Kapitel 16

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Ich marschierte gut gelaunt ins Wohnzimmer. Paps saß mit Mariska auf dem Teppich und baute irgendetwas zusammen. Ich schaute über seine Schulter "Was wird das?" Als Antwort hielt er mir eine Bauanleitung entgegen. "Ich frage mich, wie die sich vorstellen, dass Zweijährige das zusammengebaut bekommen.", stöhnte er.  Das war Duplo und keine hochkomplexer Bauplan für ein bemanntes Weltraumfahrzeug zur Erkundung der schwarzen Löccher. Ich hockte mich zu ihm auf den Boden. Scheinbar benötigte er dringend Unterstützung, um den Bauernhof für meine Schwester zusammenzuschustern. Mari griff ständig nach irgendwelchen Bausteinen und steckte sie zusammen. Kein Wunder, wenn er den Mist nicht hinbekam, wenn ihm immer die entsprechenden Teile fehlten. "Gib mal her, Mimo." Ich versucht meiner kleinen Schwester die Bausteine zu entreißen. Dummerweise gab das nur lautstarken Protest. "Gromo, du sollst deine kleine Schwester nicht immer Minimonster nennen", beschwerte sich Mama, die gerade ins Zimmer gekommen war. "Und du mich nicht Großmonster.", flunschte ich sie an. "Solltest du nicht überhaupt lieber in deinem Zimmer sitzen und pauken? Denk an unsere Wette. Du schuldest mir noch etwas." Ich fing an zu grinsen und sprang auf. Deshalb war ich doch eigentlich überhaupt hier ins Wohnzimmer getrabt. "Hier.", knallte ich meiner Mutter mein Klausurheft auf den Tisch. Die Römelt hatte wie zu erwarten die Klausur über das Wochenende korrigiert. Man, die hatte mich mindestens so überrascht angeguckt als sie mir das Heft in die Hand gedrückt hatte, wie ich geschaut hatte als ich es aufschlug und mir die Eins entgegensprang. Ich und eine Eins. Das war wie Holland und der Weltmeistertitel. So etwas gab es eigentlich nicht. So sah das wohl auch die alte Trockenpflaume von Römelt, denn sie konnte es nicht lassen zu erwähenen, dass ich ihr mit dieser Überraschung ihr Wochenende gerettet hatte. Arme Frau, wenn sie nicht mehr vom Leben zu erwarten hatte. "Na, die unterschreibe ich ja mit Begeisterung.", grinste Mama mich an. Sie griff nach einem Stift, der auf dem Tisch lag und kritzelte ihren Namen darunter. "Jederzeit gerne wieder.", grinste sie und zog einen Zettel hinten aus dem Heft. "Was ist denn das?" Ich schmulte kurz darauf. "Ach, das ist nur so eine blöde Einladung für so eine Berufsinformationsveranstaltung. Den brauche ich nicht." In der nächsten Woche sollte die an dem Tag sein, an dem die ersten Abiklausuren stattfanden und wir unterrichtsfrei hatten. Glücklicherweise war die Teilnahme freiwillig. Das hieß für mich einen ganzen Tag mehr Zeit für Training. "Wieso brauchst du den nicht?" Mama schaute mich mit gerunzelter Stirn an. "Weil ich schon weiß, was ich nach der Schule mache." Das stand schon so lange fest, wie ich zur Schule ging. "Ach ja?" Sie musterte mich interessiert und auch Paps schaute gespannt zu mir. "Ich werde Fußballprofi." Wieso musste ich ihnen das überhaupt sagen? Das war doch absolut klar. Also manchmal waren Eltern echt schwer von Begriff. "Das ist kein wirklicher Beruf.", kam es von Mama. Ich schaute zu Paps. Was er wohl dazu sagte. Garantiert würde er gleich in die Luft gehen und meiner Mutter klar machen, dass das sehr wohl ein Beruf war. Sogar ein ziemlich ehrenwerter, wenn man bedachte, wie viele Zuschauer mannmit dieser Tätigkeit glücklich machte. Also das schaffte ein Lehrer definitiv nicht. "Da hat deine Mutter recht." Hatte ich mich gerade verhört? "Aber..." Schockiert schaute ich zu Paps, der mich ernst anschaute  "Nichts aber. Es ist ein Hobby, mit dem man mit sehr viel Glück eine Menge Geld verdienen kann. Trotzdem braucht man eine richtige Ausbildung, wenn der Plan nicht funktioniert oder etwas dazwischen kommt." "Was soll denn dazwischenkommen?", unterbrach ich ihn erregt.  "Zum Beispiel eine Verletzung oder in deinem Fall auch die Liebe und eine Geburt." Ich zeigte ihm einen Vogel "Liebe pah. Ich will keine Kinder." Eine echte Frechheit mir zu unterstellen, dass ich für so einen Blödsinn meine Karriere opfern würde. Warum schaute er denn so enttäuscht? Ach so...."Wenn du Enkel willst, laufen hier ja noch genug freiwillige Produzenten dafür herum.", versuchte ich ihn schnell zu trösten. Ich fragte mich schon die ganze Zeit, ob sich wohl erst Maja oder erst Leo ihr Leben versauten. "Aber Verletzungen können dich genauso wie jeden anderen erwischen. Da hat Papa schon recht.", mischte sich Mama wieder ein. War ja klar. Von ihr hätte ich das erwartet. Aber von Papa? "Ist klar, bei dir zählen nur welche, die studieren.", maulte ich in Mamas Richtung "Und du hast doch selbst keine Ausbildung ", war Paps dann dran. Der sollte hier mal nicht den Moralapostel geben nur damit er bei Mama gut dastand. "Genau, ich habe keine Ausbildung, weil ich sie damals abgebrochen habe." Stimmt Paps hatte ja in einem Supermarkt begonnen die Orangen zu polieren. "Aber ich habe oft Momente gehabt, wo ich mich gefragt habe, ob es nicht doch besser gewesen wäre, wenn ich die Ausbildung als Einzelhandelskaufmann wenigstens abgeschlossen hätte." Das war ja wohl nicht sein Ernst. Wollte er mir hier wirklich erklären, er hätte lieber im Supermarkt Paletten geschoben als auf dem Platz zu stehen. "Das glaubst du ja wohl selber nicht.", platzte es aus mir heraus. "Du solltest auf alle Fälle zu der Veranstaltung gehen und dich über deine Möglichkeiten informieren.", mischte sich Mama einfach dazwischen. "Und im übrigen bin ich nicht der Meinung, dass jeder studieren muss. Aber jeder sollte eine vernünftige Ausbildung haben, auf die er zurückgreifen kann." War ja klar, dass so etwas von ihr kam "Ich werde aber auf alle Fälle Fußballprofi." Sauer verschränkte ich die Arme vor der Brust. "Es sagt ja auch niemand, dass du das nicht wirst ", lächelte sie mich an und strich mit ihrer Hand über meinen Arm. "Trotzdem schließt das eine doch das andere nicht aus. Und wer eine eins in Französisch schreibt, ist mit Sicherheit auch in der Lage ein Abitur zu machen." Na der Hoffnung sollte sie sich mal überhaupt nicht hingeben. Das würde ja noch ewig dauern und viel zu viel Zeit zum Pauken schlucken. "Hey, was ist denn hier los?" Maja schaute zwischen Paps, Mama und mir hin und her. "Die wollen, dass ich zu dem Berufsinformationstag gehe.", schmollte ich. "Ach, habt ihr auch die Einladung bekommen?" Meine Schwester schaute mich grinsend an. "Also ich finde das echt cool. Da sind auch einige Unis vertreten. Luca und ich wollten uns da auch mal umschauen. Bei uns ist das ja nur noch ein Jahr bis zum Abi." Boah, diese olle Streberin musste mir auch noch in den Rücken fallen. War ja klar. "Leo kommt auch zusammen mit Sascha und Mika mit." Paps klatschte in seine Hände "Na, ist doch super. Dann geht ihr da alle zusammen hin. Vielleicht findest du ja auch einen tollen Studiengang.", grinste er in meine Richtung. Hatte der mir überhaupt nicht zugehört? "Ich mache kein Abi.", knurrte ich. "Na dann halt eine Ausbildung.", schob er leicht enttäuscht hinterher. Ganz sicher nicht. Ich ließ mich doch von solchem Mist nicht von meiner wahren Berufung abhalten. Das würde ich schon noch mit ihm klären. Garantiert würde er schnell einsehen, dass das völlig unmöglich war und mir dabei helfen mich gegen Mama durchzusetzen. Das ganze mit der Ausbildung hatte doch sowieso sie ihm in den Kopf gepflanzt. "Papa , guck." Mari hielt ihm stolz ihr Duplogebilde vor die Nase und grinste. Scheinbar hatte sie wohl die Zeit genutzt, in der Paps mit der blöden Diskussion abgelenkt war. "Ja  Maus, das ist ja perfekt.", lobte er die Kleine und strubbelte ihr durch ihre kurzen rotblonden Haare. "Wie hast du das denn ganz ohne Anleitung geschafft." Ja, und ganz ohne lesen zu können. War das nicht ein deutliches Argument, dass dieses ganze Bildungssystem völlig überbewertet wurde. Sachen, die einem wirklich wichtig waren schaffte man auch einfach so. "Ich habe mir die Karten schon mit der Anleitung gelegt." Kopfschüttelnd starrte er auf den Zettel neben sich. "Unsere Tochter ist ein Genie." Mama fing an zu lachen "Nee Schnutzelchen, du scheiterst auch an einem normalen Kindersicherheitsverschluss an einer Putzmittelflasche. " Da hatte sie recht. "Die Dinger sind ja aber auch mal was blöd, Prinzessin. Drücken und gleichzeitig drehen. Wer kommt schon auf so eine bescheuerte Idee.", grummelte er sofort. "Jedes Kleinkind sofort.", lachte Mama. Ich griff mir meine Französisch Klausur und marschierte wieder in mein Zimmer. Gut, dann ging ich halt zu dieser blöden Veranstaltung. Auch wenn sie mir nur wertvolle Zeit klaute und ich mich dort nur langweilte.

Schuss und Treffer in der Abseitsfalle ✔️Teil 7Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt