Kapitel 1

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Einen Monate später

Der Wind wehr die Blätter fort und ich wünschte, meine Gedanken würden es ihnen gleichtun. Draußen regnete es leicht. Noch vor ein paar Minuten war der Himmel hellblau gewesen, nunjedoch glich das Wetter der Stimmung, die ich schon so lange in mir trug.
"Schreibst du?" Ich wendete meinen Blick von dem Fenster ab und sah stattdessen zu Paul, der gerade aus dem Bad gekommen war. Von den dunklen Haaren tropfte noch vereinzelt Wasser und an seinem grauen Tshirt, dass er sich direkt nach dem Duschen angezogen haben musste, war teilweise nass. Kurz musterte ich ihn, dann blickte ich wieder in seine Augen. "Ja", sagte ich schließlich und zuckte mit den Schultern.
Als er im Bad verschwunden war, hatte ich meinen Laptop hervorgekramt und das erste Mal seit über einem Monat meine Finger auf die abgenutzten Tasten gelegt. Allerdings war noch kein einziges Wort dabei herausgekommen. So wie ich mich kannte, würde ich aufgeben, den Laptop zurück in seine Schublade stecken und mich wieder einmal von meinen Gedanken und Erinnerungen überrollen lassen. Als würden sie dies nicht ohnehin genug tun.
"Wie sieht deine Nacht aus?", fragte Paul, kam um den Tisch und setzte sich mir gegenüber hin. Das fragte er oft seit dem Unfall. Irgendwann, in der in der zehnten Klasse, als wir uns erst seit einem halben Jahr kannten, hatten wir bei einem Theaterstück mitgespielt. Ich hatte gewollt und ihn daraufhin gezwungen. Und ich wusste, er hätte sich dagegen wehren können und wenn er es wirklich nicht gewollt hätte, hätte er es auch nicht getan. Es war eine umgeschriebene Version von Romeo und Julia gewesen. Julia war unendlich traurig gewesen, als sie auf Romeo traf. Und jeden Tag hat er sie gefragt, wie ihre Nacht aussah. So tiefschwarz wie immer, oder ob man erste Sterne sehen konnte. Paul war der Romeo gewesen und ich die Julia. Wir zwei, die uns immer beste Freunde genannt hatten, durften eine der bekanntesten Liebesgeschichten nachspielen. Und oh Gott. Für einen kurzen Augenblick dachte ich, ich würde ihn lieben. Zugegebenermaßen war es kein kurzer Augenblick. Die ganzen drei Jahre vor dem Unfall hatte ich geglaubt, ich würde ihn lieben. Irgendwo tat ich das vielleicht noch immer. Doch wir beide hatten Pläne gehabt. Während ich immer Germanistik hatte studieren wollen, war sein Plan gewesen, nach London zu ziehen, um dort einen Job als Informatiker anzutreten. Wir beide hatten Pläne gehabt, welche, die vollkommen ausgereift waren und keine Liebesgeschichte zwischen uns beinhaltete. Doch nun waren wir beide hier, auf diesem Hof seiner Tante und standen beide still. Irgendwo auf der Strecke zwischen träumen und verwirklichen stehen geblieben. Ich ziemlich unfreiwillig und er... Für mich. Manchmal wünschte ich mir, er würde weiter laufen. Sein Leben nicht dem Stillstand überlassen. Doch auch wusste ich, dass ich ohne ihn zusammenbrechen würde. Und irgendwann... Irgendwann würde ich wieder laufen können.
Dann würde ich vielleicht daran denken, dass ich ihn lieben könnte. Und dass ich, für winzige Augenblicke dachte, er würde auch mich lieben.
"Keine Sterne", flüsterte ich. Ich war von den Erinnerungen übermannt worden und an meiner Stimme ließ sich das deutlich merken.
Der Stuhl fuhr hörbar über den Boden, als er ihn zurückzog und aufstand. Er kam um den Tisch herum, bedeutete mir, aufzustehen.
Mein Blick fiel für einen Sekundenbruchteil auf das leere Dokument das auf meinem Laptop zu sehen war.
Dann stand ich zögernd auf und blickte in seine grauen Augen. Silber schimmernd und gleichzeitig einem Sturm gleichend. Den Kopf musste ich leicht in den Nacken legen. Er war einen Kopf größer als ich, so, wie auch schon zu dem Zeitpunkt, als ich ihn kennengelernt habe.
Als er mich an sich zog, umgab mich augenblicklich der Geruch von ihm. Eine Mischung aus dem Shampoo, das er seit Ewigkeiten benutzte und ihm. Die wohlige Wärme umgab mich, die mich immer überkam, wenn er mich umarmte.
Ich stand da. Stille Tränen liefen mir über die Wange und beinahe automatisch wollte ich zu den Taschentücher greifen, die ich immer bereithielt. Doch ich stand bloß da.
Und Paul hielt mich. Ließ nicht zu, dass ich auf dem harten Grund aufkommen würde, der unverweigerlich auf den Sturz folgen sollte.

[Gerade noch an mein Board geschrieben, dass bis Freitag kein Kapitel kommt. Und oops. Ich sollte so etwas nicht schreiben xD irgendwie tue ich mich schwer damit, mich an soetwas zu halten xD Aber nunja :) Wie findest du das erste richtige Kapitel? Wie schon gesagt werden die Kapitel relativ kurz sein, aber hier finde ich es irgendwie passend :) Ich wünsche dir einen schönen Tag!]

CaleaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt