Zurück nach Hogwarts

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Zurück nach Hogwarts



Hermine erwachte mitten in der Nacht. Sie schälte sich aus Dracos Armen und glitt vorsichtig aus dem Bett. Im Licht des Vollmondes, der durch das Fenster herein schien, suchte sie ihre Sachen zusammen. Das Bündel fest an sich gedrückt fiel ihr Blick auf den schlafenden Slytherin. Sie setzte sich vorsichtig auf die Bettkante und betrachtete ihn eine kleine Weile. Dann beugte sie sich vor, strich eine silberblonde Strähne aus seiner Stirn und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. »Merlin steh mir bei«, flüsterte sie erstickt. »Ich liebe dich, Draco Malfoy.«

Sie stand auf und verließ das Zimmer. Das Lächeln, das sich auf seinem Gesicht ausbreitete, sah sie nicht mehr.

Hermine zog sich ihre Nachtwäsche an und kuschelte sich in ihre Kissen. Es war Wahnsinn, was sie getan hatte, doch andererseits war es die beste Erfahrung ihres Lebens gewesen. Nur noch wenige Tage blieben ihr, ehe der Zug sie zurück in die Schule bringen würde. Ohje, wie würde es Draco aufnehmen, wenn er erfuhr, dass sie keineswegs beabsichtigte, offiziell seine Freundin zu spielen? Das war das einzige, was für ihn tun konnte, um ihre Liebe zu ihm zu beweisen. Eine Liebe, die er gar nicht haben wollte.

Hermine seufzte. Doch vielleicht, nur vielleicht, reichte die Erinnerung an diesen Tag für ihn aus, um zu erkennen, dass er ihre Liebe erwiderte. Sie verbot sich sofort, sich weiterhin dieser Hoffnung hinzugeben. Nichts dergleichen würde er tun, oder doch? Sollte es ihm tatsächlich gelingen, seine Abneigung gegenüber Muggelstämmigen zu überwinden und sogar seine Eltern davon zu überzeugen? Könnten Narzissa und Lucius Hermine je in ihrer Familie willkommen heißen? Über ihren Grübeleien schlief die Gryffindor letztendlich ein.

Am nächsten Morgen kitzelte sie etwas an der Nase. Sie schnaubte und schlug die Augen auf. Draco saß an ihrem Bett und hielt eine Feder in der Hand. Er grinste sie schelmisch an.

»Kleine Rache für gestern. Sich so aus meinem Zimmer zu stehlen.«

»Stell dir vor, deine Eltern hätten noch einmal nach dir gesehen und mich bei dir entdeckt«, gab Hermine zu bedenken.

»Die Zeiten sind vorbei. Ich bin doch kein Kleinkind mehr.« Er beugte sich vor und küsste sie zärtlich auf die Lippen. Dann lehnte er sich zurück und sah sie feierlich an: »Pansy Parkinson, eines Tages werde ich dich bitten, meine Frau zu werden.«

Hermine schluckte sichtlich nervös. Das würde er sicher niemals tun, nur wusste er es noch nicht.

»Keine Panik. Ich frage nicht so bald, aber du solltest darauf vorbereitet sein und mir die richtige Antwort geben, wenn es soweit ist. Und jetzt komm mit, das Frühstück ist fertig.«

Offenbar hatte er diesmal nicht die Absicht vor der Tür auf sie zu warten. Er setzte sich breitbeinig in einen der Sessel und sah sie erwartungsvoll an. Während Hermine sich vor seinen Augen anzog, überlegte sie angestrengt, wie sie es ihm am besten beibringen sollte, ihre Freundschaft geheim zu halten. Nachdem sie angekleidet war, schlenderte sie zu ihm hinüber, setzte sich auf seinen Schoß und schlang die Arme um seinen Hals. Ihre Finger kraulten durch sein Haar. »Draco, wir müssen da noch etwas besprechen.«

Er seufzte gespielt auf. »Reden? Ich hatte schon gehofft, du hättest etwas anderes im Sinn.«

Sie kniff ihn liebevoll in die Wange. »Nimmersatt. Aber es ist wichtig. Immerhin betrifft es uns.«

Jetzt sah er sie mit seiner ganzen Aufmerksamkeit an. Hermine sagte leise: »Bald sind wir wieder in Hogwarts. Die anderen wissen nichts von unserer Beziehung und ich möchte, dass das vorerst auch so bleibt.«

