Hospitalization

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2.             25.September    

Erinnerst du dich noch, als wir im Hotel auf dem Bett lagen und in die Sterne vom Balkon aus gezählt haben, wir waren so verletzlich und gleichzeitig frei.
Erinnerst du dich noch als wir in der Wiese lagen und uns zum ersten mal mit echten Augen gesehen haben.
Erinnerst du dich noch als wir bis 5 wach geblieben sind, weil du nicht schlafen konntest, wie wir zur Tankstelle gerannt sind um uns Essen zu holen.
Wie wir damals campen waren und im Boot geschlafen haben, weil du überzeugt davon warst, dass an Land Bären sind.
Wie wir in die Berge gefahren sind, das war dein erstes Mal dort, wie wir Tag und Nacht gewandert sind und nur mit den Sternen und uns gesprochen haben.
Erinnerst du dich noch, als wir in der Wiese lagen, nachts um drei und uns in die Augen gesehen haben, deine Augen sind so voller Sprenkel wie ein ganz eigenes Unsiversum, sie sind so lebendig, sie sind so froh.
Manchmal frage ich mich, was du denkst, in welche Richtung du treibst. Denn du bist nie geschwommen, du hast nur auf dem Rücken gelegen und in den Himmel gestarrt.

Ich weiß, dass du dich nicht erinnerst.

An nichts, nicht an mich, nicht an die Wiese, nicht an unsere Urlaube, unsere Abenteuer, an die Erkundungen, die uns tief ins Herz des anderen geführt haben. Die dunkeln Pfade und die hellen Lichtungen.

Ich weiß noch genau wie du geweint hast, als dein Hund gestorben ist. Du bist 7 gewesen, wir haben ihn bei dem großen Baum begraben, hinten, auf unserer Lieblingslichtung. Mit 15 haben wir deine Oma daneben begraben, mit 18 deine Eltern. Ich habe nie darum gebeten bleiben zu dürfen, Teil deines Lebens zu sein, denn ich war schon immer ein Teil, wir kennen uns seit ich in dem Krankenhaus geschrien habe, weil ich alleine aufgewacht bin, ohne Mutter und ohne Vater.
Ich glaube du hast schon damals zurück geschrien und von da an bin ich nie wieder alleine gewesen.

Und jetzt, jetzt liegst du da, ich habe nie gesagt wie wohl ich mich fühle, ich habe nie das Gefühl gehabt das da Grenzen sind. Grenzen zwischen uns, dass unsere Haut uns trennt oder die Luft. Wir sind so gleich, so angepasst aneinander, dass wir immer gleichzeitig atmen, Sätze beenden, die gleichen Gesten machen und die gleichen Gewohnheiten pflegen und dennoch sind wir so verschieden.

Du magst Pudding, genau wie ich, nur du Vanillie und ich Schoko.
Du liebst es Milch zu trinken, warme Milch mit Honig, und du hasst die Pelle, und ich esse die Pelle immer für dich, wenn die Milch kalt wird, weil du zu viel nachdenkst.
Du isst Nudeln nur mit dem Löffel und als ich das akzeptiert habe, habe ich immer nur einen Löffel und eine Gabel aufgedeckt und du meinstes immer, dass wir Besteck sparen.
Du trinkst Kaffe mit Milch und zwei Zucker und ich mit drei, deshalb trinke ich immer deine Reste.
Du brauchst was zum kuscheln, wenn du schläfst also war ich schon immer dein Kuscheltier.
Du hasst es mit der Bahn zu fahren und ich es mit dem Auto, also fahre ich dich auf dem Fahrrad.
Du hasst es andere Leute zu begrüßen, also sage ich immer Hallo und ich hasse Smaltalk, also übernimmst du das für mich. 
Du machst leicht neue Freunde, aber du verlierst sie auch genauso schnell, also bin ich für immer geblieben, als Konstante.
Du hasst es Leuten in die Augen zu sehen, also habe ich irgendwann begonnen dir aus Spaß Sonnenbrillen zu kaufen.
Du weißt nicht wohin mit deinen Armen während du läufst, und ich hasse es Hände in Taschen zu stecken, also halten wir immer Händchen. Du fühlst dich eingeengt, wenn deine Hand dabei unten ist. Also verschränken wir sie immer so das deine oben ist, beinahe automatisch.

Unser Haut trennt uns nicht. Wenn ich ganz nah an dir liege höre ich meine eigenden Herzschlag und nicht deinen, denn wir sind so gleich, dass ich mich nicht erinnern kann, je von dir getrennt gewesen zu sein.
Ich habe nie gebeten in deinem Leben zu sein, und mich nie bedankt, denn ich bin schon immer da gewesen.

Also was ist passiert, dass du schläfst und ich wach bin?
Was ist passiert, dass ich mich erinnere und du vergisst?
Was ist passiert, dass ich sehe und du nicht?
Was ist passiert, dass unsere Haut eine Grenze darstellt?
Wer hat diese Mauer zwischen uns gesetzt?
Wer die Glasscheibe, dünn und durchsichtig und dennoch dort?
Was ist passiert, dass du mich nicht vermisst und all das was wir teilen?
Schicksal, dass ist passiert.
Ich bin zu gierig, zu eifersüchtig, sowas wie dich für mich zu beanspruchen, doch das wusste ich erst, als du gegangen bist.
Was ist das, was uns trennt und wie kann ich es weg machen, denn es ist kalt ohne dich. Es ist einsam. Ich bin nie alleine gewesen. Wir waren immer zusammen und nie getrennt.

Strange opportunity | BTS fanficWo Geschichten leben. Entdecke jetzt