Geständnisse

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Am nächsten Abend fuhren Stella und ich zum Waldfest. Alles war mit Lichterketten geschmückt und erhellte die Lichtung mit sanftem Licht. Stella lächelte und zog mich mit zu ihren Freundinnen. Ich kannte sie kaum, jedoch waren sie nett. Stella begann gleich mit ihnen zu plaudern. Ich ließ meinen Blick über die Lichtung schweifen und erstarrte, als ich Alex am Rand der Lichtung entdeckte. Als ich blinzelte, war er verschwunden. „Ich hol mir kurz was zu trinken.", murmelte ich und sah zu Stella. Sie nickte und ich ging zum Getränkestand. Dort bog ich dann zum Waldrand ab, zu der Stelle, an der ich Alex gesehen zu haben glaubte. Unsicher trat ich zwischen einigen Bäumen hindurch und blieb stehen, als ich ihn auf einer kleinen Lichtung stehen sah. „Alex?", flüsterte ich. Kaum hörte er mich, wandte er sich um. Sein Blick war sehnsüchtig, als er mich erkannte, dann jedoch wurde er emotionslos und Alex kam zu mir. Ich drückte mich an ihn. „Was...Warum bist du hier?", fragte ich. Alex sah mich an und ich spürte wie er zögerte. „Um auf dich aufzupassen.", antwortete er leise und schob mich von sich weg. Ich sah ihn verwirrt und verletzt an. „Geh zurück zu Stella!", sagte er mit einer Härte in der Stimme, die mich zusammenzucken ließ. Ich starrte ihn an, mein Herz raste. „Geh! Bitte.", wiederholte Alex. Tränen stiegen mir in die Augen. „Was ist los?", fragte ich. Alex sah mich fest an. Ich wich mich einem erschrockenem Keuchen zurück. Seine Augen waren golden, unnatürlich golden. Ich riss die Augen auf und ein wimmern entfuhr mir, als ich sah wie Alex' Schulterknochen brach und sich veränderte. Dann fuhr ich zusammen, als ein unmenschliches Knurren aus seiner Kehle drang. Mein Gesicht wurde aschfahl und ich wirbelte herum. Panische Angst ließ mich schneller laufen, als ich konnte. Mein Herz schien meinen Brustkorb sprengen zu wollen. Als ich bei Stella ankam, sah sie mich besorgt an. „Was ist los?", fragte sie, als sie mein Gesicht sah. „Ich will nach Hause."; sagte ich Atemlos und zitternd. Stella nickte sofort und sprach kurz mit einer ihrer Freundinnen. Ich fuhr zusammen, als Wolfsgeheul aus dem Wald drang und dachte an den Traum. Stella und ich liefen zum Auto. Ich setzte mich auf den Beifahrersitz und sah zu Stella, die neben mir den Motor startete. Ich vermied den Blick nach draußen und sah auf meine zitternden Hände. Die Fahrt verlief schweigend. „Danke.", murmelte ich leise, als ich ausstieg. Stella nickte. „Ruf mich an, wenn du mich brauchst.". Ich nickte ebenfalls und schloss meine Haustür auf. Hinter mir hörte ich Stella wegfahren.

Als ich meine Haustür schloss, spürte ich plötzlich, dass ich nicht alleine war. Angst kroch erneut in mir hoch. Mit klopfendem Herzen ging ich in mein Schlafzimmer. Erschrocken blieb ich stehen, als ich Alex vor meinem Fenster stehen sah. Ich wagte es nicht zu atmen und musterte seinen nackten Rücken mit wachsendem Entsetzen. Mehrere parallele Wunden bedeckten ihn. Getrocknetes Blut klebte in Alex Nacken, während frisches aus seinen Wunden lief. Dann drehte sich Alex langsam um und mir entfuhr ein Keuchen. Fünf Furchen, wie von Krallen, zogen sich über seine Brust. Meine Augen wanderten zu seinem Gesicht und seinen Augen. Sie waren wieder blau. „Was war das im Wald?", fragte ich mit erstickter Stimme. Alex musterte mich mit sanftem, aber auch schmerzerfülltem Blick. Dann deutete er schweigend auf mein Bett. Mit wackeligen Beinen ging ich dort hin und setzte mich. Alex blieb am Fenster stehen und sah nach draußen. Nach einiger Zeit begann er zu erzählen.

