kirschblütenkampf

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29. April 1877

Ich liebte Hanami. An diesen Tagen fühlte ich mich frei, es gab keine Einschränkungen mehr. In ganz Japan herrschte dann immer Harmonie, ein Land, das momentan tief gespalten war, wurde in einer Sache vereint: das Betrachten der Kirschblüten. Egal, ob man nun für die alten Traditionen kämpfte, oder die Neuerungen willkommen hieß, alle Menschen in Kyoto versammelten sich am Tag des Kirschblütenfestes in den Parks von der Stadt, ich wusste, dass es überall anders genauso war.

Der Anblick war einfach zu schön, niemand wollte sich von dieser japanischen Tradition lossagen, mochten sie noch so sehr für die Meiji-Restauration kämpfen.

Auch für mich stellte dieser Tag neben den vielen anderen schönen Dingen eine Gelegenheit dar, Taro zu treffen. Es waren so viele Japaner unterwegs, da konnte er sich unbemerkt in die Stadt schleichen und mich am Ufer des Kamogawa treffen.

Voller Vorfreude lächelte ich die Menschen, die sich um mich herum tummelten und die Blüten betrachteten, höflich an, erwidert wurde diese Geste immer. Wahrscheinlich vermuteten die meisten, dass ich nur wegen dem Fest so gut gelaunt war, normalerweise zeigte man in der Öffentlichkeit nicht so viele Gefühle. Der heutige Tag war da eine Ausnahme.

Schon bald kam der Kamogawa ins Sicht. Der Fluss glänzte im Sonnenschein, viele der Elite von Kyoto ließen sich in kleinen Booten den Strom hinaufschiffen, um das gemeine Volk von dort aus zu beobachten.

Ich wusste, dass auch meine Eltern etwas ähnliches vorhatten, doch irgendwie war es mir gelungen, sie davon zu überzeugen, mich hier am Ufer zurückzulassen, noch dazu ohne eine Wache. Es war ungewöhnlich, aber in den letzten Monaten hatte ich meine Überredungskünste perfektioniert. Vermutlich dachten auch sie zudem, dass es am heutigen Tage keine Bedrohungen gab, dazu war die allgemeine Stimmung zu friedlich. Es musste zumindest in ihrer Entscheidung, mich unbeaufsichtigt zu lassen, eine wichtige Rolle gespielt haben.

Dabei war an normalen Tagen die Anspannung in Japan mehr zu spüren, als jemals zuvor. Die Fronten hatten sich im vergangenen Jahr verhärtet, es schien, als stünden die Befürworter und Gegner der Restauration kurz vor einer kriegerischen Auseinandersetzung. Deswegen war das Hanami-Fest umso wichtiger. Es stellte eine Atempause dar, es war ein Tag, der für alle Japaner fast schon heilig war. Niemand würde heute irgendetwas unternehme.

Gerade deswegen war es der perfekte Zeitpunkt für mich, Taro zu treffen. Niemand würde vermuten, einen Samurai hier anzutreffen und so lange er sich normal bekleidete, gab es keinen Grund, Verdacht zu schöpfen.

Mein Lächeln vertiefte sich, als ich ihn schon von weitem erkannte, wie er unter einem prachtvollen Kirschbaum stand. Seine Haltung war unverwechselbar, wie immer strahlte er eine stählerne Ruhe aus, die ich kennen und lieben gelernt hatte.

Langsam schritt ich weiter, strich im Gehen eine Falte meines dunkellila Kimonos glatt. Der Stoff war übersäht von hellrosa, fast weißen Kirschblüten, der Obi war komplett weiß und war hinten an meinem Rücken zu einer großen Schleife zusammengebunden.

Jetzt drehte er sich um, ich konnte förmlich spüren, wie er mich entdeckte. Sein Blick kribbelte auf meiner Haut, Wärme breitete sich in mir aus.

Ich blieb vor ihm stehen, erwartungsvoll sah ich an. Sanft nahm er meine Hände, doch er küsste mich nicht, nicht hier in der Öffentlichkeit. Es war auch besser so.

„Ich bin froh, dich zu sehen, Hana.", murmelte er leise. Seine Stimme war rau, ein seltsamer Unterton schwang in ihr mit.

Ich schlug die Augen nieder. „Ich auch."

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