3. Liebe

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Was machte diese Hand auf meiner Schulter!? Das war abartig! Verstört drehte ich mich um und presste meinen Rücken gegen den Türrahmen, um so viel Abstand wie möglich zwischen uns zu bringen. „E-Entschuldige! Ich hab es einfach vergessen!", meinte er nahezu in derselben Sekunde, um einige Meter zurückzuspringen. Perplex sah ich zu ihm. Der Zeitraum dieser Situation war so klein, dass nicht mal mein Körper es verarbeiten konnte oder gar damit begann. Irritiert starrte ich noch einige Sekunden. „Jetzt lass mich einfach mein Erbrochenes putzen", murrte ich, worauf er den Kopf schüttelte. „Gib schon her!" „Ich putze. Setz du dich ins Wohnzimmer. "Misstrauisch schlich ich an ihm vorbei, um mich an genanntem Platz niederzulassen. Es behagte mir nicht, dass er sich um die Sauerei kümmerte, welche ich angerichtet hatte. Ich war doch daran schuld, dass sein Boden ruiniert war. Kauernd seufzte ich auf, als der Schwarzhaarige den Raum wieder betrat. Unangenehme Stille legte sich über die Wohnung.

In etwa ein Monat war bereits vergangen. Ich hatte mich an den seltsamen Kauz mit dem ich nun lebte gewöhnt. Keiner von uns hatte je wieder ein Wort über den Abend verloren. Allerdings hatte ich das Gefühl, als würde er momentan von Tag zu Tag noch komischer werden. Gelangweilt saß ich auf dem Sofa. Er war wie sonst auch in der Uni, während ich einsam vor mich hinvegitierte. Klar durfte ich die Wohnung verlassen, aber was sollte ich schon machen? Ich wusste ja nicht mal, wo genau das Gebäude hier stand, dementsprechend konnte ich nicht einfach zur Eishalle laufen. Wieso verspürte ich Einsamkeit? Ich hasste die Menschen, also vermisste ich sie schonmal nicht. War es möglich das.. nein niemals! Was sollte ich mit seiner Präsenz anfangen? Er unterschied sich nicht von den anderen.. oder etwa doch? Seufzend fiel ich in die weichen Polster der Couch. Am Anfang war ich mir nicht sicher, wie ich zu seinem Geruch stehen sollte, aber nach den paar Wochen fand ich ihn sogar ganz an- erträglich. Sollte ich Essen kochen? Immerhin würde ich mir damit die Zeit etwas vertreiben.

Gedacht getan. Ich schnippelte etwas Gemüse, kochte den Reis und deckte den Tisch. Gerade war ich fertig, da hörte, ich wie die Haustür geöffnet wurde. Ungewollt begann ich zu lächeln, weshalb ich schnell meinen Kopf in die andere Richtung drehte. "Da bin ich wieder.. oh du hast gekocht", meinte er ruhig. Ich hörte seine leisen Schritte, welche sich bis zu einem Stuhl bewegten. Etwas beschämt setzte ich mich. Mein Herz schlug schneller. Nebenbei durchflog ein ungewohntes Kribbeln meinen Körper. Anders als ich erst dachte, war es ziemlich angenehm. Wärme flutete meinen Körper. Mein Kopf fühlte sich so an als würde er gleich verglühen. Stumm stand ich auf, um mich im Bad einzuschließen. Scheisse! Was war das?! Das ist abartiger als alles andere! Körper beruhig dich! Schwer atmend stützte ich mich an dem Waschbecken ab. Panik stieg in mir auf, doch glühte sogleich wieder ab. Handy! Ich musste herausbekommen was diese Symptome bedeuten könnten.. Vielleicht werde ich ja nur krank. "Yuri? Alles gut?" "J-Ja! Ich komm gleich wieder!" Aus Nervosität hätte ich fast mein Handy fallen gelassen. Gerade wollte ich beginnen zu tippen, da fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Könnte es sein, dass ich begann Otabek zu.. mögen?