„Ich bin kein Mensch. Normalerweise dürfte ich in den Augen von Wissenschaftlern gar nicht existieren.". Er sah mich an. Mein Puls raste. Langsam kam Alex zu mir und setzte sich aufs Bett. Jedoch mit dem größtmöglichen Abstand. Dann holte er tief Luft und fuhr fort. „Meine Rasse, oder wie auch immer du es nennen willst, ist alt. Sehr alt. Wir mussten um unser Überleben kämpfen und haben viele Freunde verloren. Anfangs wusstet ihr Menschen nicht, wie wir zu töten sind, doch dann fandet ihr unsere größte Schwäche heraus.". Er seufzte, dann sah er mich wieder an. „Silber.", murmelte er kaum hörbar. Erst begriff ich nicht, was er meinte, dann wurde mir alles klar und meine Augen weiteten sich. Mein Herz schlug rasend schnell. „Das ist unmöglich.", erwiderte ich leise. Alex nickte, als habe er meine Gedanken gelesen. „Es ist möglich.", sagte er und ging wieder zum Fenster. Erneut holte er tief Luft. „Ich bin ein Werwolf.". Mühsam unterdrückte ich ein nach Luft schnappen. Im nächsten Moment wollte ich alleine sein und ihn nie wieder sehen. Dann erinnerte ich mich an den Alex, der mich am Morgen zuvor noch so liebevoll geküsst hatte und mir wurde wohlig warm. Als ich Alex sanft ansah, blieb die Wärme. Mir war egal was er war, ich würde ihn immer lieben. „Es macht mir nichts aus.", sagte sich leise. Er riss völlig überrascht die Augen auf. Ich stand auf und ging zu ihm. Er wich einen Schritt zurück. „Ich liebe dich, egal was du bist.", sagte ich und sah ihn liebevoll an. Alex zögerte kaum merklich, dann wurde sein Blick dankbar. Mein Herzschlag hatte sich wieder beruhigt, doch mein Puls schoss in die Höhe, als Alex sich zu mir beugte und mich sanft und leidenschaftlich küsste. Sofort bekam ich eine Gänsehaut und erwiderte den Kuss. Sanft löste er sich von mir. Ich erinnerte mich an seine Wunden. „Was ist mit dir passiert?", fragte ich, noch Atemlos. Alex seufzte leise. „Später.", sagte er und sah mich noch immer dankbar an. Ich zog ihn sanft zum Bett. „Warum hast du keine Angst vor mir?", fragte er und setzte sich zögernd auf mein Bett. Ich antwortete nicht, sondern nahm einige Verbände aus dem Erste-Hilfe Kasten in meinem Schrank. Dann setzte ich mich zu ihm. „Als du mich damals zum Ball abgeholt hast, habe ich mir gesagt, dass mich nichts an dir vergraulen kann.". Ich zögerte und begann seine Wunden zu verbinden. Dann sah ich ihn an. „Wie alt bist du?", fragte ich leise. Kaum merklich spürte ich, wie Alex sich anspannte. „Ich werde dir sagen was du willst.", antwortete er nach kurzem Zögern und sah mich liebevoll an. „Erst dachte ich, du würdest mich panisch rauswerfen.". Er lächelte. „Wie alt?", fragte ich erneut, ebenfalls lächelnd. Alex strich mir sanft eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Dann beugte er sich vor und flüsterte mir etwas ins Ohr. Ich rührte mich nicht, bis er sich zurücklehnte. „Wie kannst du dann so aussehen?", fragte ich ungläubig. Alex begann zu grinsen. „Ich altere nicht.", antwortete er. „Nur wenn ich es will und selbst dann nur sehr langsam.". Dann sah er mich ernst an. „Ist es für dich okay, wenn ich heute Nacht hier bleibe? Ich könnte es nicht ertragen, ohne dich zu sein. Aber wenn du willst, dass ich gehe, werde ich das tun." Ich nickte ohne zu zögern. „Bitte bleib hier.". Alex zog mich sanft an sich und zog die Decke über uns. „Danke.", murmelte er mir ins Ohr und ich lächelte leicht. „Du brauchst mir nicht zu danken.", erwiderte ich leise und gähnte. Dann kuschelte ich mich an ihn und schlief, trotz der vielen herumwirbelnden Gedanken, ein.


WolfsbindungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt