Laila zappelt neben mir nur wie eine Gestörte herum und stupst mir aufgeregt in die Seite.
„Das ist fucking Azet", flüstert sie mir in mein Ohr.
„Mir ist bewusst, dass das Azet ist, jedoch frage ich mich, warum deine Mutter in seinen Armen liegt und den gar nicht mehr los lässt", murmele ich und wische mir meine noch nassen Hände an meinen Oberschenkeln ab.
Als wäre ihr das jetzt erst aufgefallen, nickt sie stürmisch mit dem Kopf und beäugt kritisch ihre Mutter, die sich aus den Armen des stämmigen Mannes löst.
„Oh djali jem", trällert sie und zwickt in die Wange von Azet.
Ok, wow. Was genau habe ich jetzt verpasst?
Verwirrt trete ich zu Sefa, der ebenfalls fragend dieses Szenario anblickt.
„Weißt du etwa, was hier abgeht?", fragt er mich während er seine Hand an seinem Kinn hält und durch seinen stoppeligen Bart fährt.
Kurz schüttele ich mit dem Kopf. „Nein, aber das wüsste ich auch nur zu gerne."
Meine Tante zieht Azet an den gedeckten Tisch im Esszimmer und füllt seinen Teller so lange auf, bis nichts mehr hinauf passt und einiges fast hinunter fällt.
Wieso ist sie so in Rage und wieso bemuttert sie ihn so?
Er lächelt sie dankbar an und winkt Sefa zum Tisch, der seiner Geste folgt. Beide beginnen zu essen und werden von meiner Tante mit Caj und Getränken versorgt.
„Oh Teze mach dir bitte keine Umstände", sagt er mit seiner rauen Stimme, die mir eine Gänsehaut verleiht und ich eigentlich nur aus seinen Songs kannte.
Sie winkt ab. „Shuj bre. Ich seh diesen Jungen nach wer weiß wie vielen von Jahren wieder und er sagt, ich solle mir keine Umstände machen", murmelt sie und schüttelt neuen Tee in die leeren Gläser der Jungs.
Verwirrt ziehe ich mich mit Laila zurück und beobachte das Geschehen, das mir einfach so surreal vorkommt.
Woher kennt sie ihn?
„Ich geh kurz Zähne putzen", flüstere ich zu Laila, die mir zu nickt.
Gerade als ich aus dem Esszimmer verschwinden wollte, ruft meine Tante nach mir.
„Flora, Laila, hajde kommt mal her." Seufzend verdrehe ich meine Augen, drehe mich um und laufe wieder zurück zum Esstisch.
Ich meide es den Rapper anzublicken, denn ich möchte nicht wie ein Fan rüberkommen, der sich jede Minute auf ihn stürzen würde, sondern möchte, dass er denkt, dass ich ihn nicht kenne beziehungsweise ich ihm keinerlei Beachtung schenke.
Laila hingegen ist das komplette Gegenteil. Sie hippelt aufgeregt herum und grinst wie ein Honigkuchenpferd, was man bei mir nicht behaupten kann. Fehlt nur noch, dass sie ihr Handy rausholt und das Zusammentreffen mit Azet an die große Glocke hängt.
Fangirl.
„Laila, Flor. Das ist Granit. Kennt ihr ihn noch?", zieht mich meine Tante wieder in die Realität zurück.
Granit? Ich dachte er heißt Azet, tf. By the way von wo genau außer dem Internet soll ich ihn jetzt genau kennen?
Ich schüttele mich einmal und schaue fragend in ihre grünbraunen Augen, um dort eine Antwort herauslesen zu können. Fehlanzeige. Ihre Augen strahlen nur so vor Freude.
Perplex verneine ich die Frage mit einem Kopfschütteln.
Woher sollte ich ihn denn auch kennen.
Sein stechender Blick ruht auf mir während er ein Stück eines Zigarren Böreks abbeißt.
Meine Tante lacht nur und sagt, dass Laila und ich uns setzen sollen, was wir dann auch tun.
Meine Augen richte ich auf das Essen und hebe meinen Blick nicht ansatzweise an. Meine Tante redet und redet, doch ich konzentriere mich einzig und allein auf meine Gedanken.
Er ist es nicht wert. Er soll nicht denken, dass ich seine Musik total feiere. Und er soll nicht denken, dass ich ihn um ein Bild oder jegliches fragen werde. Pff
„Weißt du jetzt wer er ist?" Konfus hebe ich meinen Kopf und blicke mich um, bis ich auf seine braunen Augen treffe.
Diese braunen Augen, die mir so familiär erscheinen. Diese braunen Augen, in denen ich mich verlieren könnte.
Gehts dir noch gut? Was war das nochmal mit Fangirl?
Ich räuspere mich und nicke einfach, obwohl mir nach wie vor immer noch nicht bewusst ist, warum meine Tante diesen Mann kennt und in welcher Verbindung sie zueinander stehen.
„Yallah, macht euch fertig und hinterlasst das Zimmer ordentlich. Wir gehen gleich eine alte Freundin besuchen."
Nickend verschwinden meine beste Freundin und ich und rennen hintereinander die Treppen hoch.
Im Zimmer angekommen schmeiße ich mich auf das Boxspringbett und puste die angestaute Luft aus meinen Wangen.
„Was war das denn?", frage ich verdutzt und versuche meine Gedanken zu ordnen.
Verwirrt zuckt Laila nur mit ihren Schultern und setzt sich seufzend zu mir auf das Bett. Sie lässt ihren Kopf hängen und massiert ihre Kopfhaut.
„Ich komm nicht drauf klar. Was machen wir mit dem unter einem Dach und warum geht meine Mutter dabei so ab, als hätte sie ihren verlorenen Sohn wieder gefunden.", nuschelt sie unter ihren Haaren, die sie sich dann aus dem Gesicht streicht.
Ich nicke. „Ich bin raus yallah auf ernst mein Kopf macht da nicht mit und ist schon längst ausgestiegen, als ich den heute Morgen gesehen hatte."
„Wie heute Morgen?" Kurz und bündig kläre ich Laila über den Vorfall im Morgengrauen auf und laufe - nachdem ich mich aufgestellt habe - aktiv durch das Zimmer herum.
„Stop! Hör auf. Du machst mich ja schon ganz kirre", murrt sie und fährt sich seufzend durch ihr Gesicht.
Ich stoppe in meiner Bewegung und schaue neugierig aus dem Fenster. „Wo ist Leo's Auto?", frage ich verwirrt, da das Auto meines Cousins nicht dort steht, wo es gestern bei der Ankunft stand.
„Er musste wieder los. Er ist heute Morgen um sechs oder so losgefahren."
„Warum? Wohin musste er?" Verblüfft ziehe ich meine Augenbrauen zusammen. Leonard war hergekommen, um seinen Cousin zu sehen, doch kam im Endeffekt dann gar nicht dazu.
„Ein Geschäftspartner von Baba hat noch ein Meeting einberufen und Leonard meinte, dass er geht und Baba hier bleiben soll."
Ein wenig aufgeklärt nicke ich und setze mich zu Laila auf das große Bett, die wie ich sehe, mit ihrem Lover Ermal am schreiben ist.
„Ja, ja. Wer von uns beiden hat hier bitte einen Lover", grinse ich und stoße ihr in die Seite. Ich spähe über ihre Schulter und lese etwas der Nachrichten mit.
„Ey! Lass das, du Arslock", mault sie mit einem albanischen Akzent und schubst mich ins Kissen. Ich schmunzele nur und werfe ihr das Kissen, auf dem sie regulär liegt, ins Gesicht.