Kapitel 31

2 0 0
                                    


Cora
Es erleichterte mich Liron wieder so lächeln zu sehen, aber zu bald verschwand es wieder aus seinem Gesicht.
„Mein König, das war keine Frage oder Bitte...", sagte ich sanft. „Es ist mein Entschluss. Bei dem Kampf gegen Marco heute habe ich gemerkt, wie sehr ich das Kämpfen vermisst habe. Ich brauche es in meinem Leben. Ich, als reines Objekt zum Anschauen, Schweigen und Organisieren irgendwelcher Feiern, das bin einfach nicht ich. Es gibt keine Gesetze, die einer Königin verbieten sich der Armee anzuschließen. Ich möchte die gleiche Ausbildung wie jeder Soldat durchlaufen und dann an der Seite anderer für Frieden in diesem Königreich sorgen. Bis Lucina älter ist, kann ich ja in der Nähe bleiben. Es gibt genug Soldaten, die innerhalb des Königreiches für Frieden sorgen- ihnen möchte ich mich anschließen. Nur indem ich verschiedene Städte bereise und so herausfinde, was die Menschen brauchen, kann ich ihnen als ihre Königin helfen. Èlise hat mir weitergegeben, was die Pflichten einer Königin sind- es sind belanglose Aufgaben, die dennoch meine ganze Zeit in Anspruch nehmen würden- so kann ich niemandem helfen. Und bei solch einer Arbeit würde ich verkümmern. Ich bin für den Kampf geschaffen, nicht für solche Aufgaben!", sagte ich, voller Verzweiflung in meiner Stimme und meinem Blick. „Ich könnte auch zusätzlich Unterricht in Strategie nehmen und eines Tages das Heer anführen. Es gab in der Vergangenheit viele Könige, die das getan hatten- warum nicht auch ich als Königin? Ich bin für das Leben in einem Palast mit all seinem Luxus und seinen Bequemlichkeiten einfach nicht gemacht. Ich fühle mich gefangen, Liron und das bereits einen Tag nachdem ich hier bin! Ich will weder Lucina noch dich verlassen und das werde ich auch nicht. Ich werde immer in eurer Nähe sein und nie für lange fort. Bitte, mein König, versuche mich zu verstehen!"


Liron
Ich hörte ihr zu, doch war noch immer nicht begeistert. Ich wollte sie nicht en weiteres Mal gehen lassen, außerdem hatte ich Angst ihr würde etwas passieren. ,,Und was wenn etwas dazwischenkommt, du dann doch länger weg bist? Ich würde vor Angst sterben, das weißt du. Mag sein, dass du stark bist, doch trotzdem bist du verletzlich." Ich sah sie wütend an, doch hatte ich mehr Angst um sie, als das ich wütend war. Mein Blick fiel hinter sie und auf den Mann, welcher mit etwas Abstand dort an der Wand gelehnt stand. Er hatte uns zugehört und nun trat er näher, da ich ihn bemerkt hatte. ,,Du solltest inzwischen wissen, dass es keinen Wert hat sie hier festzuhalten. Cora hat ihren eigenen Kopf, sie wird zur Armee gehen, das weißt du selbst. Außerdem hat sie es selber gesagt, sie ist nicht für dieses luxuriöse Leben geschaffen." Ich blickte Marco, welcher inzwischen neben uns stand, wütend an. Jetzt fiel auch noch er mir in den Rücken? Ich wollte sie nicht festhalten, doch wollte ich sie ebenso wenig zur Armee gehen lassen. Ich riss meine Hand aus der von Cora und packte Marco am Kragen, wobei ich dies nicht geplant hatte, denn herrschte gerade eher die Wut in mir. ,,Dieses Leben gehört aber zu mir. Wenn sie es nicht akzeptieren kann soll sie es sich noch einmal überlegen, ob sie mich wirklich heiraten möchte. Und ich halte sie nicht fest, wenn sie gehen möchte darf sie gerne gehen, aber nicht zur Armee. Niemals. Wenn sie doch ihren Kopf durchsetzt und geht, weiß ich nicht, ob ich noch einmal so lange auf sie warten kann und werde." Erst jetzt bemerkte ich, dass der Kragen von Marco rauchte, jedoch zum Glück noch nicht brannte. Schnell ließ ich ihn los, nahm meine Hände zu mir. ,,Du brauchst ein neues Hemd", murmelte ich und sah Cora an. ,,Nein. Und das ist eine Bitte und ein Befehl deines Königs", zischte ich und ging zu meinem Zimmer, welches glücklicherweise gleich hier war. Ich war wütend und hätte noch weiter diskutiert, doch musste ich dringend meine Hände in kaltes Wasser halten, da ich bereits spürte wie die Hitze in meinen Händen hinaufwanderte, sich einen Weg zu meinen Ellbogen bahnte. Es ärgerte mich, denn verlor ich viel zu schnell die Kontrolle über die Hitze in mir.