»Einverstanden«, antwortete er zu ihrer Überraschung sofort. »Das ist auch in meinem Sinne.«

Das konnte nur mit seiner Verlobung zu tun haben. Sicherlich wäre es taktisch unklug, bereits vor deren offizieller Lösung sich mit einer anderen zu zeigen. Hermine verspürte immer ein leichtes Stechen im Herzen, wenn sie an das unbekannte Mädchen dachte, das Draco einmal heiraten sollte. Streng genommen müsste sie sogar versuchen, die Entlobung um seinetwillen zu verhindern. Allerdings hatte sie weder eine Idee, wie sich das plausibel erklären ließ, noch das geringste persönliche Interesse daran. So begnügte sie sich damit ihn leidenschaftlich zu küssen, ehe sie zusammen das Zimmer verließen.

Die letzten gemeinsamen Tage flogen nur so dahin. Sie verbrachten fast jeden Tag in dem Meerwasserschwimmbad und liebten sich im warmen Sand. Einmal besuchte sie Blaise und hielt sie einen ganzen Nachmittag von ihrer trauten Zweisamkeit fern. Draco war am Abend mächtig schlecht gelaunt und Hermine gelang es nur dadurch, ihn zu besänftigen, indem sie ihm anbot, diese Nacht in ihrem Zimmer zu verbringen. Viel Schlaf fanden die beiden nicht. Es schien, als wollten sie so viel Zeit wie möglich alleine miteinander verbringen, da dies in Hogwarts nicht mehr gelingen würde.



Nun standen sie am Gleis 9 ¾. Dracos Eltern hatten die beiden persönlich zum Bahnhof begleitet. Diesmal war Narzissa Malfoys Lächeln echt. »Lerne weiter so fleißig, Pansy. Wir freuen uns schon, dich in den Osterferien wieder bei uns begrüßen zu können.«

Auch Lucius bestätigte die Einladung. Doch Hermine war sich sicher, dass sie bis dahin wieder sie selbst war und Ostern daher vermutlich nicht in Malfoy Manor verbringen würde. »Es hat mir sehr gut bei Ihnen gefallen«, sagte sie und Narzissa ließ sich dazu hinab, die vermeintliche Freundin ihres Sohnes zu umarmen.

»Sieh an, die Weasleys«, sagte Lucius und lenkte die Aufmerksamkeit auf die rothaarige Familie, »und deine Duellgegnerin ist auch dabei, Pansy.«

Hermine löste sich von Dracos Mutter und blickte auf. Die echte Pansy sah zu ihnen hinüber und wirkte ehrlich überrascht. Doch sogleich riss Rons Mutter sie an sich, küsste sie stürmisch auf beide Wangen und knuddelte sie so kräftig, dass das Mädchen in der Umarmung regelrecht versank. Ginny beobachtete die Verabschiedung säuerlich und flüsterte Harry etwas zu.

Lucius verzog angewidert das Gesicht und wandte sich ab. Nie würde er Hermine als Dracos Partnerin akzeptieren, das wurde der Gryffindor wieder einmal deutlich vor Augen geführt. Vielleicht sollte sie mal mit Pansy reden, ob sie die Körper nicht behalten sollten. Doch ihre Freunde vermisste Hermine auch schrecklich und außerdem konnte sie nicht für den Rest ihres Lebens mit einer Lüge leben. Nachdem auch Lucius sie kurz aber herzlich an sich gedrückt hatte, folgte sie Draco grübelnd in den Zug und setzte sich dicht neben ihn. Auch Blaise, Millicent und Gregory Goyle drängten sich in das Abteil. Die Fahrt ging schnell vorbei, da Milli ununterbrochen von ihrem Skiurlaub mit ihren Eltern erzählte und Gregory dabei immer wieder ansah. Draco warf Hermine vielsagende Blicke zu und sie bemühte sich, das Grinsen zu verkneifen.

Bevor die Schülerinnen und Schüler die große Halle betraten, kam Professor McGonagall auf sie zu. »Miss Granger«, rief sie energisch und hielt ihren Blick auf Hermine gerichtet.

»Ja, was ist?«, meldete sich stattdessen Pansy, die ganz in der Nähe stand.

