Immernoch geschockt liege ich am nächstes Morgen auf meinem Bett.
Matteos Schwester hatte sich umgebracht.
Und ich hatte kein Stück mit solch einer Aussage gerechnet als er mich auf einen Kaffee eingeladen hatte.
Erstaunlich, dass das nie die Runde in der Schule gemacht hatte, sowas verbreitet sich normalerweise wie ein Lauffeuer.Ob ich richtig reagiert hatte?
Was ist überhaupt richtig? Gibt es in so einem Fall ein richtig und falsch?So viele Gedanken in meinem Kopf und so wenig Platz.
Seufzend schließe ich meine Augen und massieren meine Schläfe.
Ich habe jetzt schon Kopfweh, dabei hat der Tag gerade erst begonnen.Noch einmal atme ich tief ein und aus und hieve mich dann hoch.
Als ich mir unten mein Pausenbrot schmiere, scheint Mama meine gedrückte Stimmung zu spüren.
Sie legt die Zeitung weg, sieht mich an und hebt dann fragend eine Augenbraue."Ach Mama.", seufze ich. "Matteo ist so kompliziert."
Tatsächlich fängt sie an zu lachen.
"Ach, Mia. So sind Männer nun mal. Damit wirst du wohl oder übel zurecht kommen müssen.""Matteos Schwester hat sich umgebracht.", meine ich dann und blicke vorsichtig von meinem Pausenbrot auf.
Mama sieht mich mit großen Augen an, dann sagt sie:
"Oh, okay. Das ist etwas anderes.""Wusstest du davon?", frage ich dann obwohl ich die Antwort eigentlich schon weiß.
"Natürlich nicht. Das ist aber auch nichts was man eben mal so rausposaunt. Das muss eine schwere Zeit für ihre Familie gewesen sein. Weißt du wann das war? Matteo is doch erst neu in deine Klasse gekommen, oder?"
"Hm, seit einem oder zwei Jahren ist er in meiner Klasse."
Jetzt hat Mama ihren mitleidigen Blick aufgesetzt. "So eine arme Familie. Vielleicht haben sich Matteos Eltern deswegen getrennt.", überlegt sie dann laut.
"Die sind geschieden?", frage ich überrascht.
"Ja, ich habe mal mit seiner Mama gequatscht beim Elternabend als wir warten mussten. Sie ist sehr freundlich. Da hat sie das erwähnt. Ich rate dir Matteo einfach so wie immer zu behandeln. Mia, mach da kein großes Ding draus wenn er es auch nicht macht. Und jetzt ab in die Schule."
Dann scheucht sie mich vom Tisch.Als ich in der Schule ankomme, ist Matteo noch nicht da.
Kurz beschleicht mich ein unwohles Gefühl, als er dann doch zwei Sekunden vor dem Läuten durch die Tür huscht.
Als er sich setzt, blickt er einmal zu mir nach hinten und lächelt mich süß an."Habt ihr euch jetzt schon geküsst?", raunt Hannah mir von der Seite zu.
Ich sehe sie nur böse an, weil sie die Antwort genau kennt.
Als die letzte Stunde vorbei ist, verstaue ich meine Bücher unter dem Tisch und hieve meine Tasche auf meine Schultern. Gerade will ich mich mit Hannah auf den Weg nach draußen machen, als Matteo zu uns rüberkommt.
"Hey Mia."Sofort fange ich an zu lächeln. Wie automatisch.
"Hey Matteo."Hannah räuspert sich kurz. "Bin dann schon mal bei den anderen. Lasst euch Zeit." und damit läuft sie davon.
"Wie geht's dir?", fragt er dann überraschender Weise.
"Mir geht's gut.", antworte ich verwirrt. Das hatte er noch nie gefragt.
Dann schlägt er vor: "Lass uns heute was unternehmen. Essen gehen oder einen Film schauen."
"Klar, lass uns einen Film sehen."
Bei dem Gedanken daran Matteo wieder so nah zu sein, fängt mein Herz erstaunlich schnell an zu schlagen.
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Zwei Briefe, die Liebe und ein kleines Café
Romance'Für den Blick in die Seele gibt es keine Aussichtstürme.' Das hatte Fred Ammon gesagt und er hat verdammt noch einmal Recht. Niemand kann in das Herz des Gegenübers blicken, nur sehen was ihm zu sehen gegeben wird. Ja, dieser Mensch scheint glückli...