Kleine Rache

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Es ist sehr schnell klar, dass Alexandra den Schlaf braucht. Denn es braucht keine zwei Minuten, ehe sie auf dem Pater liegend eingeschlafen ist. Vorsichtig legt er eine Hand auf ihren oberen Rücken und schließt selbst seine Augen. Auch er braucht Schlaf, den er auch hoffentlich bekommt. Diese drohende und nervige Präsenz rechts neben ihm ignoriert er gekonnt. Stattdessen hört er lieber auf die gleichmäßigen Atemzüge der jungen Frau. Das beruhigt ihn so ein wenig. Zu wissen, dass sie da ist. Fast, als wären sie wieder auf der Insel! Nur sind nun eindeutig weniger Gefahren drumherum, die sie anfallen könnten. Die einzige wirkliche Gefahr liegt neben ihnen. Doch sollte er eigentlich kein Problem darstellen. Alucard scheint sich ja ziemlich gut um sie gekümmert zu haben wenn Alex schon behauptet, dass man mit ihm eigentlich richtig reden könnte. Hat der böse, böse Urvampir vielleicht nicht doch einen weichen Punkt bekommen?

Dieser hingegen merkt auch schnell, dass Anderson ebenfalls eingeschlafen ist. Obwohl er in der direkten Anwesenheit des Urvampires liegt. Alucard wird noch ein wenig warten, bis er sich einmischt. Es wird den Pater erst nerven, wenn dieser so richtig tief schläft. Das Störendste, was er machen kann? Die kleine Zecke klauen, die friedlich auf dem Pater drauf liegt und sich in die Decke eingekuschelt hat. Nichts böses ahnt. Was sollte das eigentlich mit dem Wangenkuss? Ist sie völlig übergeschnappt? Er muss zugeben, dass das als Ablenkung durchaus gewirkt hat. Aber musste sie gleich so etwas absurdes durchziehen? Er verzieht das Gesicht, als er diese Wärme auf seiner Wange spürt und wischt sich darüber. Ekelhaft. Alucard rutscht ein wenig herum, ehe er an die Decke starrt. Der Urvampir weiß nicht, wie er sich das Leben hier mit Alex vorgestellt hat. Aber sicherlich nicht so. Das läuft alles sehr komisch ab!

Schlussendlich konnte nicht einmal Alucard sich davon abhalten, einfach zu schlafen. Auch Andersons Atem ist ruhig geworden. Hat sich an den von Alex angepasst und das war einschläfernder, als er es erwartet hätte. Zwar schläft er als erstes ein, wacht aber auch als erstes wieder auf. Irgendetwas liegt auf ihm. Ist der Sargdeckel eingekracht und er hat es nicht mitbekommen? Langsam öffnet er seine Augen und sieht, wie Alex gerade noch so gähnt, ehe sie sich auf ihm auf die andere Seite dreht, sich zusammen rollt und weiterschläft. Das ist jetzt nicht ihr ernst. Wie ist sie auf ihn rüber gekommen? Ein kurzer Blick zum Pater. Dieser schläft ebenfalls noch. Wieder sieht er zu der jungen Frau. Dann zum Geistlichen. Sie liegt ja jetzt auf IHM. Bedeutet, dass er ja... Seine Mundwinkel gehen hoch. Vorsichtig hebt er seine linke Hand. Dann den Arm. Legt die Hand auf den rechten Oberarm vom Pater. Wartet einen Augenblick, damit er nicht davon schon aufwacht und schubst ihn eiskalt aus dem Bett.

So schnell war Anderson noch nie wach! Ist er gerade aus dem Bett gefallen? "Scheiße... das tut weh...", flucht er leise und reibt sich seinen Kopf. Setzt sich langsam auf und stellt sich auf seine Füße. Wage ist ihm in der Erinnerung geblieben, wo der Schalter war. Also geht er dort hin und tastet die Wand ab, ehe er das Licht anschaltet. Sieht aus dem Augenwinkel etwas. Alucard. Der Pater blickt zu ihm und anhand seines breiten Grinsens ist es klar, dass er ihn aus dem Bett geschubst hat! Anderson will ihn schon zur Sau machen! Doch der Urvampir deutet mit einem zufriedenen Grinsen auf die auf ihm liegende Alex. Diese schläft immer noch tief und fest. Das ist an sich der einzige Grund, warum der Geistliche sich dazu entscheidet, das auf später zu verschieben. Stattdessen ballt er nur eine Hand zur Faust, ehe er sich auf den Rand des Bettes setzt und sich durch das Gesicht und seine Haare fährt. Er hatte eigentlich ziemlich gut schlafen können! Das mit dem herausschubsen war eigentlich seine Idee gewesen, aber er lag so oder so auf der falschen Seite dafür. Außerdem hatte er irgendwie früher damit gerechnet. Aber Alex hat ihm dahingehend wohl so eine gewisse Sicherheit gegeben. Gut zu wissen, dass er ihr nichts antun würde. Das beruhigt ihn irgendwie so ein bisschen.

