Aufbruch ♤

99 10 23
                                    


__________________________________

"Der Anfang ist die Hälfte
des Ganzen."

~ Aristoteles
_____________________________


Es war so weit.
Der große Winterball stand vor der Tür.

Dayna hatte etliche Tage mit der Auswahl ihres Outfits verbracht, unzählige Modemagazine nach dem Besondersten vom Besonderen durchblättert und sich stundenlang in unbequemen Schuhwerk durch die vollgelaufenen Läden riesiger Malls gezwängt. Nur um schlussendlich Ihrer langjährigen Schneiderin den Auftrag für das perfekte Design Ihres spektakulären Auftritts anzuvertrauen. Denn wenn es eins gab, das Dayna liebte, dann war es Extravaganz.

Das Einzige, dass jetzt noch fehlte, um Ihre Kreation abzurunden, waren die superhohen schwarzen Peeptoes in schwarzer Lackoptik mit roter Sohle, die das Mädchen bei ihrem Lieblings-Onlinehändler bestellt hatte. Und die sollten schon längst angekommen sein.

Bereits komplett gestylt, im bodenlangen weissen Ballkleid mit Glitzerapplikationen, welche das edle Gewand nicht im entferntesten billig wirken liesen, blickte die Teenagerin ungeduldig durch das Küchenfenster auf die wunderschöne Veranda vor ihrem Haus, auf der ihr Päckchen bereits vor Stunden hätte stehen sollen. In spätestens fünf Minuten würde sie mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit einen ungebändigten Wutanfall, dicht gefolgt von einem hysterischen Heulkrampf bekommen.

Mit fester Absicht sich zu beruhigen, begab sie sich ins untere Badezimmer, um ihr perfekt aufgelegtes Makeup und ihre topfrisierten silberschimmernden Haare - mit welchen sie sich mittlerweile angefreundet hatte - noch einmal ausgiebig im Spiegel abzuscannen. Sie atmete tief ein - und hörte plötzlich die sehnlichst erwartete Türklingel. Freudestrahlend und voll neuen Mutes begab sie sich, beinahe auf und ab hüpfend vor Aufregung, zur massiven Eichenholzhaustür, drückte die geschwungene Klinke herunter, riss die Tür auf - und fand sich vor dem verblüfften Gesicht ihres schon fast vergessenen Ritters wider.

"C-c-caleb?", brach sie stammelnd hervor.

"Du siehst umwerfend aus", flüsterte er ehrfürchtig, immernoch viel zu perplex von ihrer zweifelsfrei unerwarteten Erscheinung.

Wieder ganz sie selbst, zog die 17-Jährige mit verschmitzten Lächeln ihre rechte Augenbraue hoch und meinte sarkastisch:
"Du stehst aber noch."

Kurz verwirrt, hatte der selbst ziemlich gutaussehende Riese sich dann aber schnell wieder gefangen und entgegnete knapp:
"Ihr müsst jetzt sofort mit mir mitkommen, mylady."

Mit flüchtigen Blick auf Ihre noch nackten, rotlackierten Fußnägel, fügte er hinzu: "Nachdem ihr euch Schuhe angezogen habt, natürlich."

Na super, dachte die völlig überrumpelte Schülerin sich mit einem genervten Augenrollen. Nach tagelanger Funkstille, hatte ihr Wächter es tatsächlich geschafft, sie im denkbar ungünstigsten Augenblick wohl erneut entführen zu wollen.

"UNMÖGLICH. Ich muss zum Winterball. Ich habe tagelang darauf hingearbeitet. Weißt du eigentlich, dass dieses Kleid ein Vermögen gekostet hat?"

Der Riese erwiderte ihr wütendes Funkeln mit eiserner Miene.
"Es bleibt keine Zeit, mylady. Wir müssen umgehend ins Schloss, um euch für das diesjährige Schuljahr am Hof anzumelden. Ihr seid hier nicht mehr sicher."

Sie konnte deutlich die Furcht aus seinen Worten heraushören und das machte ihr wiederum selbst große Angst. Denn wenn sich so ein starker, mächtiger Mann vor etwas fürchtete, wie sollte die kleine, zarte Dyana dann ihren Mut behalten?

Burning ShadowsNơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