Die Lehrerin stutzte einen kleinen Moment und sagte dann: »Folgen Sie mir bitte.«

Pansy warf Ron einen fragenden Blick zu und ging ihrer derzeitigen Hauslehrerin nach.

Gerade jetzt schnarrte eine Stimme neben Hermine: »Nun, Miss Parkinson, wie waren die Ferien?«

Hermine sah ihren Hauslehrer erstaunt an. »Gut Sir.«

»Haben Sie viel für die Schule getan?«

»Ich hoffe, es reicht, Professor.« Sie wich Snape absichtlich aus.

»Ich war fleißig«, betonte er und seine schwarzen Augen schienen Hermine zu durchbohren.

»Das freut mich für Sie. Ich vermute mal, Sie waren auch erfolgreich.«

Snape wiegte den Kopf. »Das wird sich in naher Zukunft herausstellen.« Dann schlurfte er von dannen, ohne die anderen Slytherins auch nur eines Blickes zu würdigen.

»Was sollte das denn?«, fragte Draco verwundert. »Also irgendwie kommt er mir merkwürdig vor, seitdem er wieder unterrichtet. Glaubst du, das Schlangengift hat irgendwelche Nebenwirkungen hinterlassen?« Dabei tippte er sich mit dem Zeigefinger an die Stirn.

Hermine zuckte mit den Achseln, obwohl sie genau wusste, worauf der Professor angespielt hatte. Ihre Zeit bei den Slytherins lief ab. Allerdings hätte sie zu gerne gewusst, was Snape unter naher Zukunft verstand.

Die erste Woche verstrich. Draco hatte das Quidditchtraining wieder aufgenommen. Er trainierte seine Mannschaft unerbittlich. Der nächste Gegner war Ravenclaw und Draco wollte die Partie unbedingt gewinnen. Wie die Stundengläser der Häuser anzeigten, waren Slytherin und Gryffindor in diesem Jahr gleichauf. Nicht zuletzt durch die vielen Punkte, die Hermine als Pansy gesammelt hatte. Nun, das würde sich auch bald ändern. Doch noch war es Hermine, die trotz des heftigen Schneeregens auf der fast leeren Tribüne saß und Draco zusah. Sie wusste, er liebte es, sie in seiner Nähe zu wissen. Verstohlene Berührungen waren alles, was ihnen geblieben war und die Sehnsucht nach seinen Küssen wuchs stetig in Hermine an. »Gewöhn dich schon einmal daran«, schalt sie sich selbst, »bald hast du gar nichts mehr.«

Der Tag des Quidditchspiels war gekommen. Nach dem Frühstück war es Draco gelungen, Hermine einen flüchtigen Kuss zu rauben, ehe er zu den Umkleiden marschierte. Niemand hatte etwas bemerkt und doch fand Hermine, dass er ein zu großes Risiko eingegangen war. Sie folgte dem Strom der anderen Slytherins auf die Tribüne. Ihr Feldstecher hing um den Hals. Zum Glück war es ein klarer kalter Wintertag. Die beiden Mannschaften betraten den Rasen, der unter einer dünnen Schneeschicht verborgen war. Das Spiel wurde von Professor McGonagall gepfiffen. Wenigstens würde es eine faire Partie werden.

Hermine hob das Glas und blickte über die Reihen der Zuschauer. Viele Gryffindors und Hufflepuffs konnte sie entdecken. Pansy stand eng an Ron gekuschelt und küsste ihn von Zeit zu Zeit. Ginny stand neben Harry und hielt ihre Augen starr auf das Feld gerichtet. Natürlich würden die beiden die Spieltaktik der Ravenclaws genau beobachten, die ihre nächsten Gegner würden.

Professor McGonagall pfiff die Partie an und die Spielerinnen und Spieler sausten in die Höhe. Draco schraubte sich nach oben, immer bedacht darauf, einen möglichst großen Abstand zum Sucher der Ravenclaws zu halten. Die Schlangen hielten sich zurück, lauerten darauf ihre Chancen zu nutzen, falls Löcher in der gegnerischen Deckung entstehen sollten. Ravenclaw dagegen griff sofort an. Die Jägerinnen sausten auf die grün bebänderten Torringe zu, wichen geschickt den Klatschern aus, um dann letztendlich doch am Hüter zu scheitern. Der warf den Quaffel einem der Jäger zu und kurze Zeit später kündigte ein lautes »Ping« das erste Tor für Slytherin an.

Hermine warf durch den Feldstecher einen Blick nach oben und sah Draco, der beide Hände vom Besen gelöst hatte und kurz in die Hände klatschte. Sie war ein wenig überrascht von dieser ersichtlichen Reaktion, schloss daraus aber, dass er sich freute, weil seine Mannschaft die von ihm ausgetüftelte Taktik so gekonnt umsetzte.

Slytherins Hüter war nach wie vor unschlagbar. Er hielt die meisten Quaffel auf. Es sah schlecht aus für Ravenclaw, das bald mit fünfzig zu zehn hinten lag. Bei einem Tor der Slytherins jubelte allerdings nur deren Tribüne. Alle anderen Zuschauer waren auf der Seite ihrer Gegner. Das würde sich auch nicht so schnell ändern, war Hermine überzeugt. Solange sich die Reinblüter etwas auf ihre Abstammung einbildeten, so lange würde es nie wirklichen Frieden oder Zusammenhalt unter den vier Häusern geben. Hermine jubelte lauthals, als einer der grünen Jäger den Quaffel abermals durch einen der gegnerischen Torringe pfefferte.

»Weitere zehn Punkte für Slytherin«, kommentierte Luna Lovegood mit gewohnt verträumter Stimme. »Aber bei dem Spiel gegen Gryffindor lagen sie auch in Führung und dann hat Harry den Schnatz doch noch gefangen.«

Luna fiel es als Ravenclaw natürlich schwer, unparteiisch zu bleiben und wollte auf diese Weise ihrer Mannschaft sicherlich Hoffnung geben. Die hatten sie auch bitter nötig. Zwei weitere Tore fielen für Slytherin.

Hermine umarmte den überraschten Blaise. »Hoffentlich taucht der Schnatz bald auf und Draco fängt ihn.«

»Hast du dir schon eine Taktik zurecht gelegt, wie du Draco diesmal zum Sieg verhelfen willst?«, grinste der Dunkle.

»Draco schafft das schon alleine. Er ist wendiger als der Sucher der Ravenclaws.«

»Aber nicht besser als Potter, oder?«

»Blaise, man kann die Realität nicht wegdiskutieren. Harry Potter ist der beste Flieger von ganz Hogwarts, auch wenn das natürlich bitter ist. Aber Draco kommt nach meiner Meinung gleich danach.« Was redete sie denn da? Hatte sie nicht immer Ron direkt hinter Harry gesehen? Nur weil sie sich mittlerweile eingestanden hatte, Draco zu lieben, konnte das doch keinen Einfluss auf seine Qualitäten als Quidditchspieler haben, oder etwa doch?

»Draco ist nicht gerne der Zweite, denn der ist bekanntlich der erste Verlierer«, riss der Slytherin sie aus ihren Gedanken.

»Immer noch besser, als der Letzte.«

»Du meinst Weasley? Na, schlechter als der zu fliegen heißt schon was.«

»Immerhin ist er in einem Team, im Gegensatz zu dir«, schnappte Hermine. Sie liebte Ron nicht mehr, aber er war immer noch ihr Freund, oder würde es zumindest wieder werden, hoffte sie.

Blaise schnaubte, erwiderte aber nichts darauf. Dafür blickte er nach oben. Draco jagte im Sturzflug gen Erde. Jetzt sah Hermine den kleinen goldenen Ball Zentimeter über dem Boden schweben. Ihr Herz schlug schneller. Draco raste mit einer Geschwindigkeit, die sie ansonsten nur von Harry kannte, auf den Schnatz zu. Hermine hatte keine wirklichen Kenntnisse über Quidditch und vor allem nicht von den verschiedenen Taktiken, doch es kam ihr so vor, als müsste Draco seinen Besen langsam abfangen, um nicht im Schnee aufzuschlagen. War sein Siegeswille so groß, dass er dafür sogar sein Leben aufs Spiel setzte? Wenige Meter trennten den Slytherin noch von dem Schnatz, als Draco endlich den Besenstiel nach oben riss. Hermine schrie auf.

Dracos Füße schleiften über den Boden und hinterließen zwei Spuren. Seine rechte Hand schoss vor und einen Augenblick später hatte er den geflügelten Ball fest umklammert. Hermine jauchzte begeistert und klatschte wie wild in die Hände.

