17. Hawaii

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Feburar 2005, Andre Young Estate - Hawaii

Ich konnte noch immer nicht glauben, dass ich wirklich Marshalls Aufforderung gefolgt war und zusammen mit den Kindern nach Hawaii geflogen war. Nach einem langen und ermüdenden Flug waren Alex, Jona und ich vor drei Tagen im Haus von Marshalls Produzenten Andre angekommen. Begrüßt wurden wir von keinem geringeren als Marshall selbst und seinen drei total aufgedrehten Mädchen. Ich freute mich riesig Lainey, Hailie und Whitney endlich wieder zu sehen, seit Marshall und die Mädchen uns im November in Deutschland besucht hatten, war einfach viel zu viel Zeit vergangen. Ich konnte es kaum erwarten die zwei Wochen hier zusammen mit Alex, Jona und den Mädchen zu genießen. Es war so ein schönes Gefühl einfach mal für mich zu sein und nichts zu müssen. Ich konnte einfach meine Seele baumeln lassen und musste mich um nichts sorgen. Dazu kam noch, dass das Haus ein absoluter Traum war. Weit ab vom Schuss gelegen bot es mehr Privatsphäre als alles andere. Mir kam es so vor, als wenn Marshall und ich die einzigen Menschen auf dieser Erde waren. Nur Rosa, die Haushälterin, die alle paar Tage frische Lebensmittel vorbei brachte drang in unsere kleine Welt ein. Das Haus hatte neben einem großen Pool auch einen eigenen Strandabschnitt. Es war wie das Paradise, auf dem weißen Sand standen ein paar einzelne Liegen und Sonnenschirme verteilt und eine Art Leinenpavillon bat zusätzlichen Schutz vor der Sonne. Ich lag auf einer der Liege und hatte mein Gesicht hinter einem dicken Buch vergraben. Die leichte Meeresbriese trug die Stimmen der Kinder zu mir herüber. Lainey und Hailie spielten zusammen mit den kleinen im Sand und bauten Burgen. Die Mädchen waren besser als jede Nanny, sie hatten großen Spaß daran sich um ihre kleine Schwester und meine beiden Jungs zu kümmern, während ich mal für ein paar Stunden einfach nur die Seele baumeln ließ. Trotzdem ging ich nie außer Blickweite der Kinder, denn ich wollte nicht, dass irgendetwas passierte. Marshall hatte darauf bestanden, ganz ohne Personal aus zu kommen, auch wenn Dre fasst darauf bestanden hatte, dass er doch wenigstens den Koch nicht nach Hause schicken sollte. Doch zu Dres Leidwesen hatte Marshall abgelehnt – worum ich ihm sehr dankbar war. Er hatte selbst seine heißgeliebte Nanny zu Hause gelassen. Mir machte auch das nichts aus, denn ich sah keinen großen Unterschied darin, ob ich mich jetzt um nur beiden Jungs kümmerte oder auch noch um Marshalls Mädchen. Wir verbrachten ein paar tolle Tage hier und zum ersten Mal seit Harrys Tod, kam mir das Leben nicht mehr ganz so schrecklich und grausam vor. Es war fast so, als wenn Hawaiis ganze Farben es geschafft hatte auch ein bisschen Farbe in meine dunkle und vernarbte Seele zu bringen. Während ich mich meistens um die Kinder kümmerte, was nicht wirklich viel Arbeit war, da auch sie hier Urlaub hatten, hatte Marshall das Kochen übernommen und es hatte mich wirklich gewundert wie gut er kochen konnte. Die letzten drei Tage hatten wir meistens am Strand verbrachte, während die Kinder im Sand oder seichten Wasser spielten, las ich ein Buch und Marshall lag einige Meter von mir entfernt auf einer Liege, mit Kopfhörern auf den Ohren und schrieb. Er konnte wohl nie wirklich entspannen und aufhören an die Musik zu denken. Als ich einmal darauf angesprochen hatte, hatte er nur gelächelt und gesagt „Das ist der Unterschied zwischen einem Job und einer Leidenschaft!" Manchmal stand einer von uns beiden auf und ging zusammen mit den Kindern ins Wasser oder wir beide tobten mit den Kindern durch die Wellen. Abends nachdem die Kinder im Bett waren und wir mit Hailie und Lainey meistens noch einen Film geschaut hatten, saßen Marshall und ich auf der großen Terrasse, die einen atemberaubenden Blick über die dichten Wälder der Insel hatte, und erzählten. Manchmal sprachen wir über ernste Themen wie Politik oder erzählten uns von unserer Kindheit, die unterschiedlicher nicht hätte sein können. Aber es gab auch Moment, in denen wir einfach nur da saßen und keine Luft mehr vor Lachen bekamen, weil wir uns gegenseitig Witze erzählten. Es war ein schönes Gefühl zu wissen, dass ich einen so treuen und aufrichtigen Freund wie Marshall an meiner Seite hatte.

