sagt sie und fährt fort: "Ich möchte nur nicht, dass du enttäuscht bist, wenn du ihn dein ganzes Leben lang suchst und ihn dann nicht findest. Dann verschwendest du dein ganzes Leben." "Aber man sollte es doch wenigstens versuchen, oder nicht?" "Ich denke man muss das richtige Maß finden zwischen Glauben und Realität." "Was wenn ich es nicht finde? Was ist, wenn ich lieber in einer Fantasiewelt leben möchte. In einer Welt in der ich nicht verletzt werden kann?" "Kannst du, aber wo bliebe da der Spaß am Leben?" Ich nicke leicht und starre dann weiter die Sterne an. Lotte schläft schon halb an meiner Schulter ein als ich in der Ferne ein leises Heulen höre. Auch Lotte wird wieder wach. "Lotte, Schätzchen, gibt es hier Wölfe?" "Ich weiß nicht, aber das klang so!" "Lotte, komm wir gehen lieber rein. Ich brauch keine Schlagzeile von zwei toten Mädchen, zerfleischt in den Wäldern." Sie nickt und wir verschwinden schnell nach drinnen.

WolvesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt