Linea fragte sich, ob sich Sand weich anfühlte, der hier tat es nicht. Die Haare fielen ihr ins Gesicht und sie sah in die Ferne, den Horizont. Er war orange, es war früh am Morgen, sie seufzte. Es war etwas frisch, sie fror aber nicht sehr. Ihre Mutter hatte ihr, extra für den Urlaub, eine kurze Jeanshose gekauft, zu kurz für Linea, sie reichte ihr nur gerade so über den Hintern. Zu knapp, aber ihre Mutter hatte sie extra für ihre Tochter gekauft, also trug sie diese auch. Abgesehen davon war sie für das Wetter doch mehr als angebracht. Trotzdem fühlte sie sich darin unwohl, wollte sich nicht ausmalen, was Noah denken würde, wenn er sie sah. Außerdem trug sie ein schwarzes Top und eine graue Sweatshirt Jacke darüber. Sie war etwas zu klein, weil sie diese schon seit einigen Jahren besaß, doch das störte sie nicht. Später würde sie sie wegen der Hitze sowieso ausziehen. Das Mädchen hatte sich unwohl gefühlt, als Samuel das Geld für den Bikini, den sie jetzt trug, in die Hand drückte. Er hatte es ihr gegeben, weil sie so etwas nicht besaß und ohne wäre ein Strandurlaub nicht sehr sinnvoll. Sie wandte den Blick vom Himmel ab, es wurde heller, die Sonne verließ den Horizont langsam. Sie sah nach unten, auf ihre Schuhe. Es waren alte, schwarze und billige Fake Chucks. Das Mädchen presste die Füße zusammen, spürte eine Spritze unter ihrem rechten Fuß. Sand hatte sich an der Spitze der Spritze gesammelt und sie konnte etwas vertrocknetes Blut daran erkennen. Sie fragte sich, ob es einfach nur eine normaler oder ein goldener Schuss gewesen war, sie hatte Angst vor Spritzen. Wieso musste man so etwas eigentlich immer auf einem Spielplatz tun? Sie sah hier schon lange keine Kinder mehr spielen, zumindest nicht so, wie sie es sollten. Linea blickte sich um, sie saß auf einer Schaukel, wippte leicht hin und her. Das dunkle Holz des kleinen Spielhäuschens war übersät mit Graffitis und dem ein oder anderem kleinen Brandloch. Der Rutsche aus Metall ging es nicht anders, sie war an einigen Stellen eingedellt. Die Kinder hier spielten lieber mit Waffen oder ihrem Leben als mit diesen Geräten. Die Jungs fingen sich hier schon sehr früh eine Straftat ein. Keine Jungfrau wurde hier älter als 13. Das Mädchen biss sich auf die Lippe, bis jetzt war sie eine der wenigen Ausnahmen gewesen, doch dazu konnte sie sich nun nicht mehr zählen. Sie war 15, zu alt für die Statistik in diesem Viertel, trotzdem war sie viel zu jung. Kurz schloss sie die Augen, legte den Kopf zurück und versuchte die aufkommenden Gedanken zu verdrängen. Sie atmete tief ein und aus. Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie zu reinen jungen Mann, der auf sie zu lief. Er trug, wie immer, seine Lederjacke, obwohl es schon lange zu warm dafür war. Sie stand auf.
Linea fragte sich, wie sie es so lange ohne Taylor aushalten sollte. „Wieso kommst du nicht mit?" Hilflos klang ihre Frage, fast schon verzweifelt. „Ich kann nicht" „Aber warum? Samuel kann das sicher bezahlen... und ich gebe ihm-" „Ich habe keine Zeit." Seine Augen waren glasig, er sagte die Wahrheit. Linea verletzten diese Worte, auch wenn er es nicht böse meinte Aber es klang so, als wäre sie es nicht wert, dass sie ihn an seiner Seite haben durfte, dass er sich Zeit für sie nahm. Wenn es so gewesen wäre, hätte sie es verstanden. „Aber wie schaffe ich das dann?", wollte sie von ihm wissen. Er zuckte mit den Schultern und sie seufzte, woher sollte er es auch schon wissen? Dürftig fuhr sie sich mit dem Arm übers Gesicht, wollte vor Taylor nicht weinen, sie lächelte. Linea machte einen Schritt nach vorne, schob die Arme in Richtung Taylor und presste sich an ihn, gierig nach seiner Wärme. Taylor friere nie, sie schon. Er war der Einzige, dessen Berührung sie wollte, brauchte. Der Braunhaarige reagierte und drücke sie an sich. Linea schob ihre Hände unter seine Jacke, merkte, dass er etwas dünner geworden war. „Lass es doch wenigstens keine Amphetamine sein...Taylor." Sie klang traurig. „Ich kann mir das nicht aussuchen, Linea." „Du vergisst zu essen." „Ich will vergessen." Sie wusste, dass er nicht das Essen meinte.
Linea presste sich in den Sitz, strich sich durch das hellbraune Haar. In ihr kribbelte es, sie hatte Angst. Noch nie saß das Mädchen in einem Flugzeug gesessen, hatte noch nie diese Angst beim Start dieser großen Maschine gespürt. Es ruckelte, die Fingerspitzen ihrer rechten Hand vergruben sich in der Lehne. Mit der anderen Hand umklammerte sie den Gurt um ihren Oberkörper, so als wolle sie verhindern, dass er sich jeden Moment öffnete. Das Mädchen hatte Angst abzustürzen, sie wusste, es war unwahrscheinlich, trotzdem war die Furcht davor groß. Ihr Herz klopfte wild, ihr wurde schlecht. Linea machte die Augen zu, wollte alles um sich vergessen. Wollte, dass der Flug endlich vorbei war. Doch er begann ja erst.
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Silent Control
General Fiction[Allmächtig und Silent Control sind zwei VERSCHIEDENE Geschichten] Linea Parker ist ein Mädchen mit einem Leben, dass nicht ihr gehört - Ein Stipendium. Eine Elite Schule. Eine Chance. Sie dachte, dass alles würde dafür sorgen, dass sie und ihr...