Ich wurde von einem lauten Schrei aus meinem Gedanken gerissen, in einer schnellen Bewegung setzte ich mich auf und ließ das Buch auf die Liege vor mir fallen, als mein Blick in die Richtung, aus der der Schrei kam, wanderte, sah ich Marshall, der grade dabei war Hailie und Lainey hoch zu heben. Er hielt beide Mädchen an den Fußgelenken fest und ging langsam mit ihnen auf das Wasser zu. Marshall schwankte leicht unter dem Gesicht seiner beiden Töchter, doch über sein Gesicht war ein breites Grinsen gewandert. „Bitte, Daddy! Nicht!", hörte ich Lainey schreien und konnte nicht anders als auch zu Grinsen. Hailie warf einen Blick in meine Richtung. „Kat hilf uns!", schrie sie und fuchtelte wild mit ihren Armen um her. Marshall warf mir einen Blick zu und zwinkerte. Ich stand von der Liege auf und ging zu Marshall und den Kinder rüber, auf meinem Weg hob ich Whitney auf meinen Arm, die mit großen Augen ihren Vater beäugte. „Willst du auch ins Wasser?", fragte ich die zweijährige und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. Jona zupfte an meinem Strandkleid und sah mich aus seinen großen blauen Kulleraugen an. „Mommy! Ich will auch auf deinen Arm!", verlangte er und streckte mir seine Arme entgegen. „Baby, ich kann nur einen von euch beiden hochheben! Guck mal was Marshall mit Lainey und Hailie macht!", forderte ich ihn auf, um ihn abzulenken und deutete auf die Stelle an der Marshall mit Hailie und Lainey im Wasser stand und kurz davor war die Mädchen ins Wasser fallen zu lassen. „Daddy nicht!", bettelte Lainey. Doch es war schon zu spät. Marshall hatte die beiden los gelassen und sie waren mit einem lauten Platschen ins Meer gefallen. Marshall breitete seine Arme aus und sah Alex, Jona und Whitney an. „Komm Leute, wollt ihr auch ins Wasser?", Whitney und Alex nickte wild und sprinteten auf Marshall zu. Er stand nur bis zu den Knien im Wasser, also konnte die beiden bequem durch das Wasser auf ihn zu laufen. Nur Jona, der jetzt auf meinem Arm saß schaute sehnsüchtig auf das Wasser. „Möchtest du auch schwimmen?", fragte ich ihn und er nickte. Marshall hatte mittlerweile Alex auf seinen Schultern sitzen und hielt Whitney auf dem Arm. Er grinste mich an und sagte dann an Jona gewandt. „Frag deine Mommy doch, ob sie mit ins Wasser kommt!" Jona sah mich hoffnungsvoll an. Ich verdrehte die Augen und sah Marshall an, der nur mit den Schultern zuckte und dann eine Wasserschlacht mit den Kindern begann. Ich setzte Jona für einen kurzen Augenblick ab und zog mir mein Strandkleid aus. Mittlerweile verwerte mir mein dicker Bauch den Blick auf meine Füße. Mit Jona auf dem Arm ging ich an die Wasserkante heran und wartete dann in die seichten Wellen bis zu Marshall und den anderen Kindern. Wir begannen eine Wasserschlacht, dabei achtete ich immer drauf Jona fest umschlossen zu halten. Als ich merkte wie die Kleinen langsam müde wurden beschloss ich, dass es Zeit wurden nach oben ins Haus zu gehen und die Kinder fürs Abendessen fertig zu machen. Ich kniete vor der Badewanne und wusch Whitney, Alex und Jona die Haare, während Hailie und Lainey beim Abendessen halfen. Alex und Whitney planschten wild herum und hatten einen Heidenspaß. „Können wir für immer hier bleiben, Mommy?", fragte Alex und sah mich aus seinen blauen Augen hoffnungsvoll an. Ich grinste und schüttelte den Kopf. „Nein, mein Schatz können wir nicht, aber vielleicht können wir Marshall und die Mädchen ja mal zu uns nach London einladen!" Schlug ich vor und drückte einen Kuss auf seine Stirn während ich ihn abtrocknete.

Nachdem Abendessen und nachdem Marshall und ich noch mit Hailie und Lainey ‚Honey' geguckt hatte, saßen wir jetzt vor dem großen Kamin im Wohnzimmer. Marshall nippte immer wieder an seinem Bier, während ich mich mit einem Glas Apfel Cidre zufrieden gab und abwesend in die Flammen schaute. „Woran denkst du?", wollte Marshall wissen. Ich sah ihm in seine stahlblauen Augen und lächelte. „Ich musste grade an heute Nachmittag denken!", offenbarte ich. Marshall nickte, als wenn er mir bedeuten wollte weiter zu sprechen. „Ich hab dich noch nie so glücklich gesehen!", gestand ich, „Du hast so gestrahlt und deine Augen haben so geleuchtet, als du mit den Kindern im Wasser gespielt hast!" Marshall nickte und spielte abwesend an seiner Bierflasche herum, dann begann er zu sprechen. „Seit Kim und ich uns wieder getrennt haben, war es für mich nicht leicht. Ich hab das Gefühl, dass ich nie eine Frau finden werde, die mich einfach nur liebt, weil ich Marshall bin. Und manchmal fühle ich mich einfach einsam. Aber in den letzten paar Tagen hier, habe ich irgendwie erkannte was wirklich wichtig ist. Und das sind meine Mädchen, es gibt für mich nichts Schöneres auf der Welt als sie glücklich zu sehen und ich habe zum ersten Mal seit einer langen Zeit wieder da Gefühl durch atmen zu können!", sagte er und lächelte mich traurig an. Ich rutschte ein kleines Stück zu ihm rüber und griff nach seiner Hand. „Marshall! Du bist nicht alleine! Du hast deine Mädchen und du hast mich. Ich weiß, dass ich keine gute Freundin im letzten halben Jahr war, aber ich versprechen, dass ich mich bessere. Und wenn es dir nicht gut geht, will ich, dass du mir das sagst. Denn ich bin da und ich will dir zu hören!", versicherte ich ihm. Marshalls Gesichtsausdruck veränderte er sich und er drückte meine Hand. „Danke!", sagte er leise. Ich schüttelte den Kopf. „Nicht dafür. Ohne dich hätte ich die letzten sechs Monate nicht überlebt, ich will gar nicht dran denken, was mit mir passiert wäre – wenn du nicht da gewesen wärst! Ich hätte...", bevor ich weiter sprechen konnte unterbrach Marshall mich. „Nicht, so etwas darfst du nicht denken!", sagte er bestimmt. In meinen Augen sammelten sich Tränen. „Doch!", schluchzte ich, „Ich wollte nicht mehr leben!" Marshall sah mich quälend an und zog mich in seine Arme. „Kat, es gibt so viel für das es sich zu leben lohnt. Alex, Jona, deine Familie und diesen kleinen Wurm! Harry hat sich auf dich verlassen, dass du dich um eure Kinder kümmerst und es gibt einen Grund dafür warum du grade jetzt noch ein Baby bekommst. Harry mag nicht mehr hier sein, aber er ist noch überall. In Alex Augen und Jonas Lächeln und bald wirst du sehen, welchen Teil Nummer drei Harry bekommt!", flüsterte er und legte seine Hand auf meinen dicken Bauch, grade in diesem Moment spürte ich zum ersten Mal den Tritt meines ungeborenen Babys. Marshall sah mich mit großen Augen an und ich konnte nicht anders als zu lachen, vor Glück. Ich fiel Marshall um den Hals und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. „Danke Marshall!" Marshall hielt mich fest in seinen Armen an sich gedrückt. In diesem Moment wusste, noch niemand von uns beiden, dass dieser Augenblick unsere beiden Welten und Leben für immer verändern würde und danach nichts mehr sein würde wie bevor.

Second Chances (Eminem Story)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt