Sorry...Ich Liebe Dich 2

Herzstillstand

Das sterile Zimmer ist in hellen Farben gehalten. Warum ist in Krankenhäusern immer alles so hell und rein? Kann man nicht wenigstens die Wände bunt machen?
Selbst die Einbauschränke neben dem Badezimmer sind weiß.
Durch zwei große Fenster erblickt man die fielen Lichter der Stadt auf einem schwarzen Hintergrund. Von Chloes Perspektive aus erkennt man nicht einmal die Konturen der Hochhäuser. Sie verschmelzen mit dem dunklen Nachthimmel.

Thomas neben ihr verschränkt die Arme und lehnt sich neben der Tür an die Wand. Dabei lässt er Chloe nicht aus den Augen. Sie hat allerdings kaum Interesse an ihm.
Sie sieht, wie ihr Vater sich etwas über Christian beugt. Ihm wurde bereits die Sauerstoffmaske vom Gesicht entfernt. Es dauert einen Moment, dann wendet er leicht den Kopf und sieht Chloes Vater mit müden Augen an.
Chloe merkt nicht, wie sie die Hände vor den Mund hält.

Sie ist sehr erstaunt darüber, dass die Ärzte es tatsächlich geschafft haben Christian aufzuwecken. Er ist schwach und kann nur schwer die Augen offen halten.
Ihr Vater spricht mit ihm. Es ist so leise, dass Chloe es nicht verstehen kann. Dr. Kang und die anderen Ärzte und Schwestern halten sich im Hintergrund. Dabei werfen sie regelmäßig nervöse Blicke auf die Instrumente.

Es dauert, bis Christians Mund sich leicht bewegt. Was sagt er nur? Worum handelt es sich bei diesen wichtigen Informationen? Geht es wirklich darum einen Krieg zu verhindern?

Chloe wird es wohl nie erfahren.
Wie lange sprechen sie miteinander? Chloe sucht verzweifelt eine Uhr. Im Flur ist keine und sie selbst hat auch keine. Es vergehen bestimmt zehn Minuten, bis Christian sichtliche Schwierigkeiten bekommt zu sprechen. Immer wieder verliert er kurz das Bewusstsein, doch man holt ihn jedes Mal zurück. Das ist so grausam. Chloe möchte am liebsten ein Loch in die Wand schlagen.

Nach weiteren Minuten fängt er an zu husten. Er bekommt keine Luft. Vermutlich sind seine Atemwege mit Blut gefüllt. Kurz darauf sieht man wie es ihm aus dem Mund läuft.
„Bitte hört doch auf", fleht Chloe leise.

Sie wird einfach ignoriert. Auch Dr. Kang rührt sich nicht. Dabei gefällt ihr die Sache genauso wenig. Das sieht Chloe. Jeder in diesem Raum weiß wie unmenschlich das ist.
Doch keiner hält ihren Vater auf.
Christian bekommt innere Blutungen und keiner unternimmt etwas. Sind das wirklich Ärzte dort drin? Wie können sie alle ihren Eid vergessen und so grausam sein?

Kalte Tränen laufen wie ein Wasserfall aus Chloes Augen. Der Schmerz in ihrer Brust ist wie ein unsichtbarer Dolch. Es wäre ihr lieber gewesen Christian wäre sofort an seinen Verletzungen gestorben, als diese Qualen zu erleiden.
Letztendlich verliert er wieder das Bewusstsein und keiner schafft es ihn zurück zu holen. Was danach geschieht war zu erwarten.

„Kammerflimmern!", ruft Dr. Kang, drängt Chloes Vater zur Seite und schließt den Defibrillator an.
„Aufladen! Hände weg!"
Chloe kann das nicht länger mitansehen. Sie dreht sich um und lehnt sich mit dem Rücken gegen die Wand. Sie wirft einen Hilfe suchenden Blick gen Himmel und erkennt nur die graue Decke des Flurs. Dort oben ist kein Himmel. Wäre dort etwas ähnliches, würde das alles nicht passieren.

Aus dem Zimmer drängen Stimmen an ihm Ohr. Sie hört es nur, das Geräusch der Stromschläge und das unaufhörliche durchgehende schrille Piepen der Maschine.
Chloe weiß, dass es zu spät ist. Jeder wusste wie hoch das Risiko ist.
Keine Träne kommt mehr, kein Herzschlag und kein Stromschlag.
Minutenlang steht sie fast regungslos im Flur und starrt an die Decke. Ihr Gesicht emotionslos.

Wahrscheinlich würde sie dort noch nach Stunden stehen, wenn nicht plötzlich ihre Beine beschließen würden ihre den Dienst zu versagen. Irgendwann findet sie sich auf dem Boden sitzend wieder. Es ist kalt. So unfassbar kalt. Chloe starrt auf etwas vor sich ohne wirklich zu sehen.