Kapitel 7

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Nachdem wir uns aus der Umarmung lösten, aßen wir das Frühstück, das Thomas uns mitgebracht hatte. Danach schaltete ich mein Handy aus und nahm meine Sim-Karte raus, damit man mich nicht orten kann. Jetzt sitzen wir beide auf seiner Couch und schauen einen Film. Am Anfang ließen wir noch einen kleinen Abstand zwischen uns, aber jetzt rückt Thomas näher an mich heran, bis sich unsere Arme berühren. Sofort überkommt mich eine Gänsehaut und mein Herz rast. Auf dem Film kann ich mich jetzt gar nicht mehr konzentrieren. Heimlich beobachte ich Thomas, seine Mimik während er gespannt auf den Fernseher starrt. Wie kann man nur so toll sein?
Plötzlich schaut er mich an.

"Ist irgendwas?"

Verdammt, er hat bemerkt, wie ich ihn angestarrt habe! Wie peinlich!
Ich schüttel schnell den Kopf und schaue zum Fernseher, in der Hoffnung er schaut auch weiter und vergisst es. Nach dem Film verschwindet er aus dem Zimmer und ich habe Zeit um etwas nachzudenken. Ich liebe ihn, keine Frage, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er auch Gefühle für mich hat. Ich meine, ich bin ein niemand! Ich bin wertlos, nutzlos, gar nichts.. und er genau das Gegenteil. Anscheinend wurde er oft verletzt, und weil ich sofort bei ihm bleibe, denkt er vielleicht nur, dass er mich auch liebt. Vielleicht merkt er in ein paar Tagen, dass er mich gar nicht wirklich möchte und schmeißt mich aus der Wohnung? Mit wie vielen Mädchen er wohl geschlafen hat? Und auch mit anderen Jungs?
Mir schwirren so viele Gedanken im Kopf herum, dass ich beschließe rauszugehen, um bei einem kleinen Spaziergang meinen Gedanken freien Lauf lassen zu können. Ich schaue nochmal aus dem Fenster und bemerke den Regen, also nehme ich einen Schirm mit, der hinter Thomas' Haustür an der Wand lehnt. Thomas war im Bad, ich wollte ihn dort nicht stören also gehe ich ohne Bescheid zu sagen. Draußen angekommen, öffne ich meinen Schirm und schaue mich um. Der Duft von Regen steigt mir sofort in die Nase und ich spüre die kühle Luft auf meiner Haut. Ich sehe einen kleinen Park auf der anderen Seite der Straße und gehe dort hin. Überall sind Menschen, alles unbekannte Gesichter. Viele sehen gestresst aus, laufen zielgerichtet ihren Weg, andere laufen mit ihren Hunden, telefonieren mit einem Lächeln im Gesicht, andere sehen niedergeschlagen aus. Alle Menschen haben ihre eigene Geschichte, es fasziniert mich. Auf einer Bank nehme ich Platz, spüre die Nässe, die mir im Moment jedoch egal ist.
Nachdenklich schaue ich auf den Boden, bis sich ein Mädchen, etwa in meinem Alter neben mich setzt. Ich spüre ihren Blick auf mir, wahrscheinlich bemerkte sie meine Stimmung.

"Hey, ist alles in Ordnung bei dir?"

Langsam schaue ich auf zu ihr, sie hat blonde lange Haare, große blaue Augen und ein Lächeln auf den Lippen.

"Oh, ja ich denke schon."

Erneut schaue ich auf den Boden, in der Hoffnung sie lässt mich in Ruhe, aber sie versucht das Gespräch weiter zu führen.

"Wie heißt du?"

"Dylan"

Ich schaue nicht auf und frage auch nicht nach ihrem Namen, denn der interessiert mich gerade ganz und gar nicht. Ich habe andere Probleme.

"Du bist nur sehr gesprächig hm? Ich habe doch gemerkt, dass etwas nicht stimmt. Ich habe einen Vorschlag. Du kannst es mir erzählen, danach trennen sich unsere Wege und wir sehen uns nie wieder. Du brauchst dich nicht schämen und weiter erzählen kann ich es auch nicht, da ich deine Freunde etc. nicht kenne."

Warum lässt sie mich nur nicht in Ruhe? Obwohl, die Idee ist eigentlich ganz gut. Vielleicht tut es mir ganz gut darüber zu reden und möglicherweise hat sie sogar einen Rat für mich. Also erzähle ich ihr die ganze Geschichte. Aufmerksam hörte sie die ganze Zeit zu, unterbrach mich nicht und warf mir auch keinen abwertenden Blick zu.

"Also Dylan, es ist ganz einfach. Lass es zu! Denk nicht zu viel nach! Dein Thomas hat definitiv Gefühle für dich, sonst hätte er dich ja nicht bei dir einziehen lassen. Genieße die Zeit mit ihm, aber achte auf seine Gefühle, er scheint leicht verletzbar zu sein."

Ich lächle und nicke. Wahrscheinlich hat sie Recht. Ich darf mir keine Sorgen machen. Inzwischen hat es aufgehört zu regnen und die Sonne scheint, weshalb man einen Regenbogen im Himmel erkennen kann.

"Dylan, geh zu deinem Thomas!"

Ich nicke erneut, stehe auf und bedanke mich. Es geht mir schon viel besser, optimistisch gehe ich zurück zu Thomas' Wohnung.

"Thomas, ich bin wieder da!"

Da mir niemand antwortet, suche ich nach ihm. Vor der Badezimmertür angekommen, vernehme ich ein leises Wimmern. Sofort beginnt mein Herz zu rasen und Panik steigt in mir auf. Die Tür ist leicht geöffnet und vorsichtig schiebe ich sie ganz auf.
Mein Atem stockt, ich spüre einen schlimmen Stich in meinem Herzen, ich beginne zu zittern und mir steigen
Tränen in die Augen.
Mein liebster Thomas, auf dem Boden, überall Blut, eine blutigverschmiertes Messer neben ihm. Ich erkenne einen großen Schnitt an seinem linken Handgelenk. Er schnitt sich die Pulsader auf..

Komm mit! [Dylmas FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt