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Vor fünf Tagen kam Florian in Hamburg an. Er wusste, dass es nicht einfach werden würde Dimitri aufzuspüren, trotzdem frustrierte es ihn. Die Bruderschaft der Lux Bellatorius gab es rund um den Globus. Somit hatten sie genügend Unterstützung bei ihrer Suche. Gut möglich, dass Dimitri sich schon längst an einem anderen Ort aufhielt. Seine Brüder in Franken bewachten Lena streng mit einem schützenden Netz, welches um ihr Haus gewoben wurde. Morgen reiste Cynthia erneut aus Stuttgart an, um Lena als ständige Begleiterin zur Seite zu stehen. Nicht, dass diese in der letzten Zeit das Haus verlassen hätte, aber es galt in allen Bereichen Alarmstufe rot.

Lena gehörte nun einem Schattenmann. Sie mussten bereit sein für den Moment, in dem er sie einforderte. Womöglich gelang es ihnen doch, ihr Leben zu retten.

Bewegte sich Dimitri in der Finsternis konnten sie seiner nicht habhaft werden. Ihre einzige Chance bestand darin, dass er sich Lena näherte, oder durch eine unbedachte Aktion ihre Aufmerksamkeit erregte.

Ziellos wanderte Florian durch die Straßen, seine Sinne geöffnet für die kleinste Veränderung. Es gab einiges hier in Hamburg, das nicht rein menschlich war, doch damit setzte er sich nicht weiter auseinander. Sein Bestreben galt den Bastard zu finden, der es gewagt hatte Lena das anzutun. Mittlerweile befand er sich außerhalb des Stadtkerns in einer heruntergekommenen Gegend. Dominiert von Plattenbauten in grauem Beton, die bedrohlich aufragten und das wenige Grün davor zu ersticken drohten. Diese unwirtliche Umgebung deprimierte ihn noch mehr. Der Wind pfiff kalt durch die Häuserschluchten und er suchte Schutz in einer kleinen Bierkneipe.

Die überschaubare Klientel bestand aus Säufern die vor ihren Gläsern, gefüllt mit Alkohol, saßen und trübsinnig vor sich hinstarrten. Er setzte sich an die Bar, bestellte einen Schnaps und tat es ihnen gleich.

»Er meinte, es sei nur für ein paar Tage und hat im Voraus bezahlt. Ich fand den Riesen unheimlich. Mir kann es ja egal sein und die Henni interessiert eh nur das Geld. Hab mir meinen Anteil gleich abgezweigt, sonst sehe ich von den Kröten nix mehr. Geht alles für das verdammte Balg drauf ...«

Die Unterhaltung floss weiter dahin, doch Florian hörte schon nicht mehr zu. Bei der Beschreibung des Mieters jedoch, regte sich plötzlich Verdacht in ihm, es könnte sich um Dimitri handeln. Er wollte mehr herausfinden und bestellte sich noch einen weiteren Schnaps. Wie ein angetrunkener näherte er sich mit leicht wackligen Gang dem Tisch hinter der Theke.

Er sondierte die zwei sich unterhaltenden Männer. Beide mochten ungefähr vierzig, vermutlich etwas älter sein. Aufgrund des ungepflegten Vollbartes in ihren Gesichtern ließen sie sich schwer schätzen. Die ungewaschene Kleidung roch er bereits von einem Meter Entfernung. Eine Mischung aus Schweiß, Essensgeruch und weiteren Ausdünstungen, die er lieber nicht genauer wissen wollte. »Hallo, habt ihr noch Platz für einen Touristen?«, sprach er sie vor dem Tisch angekommen an.

Erstaunt schauten sie zu ihm auf. Der mit den fettigen halblangen Haaren reagierte zuerst und zog einladend den Stuhl zur Seite. Schwerfällig fiel Florian darauf nieder, sich der neugierigen Musterung bewusst.

»Was für ein blöder Tag. Bin aus meinem Hotel geflogen, habe etwas über den Durst getrunken und, na ja, die Frau am Empfang fand es nicht lustig, als ich ihr an die Möpse wollte.« Schallendes Gelächter bestätigte ihm, dass er die richtige Tonart gewählt hatte. »Jetzt hab ich keine Unterkunft, ist alles voll verdammt. Weiß nicht wo ich heute Nacht pennen soll. Habt ihr nen Tipp für mich?« Gespannt beobachtete er aus halbgeschlossenen Lidern den Blickwechsel der beiden.

Tiefe Augenringe gruben sich unter die verschlagenen braunen Augen des Mannes, der vorhin behauptete, er habe eine Wohnung an einen unheimlichen Typ vermietet. Zögernd strich er sich durch das schüttere Haar, welches aber nicht so fettig glänzte, wie das seines Gegenübers. »Hm, ich kann dir ein Zimmer mit Wohnküche anbieten, ist nicht ganz billig. Schließlich suchen ja alle eine Unterkunft.« »Schon in Ordnung, ich bin froh, wenn ich eine Bleibe habe für die nächsten Tage.«

Die drei bestellen einen weiteren Schnaps und stießen darauf an, dass Florian zu viel für ein Drecksloch zahlen musste. Äußerlich ruhig lauschte er der dahinplätschernden Unterhaltung der Saufkumpanen. Innerlich rasten seine Gedanken. Konnte es sein, dass es sich tatsächlich um den Schattenmann handelte? Kilian warnte alle Lichtkrieger ausdrücklich vor Alleingängen. Doch bevor er sich nicht hundertprozentig sicher war, machte es keinen Sinn alle aufzuschrecken.

»Gehört dir das Haus?«, fragte er Thomas, den Vermieter, unvermittelt. »Schön wär's! Nein ich bin der Hauswart. Die Vermietungen laufen alle über mich. Den Besitzer kümmert nur, ob alle Einheiten vermietet sind und genügend Geld rein kommt. Wie meine Henni, die zwei gäben ein feines Paar. Aber er ist mit einer reichen Schnepfe verheiratet und die Henni ist auch nicht mehr die Jüngste ...« »Dann hoffe ich auf nette Nachbarn«, unterbrach Florian den Redeschwall.

»Du wirst kaum jemanden sehen. In unserer Gegend bleibt man unter sich. Vor dem einen aus der 31B, solltest du dich etwas in Acht nehmen, der ist komisch.« Fragend kuckte Florian ihn an. »Weiß auch nicht, halt dich einfach fern von dem, wenn du keinen Ärger bekommen willst. Hab ich im Urin«, gackerte der schmierige Zeitgenosse und sein nicht weniger ungepflegter Kumpel fiel mit ein.

Eine halbe Stunde später verließ er mit Thomas die Kneipe, der Andere hatte noch nicht genug getrunken, um: »Seine Alte schon zu ertragen«, wie er meinte.

Zehn Minuten Fußmarsch durch immer gleich aussehende Betonklötze später, standen sie vor dem, der Florians temporäres Zuhause werden sollte.

Der Schatten naht - Umbra NoctisWhere stories live. Discover now