Draco stieg vom Besen und hielt die erhobene Faust strahlend in die Höhe. Professor McGonagall pfiff das Spiel ab. Die Slytherins waren nicht mehr zu halten. Sie drängten hinunter auf das Spielfeld. Hermine rannte geradewegs auf Draco zu. Sie hatte solche Angst um ihn gehabt und war so erleichtert, dass ihm nichts passiert war, dass sie ihm vor aller Augen um den Hals fiel.

Besen und Schnatz nicht loslassend umklammerte Draco sie und seine kalten Lippen suchten begierig die ihren. Hermine erwiderte den Kuss leidenschaftlich. Der Lärm um sie herum schien für einen Moment zu verstummen. Es gab nur noch sie zwei.

»Draco!«, schnauzte Professor Snape. »Was machen Sie denn da?«

»Wonach sieht es denn aus, Professor?«, fragte Draco und löste sich sichtlich widerwillig von Hermine. Diese trat augenblicklich verlegen einen Schritt zurück.

»Lassen Sie das, oder Sie werden es eines Tages bitter bereuen«, schimpfte Snape.

»Aber Severus«, mischte sich Professor McGonagall ein. »Die zwei haben sich doch nur so sehr über den Sieg von Slytherin gefreut. Da kochen die Emotionen schon mal über. Kein Grund das überzubewerten.«

Snapes Mundwinkel zogen sich ob der Kritik nach unten. »Die Schüler meines Hauses haben sich so nicht zu benehmen. Gefühle müssen kontrollierbar bleiben, insbesondere unter solchen Umständen, sonst führt das unweigerlich ins Chaos.«

Sein stechender Blick löste sich von McGonagall und schnellte zu Hermine hinüber.

»Miss Parkinson, fünf Punkte Abzug wegen ungebührlichem Verhalten in der Öffentlichkeit.«

Dann stürmte er mit wehendem Mantel hinauf zur Schule. Professor McGonagall sah Hermine beinahe entschuldigend an und eilte ihrem Kollegen hinterher.

Entgeistert starrten die Slytherins ihrem Hauslehrer nach. »Der hat sie ja nicht mehr alle«, schnaufte Draco entrüstet. »Ich glaube, ich muss Vater mal einen Brief schreiben. Wozu sitzt er denn im Schulrat.«

»Nein Draco, bitte nicht«, flehte Hermine.

»Ihr seid also doch zusammen«, stellte Blaise mit einem Grinsen fest.

»Ja«, sagte Draco.

»Nein«, widersprach Hermine. »Das war nur, weil wir uns so gefreut haben. Wir sind nur Freunde.«

»Nur Freunde, soso. Dann kommt mal mit, ihr Freunde. Im Gemeinschaftsraum wird eine Party steigen«, sagte Blaise immer noch feixend.



Eine weitere Woche verging. Hermine hatte das Gefühl, Snape würde sie mit Argusaugen beobachten. Sie getraute sich noch nicht einmal mehr, Draco anzusehen, wenn der Lehrer in der Nähe war. Möglicherweise die falsche Taktik, denn Snape schien immer misstrauischer zu werden.

Draco dagegen, versuchte Hermine bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu berühren. Wenn sie in der großen Halle saßen, fuhr seine Hand mehr als einmal unter dem Tisch über ihr Bein und drückte es zärtlich. Stand sie vor ihm in der Reihe, um das Klassenzimmer zu betreten, fühlte sie seine Finger über ihren Rücken gleiten. Es war für beide eine Qual und sie wussten es.

Einmal, ein einziges Mal waren sie im Gemeinschaftsraum alleine. Dracos Augen glühten, als er Hermine besitzergreifend an sich zog. Er stürzte sich auf ihren Mund, als würde er verdursten. »Ich brauche dich«, stöhnte er. Seine Hände wanderten durch ihr Haar und zerwühlten es. »Ohne dich kann ich das alles hier nicht mehr ertragen.«

Er ließ sich rücklings auf einen Sessel fallen und riss sie mit sich. Hermine lag halb auf ihm, als die Wand zurück glitt und Gregory und Millicent Hand in Hand eintraten. »Oh, hier ist wohl schon besetzt, was.«

