Washington, 2 days before

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Seine Hände schmerzten noch immer von letzter Nacht. Hätte er es doch einfach dabei belassen. Hätte er doch einfach akzeptiert, dass Jackson ein Arschloch war und er sich nicht über seine Provokationen aufregen musste. Aber irgendwie konnte er sich nicht beherrschen. Dieses hässliche Grinsen hatte ihn zu Weissglut getrieben, sodass er am Ende sogar eine Verwarnung kassiert hatte.

Schon wieder.

Und es war seine letzte. Noch eine, und er würde rausgeworfen werden.

Und wohin konnte er dann noch gehen?

Angespannt dehnte er seine blau angelaufenen Fingerknöchel und nahm einen tiefen Schluck aus seiner Kaffeetasse.

Nach letzter Nacht hatte er noch nicht mal mehr ein Auge zumachen können. Die schreckliche, unbändige Wut hatte es ihm unmöglich gemacht, runter zu kommen. Alllerdings wurde er auch zum Kantinendienst verurteilt, sodass er eh nicht so viel Schlaf bekommen hätte. Umso dankbarer war er, dass er heute endlich einen ruhigen Morgen, ganz alleine, am Kantinentisch verbringen konnte.

Normalerweise frühstückten seine Kumpels Josh, Clay und Arthur immer mit ihm zusammen, doch heute war es noch viel zu früh, um sie überhaupt wach anzutreffen.

Es war nicht so, dass er sie nicht mochte - allerdings hatte er das Gefühl, dass er ihren Erwartungen nie gerecht werden konnte. Er war einfach nicht der Kumpel-Typ. Für ihn war es eher anstregnden, sich ihre schlechten WItze und langweiligen Geschichten anzuhören, als dass er sich wohl unter ihnen fühlte. Er war lieber alleine. Vielleicht ein Klischee, aber er konnte einfach nicht anders.

Normalerweise wäre er auch nie zur Army gegangen. Für ihn kam Teamarbeit oder Kameradschaft eigentlich nie in Frage - Er war schon immer ein Einzelgänger gewesen. Aber nach der Sache mit Nancy hatte er keine andere Möglichkeit gesehen.

Er hatte einfach keine Ahnung gehabt, was er mit seinem Leben hätte anstellen sollen. Es war alles von der einen auf die andere Sekunden wie eine heisse Blase geplatzt, und er hatte einfach nur dar gestanden und zugesehen.

Der Gedanke verfolgte ihn noch immer in jedem Traum, in jedem nächtlichen Schlaf.

Was wäre, wenn? Was wäre passiert, wenn er etwas getan, oder gesagt hätte? Wenn er für seine Schwester dagewesen wäre?

Es machte ihn verrückt, wenn er sich ausmalte, wie er ihr hätte helfen können. Es hatte in seiner Macht gelegen, keine Frage. Und er hatte die Augen geschlossen.

Erschrocken stellte er die Kaffeetassen wieder hin, als der Druck seines Griffs ein pochendes Stechen durch seine Fingerknöchel fahren liess. Vielleicht sollte er sich doch nochmal etwas zum Kühlen suchen.

Er stand auf, nahm sein Tablett und wollte gerade zum Wagen hinüber gehen, als plötzlich jemand seinen Namen rief.

"Tyler!"

Er seufzte leicht und drehte sich um.

Clay stand am Eingang der Kantine und nahm sich gerade sein Tablet, als er auch schon zu ihm rüber kam. Offensichtlich war er gerade heute morgen zum Frühaufsteher mutiert.

"Bist du schon fertig? Willst du deinem alten Kumpel nicht gesellschaft leisten?"

Tyler zuckte entschuldigend mit den Schultern und deutete hinter sich.

"Ich hab eigentlich gleich eine Sanktionsbesprechung beim Searg..."

"Uh, hab ich von gehört. Jackson sieht jetzt aus wie ein Frettchen, mit den fehlenden Zähnen. Aber deine Hände sehen auch nicht gerade besser aus, bro. Hast du das mal checken lassen?"

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⏰ Letzte Aktualisierung: Sep 05, 2020 ⏰

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