Mit dem Ausgang ist er höchst zufrieden. Zwar ging nicht das, was er eigentlich tun wollte, aber mehr kann er jetzt auch nicht verlangen. Alucard sieht auf den kleinen Menschen auf sich. Diese scheint das mit dem Rums auf dem Boden und dem Anschalten des Lichts gar nicht gestört zu haben. Leicht irritiert beobachtet der Urvampir, wie sich Alex bewegt. Aber sie schläft noch. Ihr rechter Arm geht auf seiner linken Seite nach unten, bis dieser auf der Matratze liegt. Die Beine gleiten ebenfalls an ihm entlang. An sich liegt nur noch ihr linker Arm auf seiner Brust, der ihren Kopf stützt. Und ihr Oberkörper. Wie kann man sich nur so einem Jäger präsentieren? So schwach. So leicht zu töten. Eine so leichte Beute hätte er noch nie in seinem Leben gehabt! Und doch lässt er sie in Ruhe. Der schwarzhaarige bewegt sich keinen Millimeter, während er seine Sinne ein wenig schweifen lässt und dabei Seras entdeckt, die auf dem Weg zu diesem Raum ist. 

Ein leises: "Pst. Hey.", lässt den Pater aufhorchen. Es kommt von hinter ihm, also dreht er langsam den Kopf. Dass er diese Töne einmal von Alucard zu hören vermag, ist ein wahres Wunder. "Was?", erwidert Anderson in einem ebenfalls leisen Ton, um Alexandra nicht zu wecken. Ein kurzer Blick auf sie und er muss sich das Lachen verkneifen. Sie sabbert. Und zwar voll auf das weiße Hemd. Das schwarze Sakko hatte der Urvampir sich mitsamt seines Mantels ausgezogen. Um sich ein weiteres Lachen verkneifen zu können, legt sich der Pater eine Hand auf den Mund und sieht auf die Seite. Alucard hingegen runzelt die Stirn. Was hat der Pater jetzt? Er sieht verwirrt auf Alex und spürt fast im gleichem Augenblick, wie etwas an seiner Brust feucht wird. Das Weib sabbert ihn eiskalt im Schlaf an! Sollte er es bisher noch nicht getan haben, so fällt er nun offiziell vom Glauben ab. Was bildet sie sich ein? Was denkt sie, was sie alles machen kann?!

Anderson legt sich einen Zeigefinger auf die Lippen. Grinst dabei breit und steht auf. Dieser verdammte Blutsauger könnte sie im Nachhinein dafür bestrafen. Also will er mal nicht so sein und auf sie und ihn achten. Er nimmt sein eigenes Kissen, beugt sich nach vorn und sieht Alucard auffordernd an. Dieser versteht. Legt seine Hände an ihren Kopf und hebt diesen vorsichtig hoch. Der Geistliche schiebt das Kopfkissen darunter. Somit hat sie eine weiche Unterlage und sie sabbert Alucard nicht mehr voll. So viel Erniedrigung hatte er schon lange nicht mehr erlebt. Das letzte Mal war damals, als er inmitten seiner Leute getötet wurde! Er wird von einem Menschen vollgesabbert. Der No-life-King. Ein Vampir erster Güteklasse. Der erste seiner Rasse! Ein leises Brummen kommt von Alexandra und er sieht zu ihr. Blinzelnd öffnet sie ihre Augen und hebt den Kopf. Ihr Blick ist verklärt. Offensichtlich ist sie noch nicht da, als sie zuerst auf Alucard sieht und dann zum Pater. "Morgen...?", murmelt sie leise und gähnt, ehe sie sich aufsetzt und die Decke von ihr herunter rutscht. 

Die Insel der DimensionenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt