„Clemens! Wie oft noch? Ich verstehe, dass du dir Sorgen machst aber es ist wirklich alles in Ordnung. Mir geht es gut!", sprach ich schon leicht genervt in mein Handy. Er machte sich sorgen. Verstand ich ja nach meiner Laune in den letzten Wochen.
„Ist ja gut. Ich will doch nur sicher gehen. Ich würde gerne noch ein bisschen quatschen, doch ich muss jetzt los.", kam es mir aus dem Hörer entgegen.
„Ist gut. Bis irgendwann. Ruf mich nochmal an. Morgen vielleicht."
„Mach ich. Tschüss Marea!"
Nachdem das Tuten erklang, legte ich auch auf. Ich vermisste Clemens. Wir kannten uns seit dem Kindergarten. Wir waren unzertrennlich, bis jetzt. Er und seine Familie waren meine Familie. Sie haben mir die Liebe geschenkt, die ich brauchte. Ich hoffte er würde mich bald besuchen.
Ich rollte aus meinem Zimmer. Wir wollten jetzt Eis essen gehen. Das Wetter war perfekt dazu, genau so wie Marijam es gestern vorausgesagt hatte. Es war ein sehr warmer Frühlingstag. Im Flur standen schon Marijam und Peter. Sie zogen sich gerade die Schuhe an.
„Ach da bist du ja schon meine Liebe. Kenneth braucht wie immer länger.",sprach sie lächelnd, „KENNETH! KENNETH, WO BLEIBST DU?!", schrie sie gleich darauf nach ihrem Sohn.
„Komme schon Mama! Brauchst dir keine Sorgen zu machen." Kenneth kam die Treppe herunter gehüpft. Als er unten war, drängte er sich an seiner Mutter vorbei, wobei sie ihm spielerisch auf den Arm schlug. Er sah seine Mutter unschuldig an, als er sich die Schuhe zu band. Nebenbei reichte Peter mir meine Schuhe. Ich konnte mich zum Glück selbst ankleiden. Ich war ja nicht gelähmt. So zog ich mir die Schuhe über. Es war zwar anstrengend, doch am Ende saßen sie fest gebunden an meinen Füßen.
Als wir vor dem Auto standen oder saßen, wollte Peter mich hinein heben, doch ich hielt ihn ab. Ich wollte alles, was ich selber schaffen konnte, auch selbst erledigen. Also stemmte ich mich mit meinen Funktionstüchtigen Armen aus dem Rollstuhl und stabilisierte mich mit aller Kraft die meine schwachen Beine aufbrachten. Ich griff an die Lehne des Hintersitzes und ließ mich hineinfallen. Außer Atem saß ich da.
Durch das Fenster betrachtete ich die Häuser die an uns vorbeizogen. Als wir an einer Ampel hielten bemerkte ich ein paar Kinder, die mit Kreide Parkplätze bemalten. Sie lachten und kreischten unbeschwert. Leicht lächelte ich als ich sah wie zwei von ihnen Hüpfekästchen sprangen. Wie gerne ich das früher mit Clemens gemacht hatte.
Es war keine besonders große Stadt, doch sie war völlig ausreichend. Man hatte Läden, Schulen, Cafés, Spielplätze und vieles mehr. Es war gemütlich. Es stank nicht nach Abgasen. Man stand nicht ständig im Stau. In meiner alten Heimatstadt konnte man nur mit U-Bahnen fahren, wenn man pünktlich sein wollte.
Nach ein paar Minuten hielten wir vor einer kleinen Eisdiele. Auf einem kleinen gepflasterten Hof waren ein paar Tische aufgestellt. Ein paar davon waren besetzt. Die Leute aßen Eisbecher oder hielten ein Waffeleis in der Hand.
Peter holte meinen Rollstuhl aus dem Kofferraum und stellte ihn neben mir ab. Nachdem ich mich hinein gehieft hatte rollte ich neben ihnen zu einem Tisch. Sie ließen sich alle auf Stuhle um den runden Tisch herum fallen. Ich rollte in eine Lücke zwischen Marijam und Kenneth. Schnell kam eine Kellnerin und nahm unsere Bestellungen auf. Ich nahm einfach ganz gewöhnliches Erdbeereis und eine Kugel Vanille. Kurz nachdem die Kellnerin gegangen war, fing Marijam eine Unterhaltung an.
„Peter, hast du gestern eigentlich noch Moriz angerufen? Ich will wissen was er sich zum Geburtstag wünscht."
Wer war denn jetzt Moriz?
„Ich hab ihm eine Mail geschrieben.", antwortete Peter seiner Frau.
„Peter! Er hat in 5 Wochen Geburtstag. Er antwortet auf keine Mail! Ich brauche ein Geschenk. Wir müssen unserem Sohn doch etwas schenken."
Ach, das war also Kenneths älterer Bruder von dem er gestern gesprochen hat. Ich sah, wie besagter neben mir mit den Augen rollte. „Mama, beruhig dich. Ihr könnt ihn doch immer noch anrufen. Mein Gott, es ist noch über einen Monat hin."
„Sei du doch still da drüben. Du erzählst mir schon 3 Monate früher was du dir zum Geburtstag wünscht. Damit du auch ja rechtzeitig alles bekommst.", schimpfte seine Mutter.
„Das ist doch was ganz anderes!"
„Ist es nicht. Du kannst ja nächstes mal...", sie wurde von der Kellnerin unterbrochen, die die Eisbecher vor uns abstellte. Als sie wieder hinein lief, fingen alle an zu essen. Es schien bei ihnen eine Regel zu sein nicht beim Essen zu sprechen.
Plötzlich erklang Marijams Stimmer: „Kenneth, jetzt leg dein Handy weg. Dein Eis schmilzt ja schon."
Als ich aufblickte sah ich nur noch wie es in seiner Hosentasche verschwand. Sofort fing er wieder an zu essen.
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Zweites Leben- Zweite Chance #goldenapple18
Teen Fiction"Ich habe alles verloren. Nichts ist mehr wie es war. Ich habe meine Leidenschaft, das Tanzen, verloren und die Fähigkeit zu gehen. Wie soll ich da glücklich sein?" "Akzeptiere es. Es ist ein Neuanfang, ein zweites Leben. Es liegt in deiner Hand, ob...