»Oh Gott, Nikan! Was ist hier passiert?«, hörte ich Macawi fragen.
Wie versteinert stand ich mit leerem Blick vor dem toten Ostwolf, den ich mittlerweile losgelassen hatte. Das Blut rauschte in meinen Ohren und eine bittere Mischung aus Trauer und Zorn wütete in mir.
Sie hatten Heyoka getötet. Einfach so. Ohne einen guten Grund.
»Nikan«. Macawi kam näher. »Was ist passiert?«, fragte er unsicher. Eine Spur von Angst schwang in seiner Stimme mit.
Ich löste mich endlich aus meiner Starre und blickte schwermütig in die Richtung des toten Heyoka.
»Heyoka...«, flüsterte Macawi und ging hinüber zu dem leblosen Körper der erschlafft am Fuße des Baumes lag. Macawi setzte sich aufrecht hin, hob den Kopf in die Luft und fing an markerschütternd zu heulen.
Wenige Sekunden später stimmten auf Atsila und Mahkah mit ein. Eine tiefe Traurigkeit hing in der Luft.
»Wir sollten zurück zum Rudel, bevor hier noch weitere Ostwölfe auftauchen«, sagte ich überraschend gefasst, nachdem das Geheul verstummt war.
Betreten nickten die anderen.
»Wir sollten ihn mitnehmen«, fügte ich vorsichtig hinzu.Mit einem erneuten Nicken hoben Atsila und Mahkah vorsichtig den leblosen Körper vom Boden auf.
»Wir können los«, meinte Macawi knapp.
Bevor wir die Lichtung verließen, warf ich eine letzten Blick zurück auf die mit Blutspritzern bedeckte Lichtung. Die beiden leblosen Körper der Ostwölfe lagen seltsam friedlich, wie umgefallene Baumstämme, auf der Lichtung.
Ich wandte den Blick ab und folgte den anderen durch das Unterholz, zurück zum Rudel. Wir hatten einiges zu erklären und zu betrauern.
-
Den ganzen Rückweg über hatte keiner ein Wort gesagt und eine beklommene Stimmung hatte sich zwischen uns breit gemacht.
Als wir das Labyrinth betraten blickten uns die Wölfe, die noch wach waren, schockiert entgegen. Behutsam trugen wir Heyokas Leichnam zur Steinhöhle und legten ihn mit aller Vorsicht im Hauptraum der Höhle ab. Mato erwartete uns bereits.
Mato war als Vertretung für seinen todkranken Vater eingesprungen und musterte Heyokas Leichnam mit Bedauern.
»Wie konnte das passieren?«, fragte er in den stillen Raum hinein.
»Wir wollten in den Wald gehen, um nach dem Rechten zu sehen.«, begann ich mit der Erklärung. »Wir hatten uns aufgeteilt. Heyoka und ich trafen nach einiger Zeit auf zwei Ostwölfe. Wir wurden in einen Kampf verwickelt, in dem Heyoka schließlich durch den Ostwolf zu Tode kam.«, erzählte ich ernüchtert weiter.
»Wir werden ihn morgen bei Sonnenaufgang angemessen bestatten. Außerdem möchte ich euch bitten, mir morgen weitere Einzelheiten zu berichten.«, entgegnete Mato kalt.
Mit hängenden Köpfen trotteten wir dem Ausgang der Höhle entgegen.
»Hey, Nikan«, setzte Macawi an.
Ohne im noch eines Blickes zu würdigen beschleunigte ich das Tempo und rannte schließlich durch das Labyrinth zu meiner Kuhle. Zu Ahanu.Ahanu schlief friedlich in seine Kuhle gekuschelt. Er hatte rein gar nichts mitbekommen.
Ich legte mich erschöpft neben ihn und sank in einen unruhigen und von Alpträumen geplagten, Schlaf.
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Wolfheart - Stone of Night
FantasyNikan lebt behütet im Rudel der Nordwölfe, eines von insgesamt fünf Rudeln. Jedoch sollte sich dies bald ändern. Durch eine Futterknappheit und das plötzliche Verschwinden des Mondes, kommt es unter den Rudeln zu Auseinandersetzungen. Auch in den...