25- Sex und Monster.

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2 Jahre, 6 Monat und 21 Tage vorher

          Ich fand ihn auf dem Dach, das Gesicht den Sonnenstrahlen entgegengestreckt, als wäre ihre verführerische Wärme nicht tödlich. Zweifelsohne hörte er meine eher umständlichen Versuche, über das Balkongeländer zu ihm zu klettern, doch er öffnete nicht einmal ein Auge.

Er trug weder Krone noch eine Weste. Sein Hemd war nicht vollständig zugeknöpft und seine Hände waren entspannt in den Hosentaschen vergraben. In diesem Aufzug hätte er jeder Bürger dieser Stadt sein können, den man in seinem Wohnzimmer überraschte. Aber allein die Art wie er die Schultern zurückrollte und Platz in dieser Welt einnahm... es war nicht wegzudiskutieren. Man sah es ihm an. Krone hin oder her.

Falls er mich mit seiner unbeeindruckten Masche allerdings loswerden wollte, würde ich ihn überraschen. Alle suchten seit dem Frühstück nach ihm. Sein Verschwinden hatte sogar irgendwann die Runde unter den Dienern gemacht, bis einer von ihnen mich ansprach, ob ich noch einen Ort wüsste, wo er sich aufhalten könne.

Seine Pause war hiermit vorbei.

Ich schob sein Bein zur Seite, um mich neben ihn auf das Fensterbrett zu quetschen, und wandte mich der Aussicht zu.
„Hat es einen besonderen Grund, warum niemand weiß, wo sich der König von Clevem aufhält?"

Beim Klang meiner Stimme verzog er das Gesicht, als kratze jemand mit Fingernägeln über eine Tafel.
„Sonst würde es überhaupt keinen Sinn machen, dass ich mich verstecke."

Ich warf ihm einen prüfenden Blick zu. Er hatte dichte Wimpern, die über hohen Wangenknochen ruhten. Sie flatterten kurz, als spüre er, wie ich ihn beobachtete. Er sah nicht direkt angespannt aus, doch ich wusste inzwischen, dass sein Eindruck trog. Er leitete seinen ständig simmernden Ärger in einen stetigen Fluss aus Sarkasmus und verletzenden Kommentaren um, den es zu überwinden galt, wenn man sich ernsthaft mit ihm unterhalten wollte.
„Und mit wem spielst du Verstecken?"

Er verschränkte die Arme als letzte Bemühung mich non-verbal zu vertreiben. Er hätte es so viel einfacher, wenn ich nur ein bisschen schüchterner geblieben wäre. Schließlich ließ er sich doch zu einer Antwort herab. Er hatte ja nicht wirklich eine Wahl.
„Dem gesamten Senatorenstab."

Aha. Ich unterdrückte ein Lächeln und schob eine braune Strähne hinter mein Ohr.
„Wegen der Gleiter-Konstrukteur- Debatte?"

Ich hatte ihn heute Morgen mit dem Senat streiten gehört.

Jeder hatte ihn heute Morgen mit dem Senat streiten gehört.

Er schnaubte und öffnete die Augen, um den Horizont vorwurfsvoll anzustarren. Vielleicht überlegte er auch, ob er als König dazu in der Lage war einen ganzen Senat über den Rand zu werfen. Ehefrau inklusive.

„Ich sollte sie alle über Clevems Rand werfen lassen. Mal sehen ob einer der Pilotboten sie auffängt", er verzog das Gesicht in eine begeisterte Maske, doch keine echten Gefühle steckten dahinter und so kehrte er zu seiner verärgerten Miene zurück, „Niemand auf diesem Zirkel könnte laut genug schreien, um in die Schädel der Senatoren zu bekommen, dass-..."

„Ich habe mit ihnen geredet und sie haben nachgegeben. Sie werden den Gildenvorsitz von den Arbeitern selbst bestimmen lassen, so lange die Qualität der Gleiter und die Sicherheit unserer Pilotboten nicht gefährdet ist", unterbrach ich ihn, bevor er sich wieder in Rage redete.

Sein Mund klappte geräuschvoll zu und er drehte sich zu mir um. Die Augenbrauen erhoben, musterte er mich. Es war nichts anderes als Politik gewesen. Nichts, was er nicht auch hätte bewerkstelligen können, wenn er nur ein einziges Mal sein Temperament im Griff hätte. Jetzt aber, entlockte mir seine Verblüffung ein selbstzufriedenes Grinsen, das er zu ignorieren suchte, indem er sich wieder der Aussicht zuwandte.

Das Königreich der Geheimnisse - Band 1Where stories live. Discover now