Meinen inneren Konflikt ignorierend öffnete ich die Tür wieder. Unsicher ließ ich mich ihm gegenüber nieder. Unter Schweigen aß ich meinen Tellerinhalt. "Yuri.. du hast nicht abgespült.. was hast du da drin so lange gemacht..?" Sein Atem prallte gegen meine Wange. Wie war er so schnell dahin gekommen? Er stützte sich mit den Armen, während sein restlicher Körper etwas nach vorne gelehnt war. Mein Herz machte einen Aussetzer, um dann dreimal so schnell weiterzuschlagen. Mir blieb die Luft nahezu weg. Komplett in Trance, senkte ich meinen Blick, nur um vorsichtig über seinen Handrücken zu streichen. Seine Haut war trocken, aber nicht unbedingt rau.. eher schon in einem sanften weich. Er war nicht stark gebräunt, aber auch nicht schneeweiß. Es war ein guter Mittelweg. "Scheisse", nuschelte ich kaum hörbar. Ich hatte mich nicht nur an ihn gewöhnt.. nein. Ich hatte mich in ihn verliebt. Er sollte nur mir gehören.. Der leichte Drang ihn noch mehr zu berühren, huschte durch meinen Körper. Wärme schloss sich um meine Wange. Erst wollte ich schreien, weinen, aber dann begriff ich, dass er der einzige war, der mir nichts Böses wollte. Mich sanft behandeln würde. "Yuri..", murmelte er. Unsere Körper waren nur wenige Millimeter voneinander entfernt. "Darf ich dich küssen?" Anstatt ihm zu antworten, tat ich es einfach. Mein Körper war mindestens genauso irritiert und überfordert wie ich, aber die Gefühle, die in mir explodierten machten, es etwas besser. Seine Lippen bewegten sich behutsam gegen die Meinen.

Verklemmt hatten wir uns auf dem Sofa niedergelassen. Die Situation war nun doch etwas unangenehm, immerhin war es ohne Vorwarnung passiert. Wir berührten einander nicht. Es war auch gut so, ich fühlte mich dadurch etwas sicherer. Wobei.. wie würde es sich wohl anfühlen, wenn er seine Arme um mich schlang? Würde es das Gefühl von Geborgenheit auslösen? Oder doch nur eine Panikattacke? "Hör mir z-", ich unterbrach ihn, indem ich mich vorsichtig an ihn schmiegte. Meine Kontrolle war verloren. Alles was passierte war reiner Instinkt.

(P.o.V. Otabek Altin)

Gerade wollte ich ihm sagen, dass ich mich aus Versehen in ihn verliebt hatte, da spürte ich seinen warmen Körper an dem meinen. Was passierte hier.. Ich dachte, er hasst mich, hasst Berührungen.. eben einfach alles was mit Sozialkontakt zu tun hat. So behutsam, wie es mir möglich war, legte ich meine Arme um seinen zierlichen Körper. War das richtig? Würde er gleich wieder in Panik verfallen. Die Minuten verstrichen, doch nichts geschah. Unsicher spähte ich zu ihm. Er war.. einfach eingeschlafen. Vorsichtig strich ich ihm über die Wange. Er sah so friedlich aus. Seine Atmung war gleichmäßig und entspannt. Litt er vielleicht auch unter Schlafproblemen? Zaghaft zog ich seinen Körper mehr an mich, um ihn schließlich anzuheben. Auf dem Sofa zu bleiben war mir auf Dauer zu unbequem, also trug ich ihn in das Schlafzimmer. Eigentlich wollte ich ihn zudecken und alleine dort schlafen lassen, doch er hielt sich weiter an mir fest. "Bleib", nuschelte er, nur um mich im selben Moment in das Bett zu ziehen. Unbeholfen lag ich da, mit dem kleinen Blonden in meinen Armen.

Trauma [Otayuri || Yuri!!! On Ice || Short-Story] ABGESCHLOSSENWo Geschichten leben. Entdecke jetzt