Cora
Ja, natürlich konnte es sein, dass ich mal länger weg war, aber ich liebte Liron und brauchte ihn genauso sehr wie er mich. Ich würde immer zu ihm und unserer Tochter zurückkehren. Ich wollte Liron gerade ein Angebot machen, als mit einem Mal Marcos Stimme hinter mit erklang. Ich verfolgte die Auseinandersetzung zwischen den zwei wichtigsten Männern in meinem Herzen. Mein Herz erwärmte sich bei den Worten des Kommandanten. Auch wenn er mir den Vorschlag überhaupt erst gemacht hatte, wusste ich, dass er sich immer Sorgen machen würde, wenn ich an seiner Seite kämpfte. Ich war seine Tochter. Doch trotzdem erkannte er, dass ich dieses Leben brauchte und er war bereit mich bei meinem Weg zu unterstützen. Liron dagegen nicht. Als Liron Marco am Kragen packte, erschuf ich ein stumpfes Messer um notfalls dazwischengehen zu können, wartete aber ab und beobachtete die beiden genau.
Alles in mir schrie vor Wut und Enttäuschung bei Lirons letzten Worten. Wieso nur konnte er mich nicht verstehen? Lag es daran, dass er hier im Palast aufgewachsen war und eine andere Freiheit als ich kannte?
„Es tut mir leid, meine Tochter- ich wollte keinen Streit zwischen euch entfachen, indem ich den Vorschlag überhaupt zur Sprache brachte. Ich denke du solltest nochmal alleine und in Ruhe mit König Liron über alles sprechen. Aber letzten Endes darfst du weder auf ihn noch auf mich hören- du musst deinem Herz folgen und ich werde dich immer unterstützen, egal welchen Weg du wählst, kleine Flamme!", meinte Marco sanft zu mir, während er sich das verbrannte Oberteil auszog. Ich trat zu ihm und umarmte ihn fest. „Danke, Vater!", entgegnete ich liebevoll und dankbar für seine Worte, wobei ich das erste Mal diese Worte aussprach, anstatt sie nur zu denken. Familie konnte auch ohne Blut entstehen. Ich nickte Marco noch einmal zu, dann folgte ich Liron in sein Zimmer, in welches ich eintrat, ohne zu klopfen- die Wachen hinderten mich nicht daran. Liron tauchte seine Hände gerade in ein Becken mit kaltem Wasser und ich schlang meine Arme von hinten um ihn. „Mein König...", sagte ich leise und in meiner Stimme schwangen Angst, Hoffnung, Liebe, Wut, Enttäuschung, Trauer und noch so vieles mehr mit. „Ich will an deiner Seite sein- für immer- aber ich kann dieses andere Leben von mir nicht aufgeben. Ich werde verwelken wie eine Blume ohne Wasser und Sonnenlicht, wenn ich meine Freiheit nicht habe- wenn ich nicht kämpfen kann. Ich will deine Königin sein, aber ich kann dabei nicht die Rolle einer Königin spielen, die ich nicht bin. Ich liebe dich und dieses Königreich braucht mich: Darum werde ich nicht deine Königin sein, ich werde deine Leibwächterin werden. Vielleicht kann ich so ein bisschen was verändern- die Welt zu einem besseren Ort machen. Ich wollte dich eigentlich darum bitten, mich die eine Hälfte des Jahres mit den Soldaten ziehen zu lassen und mit diesen zu kämpfen, während ich die andere Hälfte des Jahres an deiner Seite regieren würde, aber du wirst diesem Wunsch wohl niemals stattgeben. Und so bitte ich dich darum aus ganzem Herzen, dass ich in die Armee aufgenommen werde und von nun an deine Leibwächterin bin- damit ich trotz allem in deiner Nähe und in der Nähe unseres Lichts sein kann- wenn es mir schon nicht möglich sein wird, jemals deine Königin zu sein, da du die Königin, die ich wäre, nicht akzeptieren kannst!" Ich löste meine Arme von Liron und kniete mich mit gesenktem Blick vor ihm hin, während Schmerz in meinen Augen lag. Ich würde niemals die Königin sein können, die er brauchte. Tränen liefen meine Wangen hinunter und tropften auf den Boden. „Bitte!" Reinste Verzweiflung sprach aus meiner Stimme, als ich dieses letzte Wort an Liron richtete und dann abwartete, was er sagen würde.


Liron
Ich hatte meine Hände in kaltes Wasser getaucht und sofort verschwand die Wärme etwas. Ich schloss meine Augen und atmete tief durch, wollte etwas runterkommen. Zwar hörte ich wie die Tür geöffnet wurde, doch richtig realisieren tat ich es nicht, erst, als sich ihre Arme um mich schlangen. Ich hörte ihr zu, ging jedes Wort noch einmal in meinem Kopf durch. Dann ließ sie mich schließlich los und ich nahm ein Handtuch, um meine Hände abzutrocknen. Ich drehte mich zu ihr um. ,,Wieso kniest du?", fragte ich, kniete mich dann jedoch ebenfalls hin. ,,Du wirst nicht meine Leibwächterin. Ich werde gehen, für ein paar Tage nur, doch möchte ich deine Begleitung nicht. Wenn du es so sehr möchtest fange mit der Ausbildung an, denn es bringt nichts, wenn du unglücklich hier im Palast bist. Aber bitte versprich mir dich niemals unnötig in Gefahr zu bringen, denn denk dabei an Lucina und mich, wir brauchen dich. Wir brauchen dich mehr als alle anderen." Bisher hatte ich nur vor ihr gekniet, doch nun schlang ich meine Arme um sie und drückte sie an mich. ,,Meine Worte vorhin habe ich nicht so gemeint, ich wünsche mir nichts größeres, als das du mich heiratest und ich dich meine Frau nennen darf." Ich hatte ehrlich gesagt Angst, denn wer wusste schon, ob sie ihre Meinung geändert hatte. Vielleicht war sie sich bewusst geworden, dass sie eine ganz andere Königin sein würde und dachte nun es wäre so nicht gut. Doch hoffentlich wusste sie auch, dass ich nur sie wollte, sie die einzige Frau in meinem Leben war.

Formaga- until the EndWo Geschichten leben. Entdecke jetzt