College 6

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Meine Gedanken wanderten wieder zurück in die Wirklichkeit. Nach diesem Zwischenfall hatten wir uns nicht mehr richtig unterhalten, auch wenn wir uns ständig in den Unigängen begegneten.

Ich würde sie wirklich gern wiedersehen, wusste nur nicht wie. Ich trug diesen Wunsch jetzt schon seit zwei Jahren mit mir herum, und hatte nichts unternommen, ist es da nicht normal, dass sie mir wie verschwendet vorkamen? Gedankenverloren bog ich um eine Ecke und stieß mit jemandem zusammen. Ich hörte einen leisen Fluch, dann eine Entschuldigung. Eigentlich sollte ich derjenige sein, der sich entschuldigte, überlegte ich, schließlich hatte ich nicht wirklich aufgepasst... Ich sah auf, um etwas zu sagen, und blickte Amélie ins Gesicht, die mir mein Mythologie-Buch entgegenhielt. „Schon okay", fieberhaft versuchte ich locker rüber zu kommen, „ich hätte auch besser aufpassen sollen." War das ein Zufall? Ein Zeichen? Was tat sie hier? Möglicherweise hatte ich sie zu lange angesehen, jedenfalls senkte sie schnell wieder den Blick. Schweigend reichte sie mir das letzte meiner Arbeitsblätter und wollte schon wider gehen. Mein Kopf konnte mich gerade nicht wirklich steuern, also übernahmen Instinkte. Ich griff nach ihrem Arm und hielt sie zurück. Und jetzt? „Hey warte!", hörte ich mich sagen, „ Amélie richtig? (also müsste ich nicht konstant an sie denken) Wir haben uns echt lang nicht mehr gesehen!" Das stimmte zur Abwechslung, die Frühjahresferien waren seit heute zu Ende, wir waren ein Woche von einander getrennt gewesen. Entwickelte ich etwas Besitzansprüche? Zwischen uns war nie viel passiert, was war nur mit mir los? Zögernd ließ ich ihren Arm los, irgendwie fühlte ich mich an von vor zwei Jahren erinnert. Fang ein Gespräch an! „Wann war das letzte Mal...", ich versuchte nachdenklich zu klingen, bis ich realisierte, was das letzte Mal passiert war. „Ich hab in der Cafeteria aus Versehen Pasta auf dein Shirt gekippt, weil ich auf der Treppe gestolpert bin...", meinte sie und errötete leicht. Scheiße! Ich erinnerte mich an den Tag zurück: Chris, der Einzige der von meinen Gefühlen für Amélie wusste, hatte es als unglaublich witzig empfunden, ihr ein Bein zu stellen, und in mich hineinfallen zu lassen. Die Situation war nicht gerade die Angenehmste gewesen und hatte aus vielen Entschuldigungen bestanden. „Oh...", antwortete ich ihr, versuchte aber gleich das Ganze wieder ins positive zu rücken: „Naja, ich dachte nur, wir haben lange nicht mehr geredet, vielleicht hast du Lust mal einen Kaffee trinken zu gehen?" Sicher, dass es eine gute Idee ist, sie nach einem Date zu fragen, wenn sie gerade äußert beschämt ist und dich am liebsten für immer vergessen will? Nervosität überkam mich. „Also nur wenn du möchtest...", versuchte ich die Wogen zu glätten und sah sie hoffnungsvoll an. Sie dagegen wandte den Blick ab und sah nicht gerade begeistert aus. Kein Wunder, wahrscheinlich wollte niemand mit jemand nahezu unbekanntem mehrere Stunden allein verbringen, schalt ich mich. „Oder weißt du was, ich hab was besseres!" Vielleicht würde sie lieber kommen wollen, wenn mehr Leute zugegen waren. Ich erinnerte mich an heute morgen, Chris hatte mir ermutigend auf die Schulter geklopft und mir versichert, dass die Party wie eine Bombe einschlagen würde. Das war's, die Party! „Wir feiern heute eine kleine Party zum Schulanfang und so..." Sie lächelte jetzt wieder. Yessss!" „Ich komme gern." Ich konnte es kaum fassen. „Super!" Was zum Geier? „Um 21 Uhr geht's los, ich freu' mich!" Innerlich schlug ich mir die Hand vor die Stirn, war ich wirklich so verzweifelt? ,Ich freu' mich!', alles klar... Ich nahm meine Sachen wieder an mich und drehte mich um, keine Ahnung ob ich jetzt lachen oder weinen sollte. Mein Weg führte mich wieder zurück ins Studentenwohnheim.

Nächster Teil folgt...

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