»Nein«, fing sich Hermine nach einer Schrecksekunde. »Draco hat mir nur etwas aus den Haaren gezogen.«

»Ja«, spottete das Mädchen. »So sah es auch aus.«

Leise knurrte Draco in Hermines Ohr: »Zehn Minuten später und dir wäre keine Ausrede mehr eingefallen.«



Unter lautem Kreischen flogen die Posteulen durch die große Halle. Eine von ihnen steuerte auf Draco zu und ließ den Brief vor ihm fallen, den sie im Schnabel trug. Der Slytherin betrachtete das rückwärtige Siegel mit einem Blick, in dem sich Skepsis und Hoffnung mischten. Dann riss er ihn auf und überflog die Zeilen. Seine Augen wurden größer und ein strahlendes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus.

»Von wem ist der Brief?«, fragte Hermine, obwohl sie genau zu wissen glaubte, von wem er war und welches Thema er zum Inhalt hatte.

»Er ist von meinen Eltern. Sie lassen dich ganz herzlich grüßen und wiederholen nochmals ihre Einladung an dich, die Osterferien in unserem Haus zu verbringen.«

»Und weiter?«

»Nur noch eine Kleinigkeit. Das erzähle ich dir später.«

»Warum?«

»Wirst du schon sehen. Warte es einfach ab«, antwortete er geheimnisvoll.

Nach dem Mittagessen schlenderte Hermine zur Bibliothek. Auf dem Weg dorthin begegnete ihr Professor Snape. Hermine senkte den Blick und wollte an ihm vorbei eilen.

»Ach, Miss Parkinson«, sagte er jedoch und zog den Nachnamen in die Länge. »Ich erwarte Sie heute Abend um Punkt neunzehn Uhr in meinem Büro.«

»Strafarbeit?«, fragte Hermine sofort.

»Nein«, antwortete er kalt. »Wenn ich von Schülern meines Hauses eine solche verlangen würde, sähe das noch merkwürdiger aus als der Punktabzug, zu dem Sie mich animiert haben. Obwohl ich in Ihrem Fall – verständlicher Weise – zu gerne eine Ausnahme bei der Strafarbeit machen würde.«

Wütend ließ Hermine ihn stehen. Lange saß sie in der Bibliothek jedoch nicht ungestört. Nach einer kleinen Weile tauchte Draco auf. Er setzte sich ihr gegenüber auf die Bank und ergriff ihre Hände.

»Pansy, ich muss etwas ganz Wichtiges unter vier Augen mit dir besprechen.«

»Was, jetzt?«, fuhr Hermine auf, immer noch zornig über Snape.

»Nein, heute Abend um sieben.«

»Geht leider nicht. Snape hat mich eben für diese Uhrzeit in sein Büro bestellt.«

»Was will er denn?«, fragte Draco sichtlich misstrauisch.

»Als wenn er mir das auf die Nase binden würde. Er konnte mich noch nie leiden.«

»Nimm das mal nicht so persönlich. Er ist halt ein Griesgram. Außerdem würde ich nicht so weit gehen und behaupten, er könnte dich nicht ausstehen. Bisher fand er dich doch eher ... nichtssagend.«

»Danke, Draco, auch nicht besser«, antwortete Hermine und rümpfte die Nase. Doch sie fühlte sich schon wieder etwas fröhlicher.

»Also, wenn er dich heute Abend um sieben sehen will, dann treffen wir uns eben um halb acht.«

»Und wenn ich bis dahin nicht fertig sein sollte?«

»Ich werde auf dich warten.«

»Na schön, und wo?«

»Draußen, an der Eiche am schwarzen See.«

»Du machst es aber spannend.«

»Ich weiß, und bringe bitte die Kette mit, die ich dir Weihnachten geschenkt habe.«

»Ja Draco, mache ich«, antwortete die Gryffindor und ihr Herz begann schneller zu schlagen, als sie in seinen grauen Augen versank.

Der blonde Slytherin sah sich schnell um. Die wenigen Schüler, die sich gerade in der Bibliothek aufhielten, schienen alle beschäftigt zu sein. Sanft küsste er Hermine auf den Mund. »Ich freue mich auf dich - wahnsinnig.«

Dann ging er. Hermine sah ihm traurig nach und hatte plötzlich ein merkwürdiges Gefühl im Bauch.

Zaubertrank des SchicksalsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt