Beben 5.0

96 24 17
                                    

Es klopfte an meine Tür und ich saß aufrecht im Bett.

Mit einem Auge lugte ich auf die Zeitanzeige, die in einem matten Braunton auf dem Medienpanel angezeigt wurde. 7:43. Noch keine Zeit, um regulär geweckt zu werden. Man hatte mir noch nicht einmal drei Stunden Schlaf gegönnt. Dennoch klappte ich die weiße Synthetikdecke über meinem Körper weg und schwang die Beine aus dem Bett. Was blieb mir auch übrig?

"Ich bin wach!", rief ich in Richtung der Tür und angelte dabei nach meiner Hose, die über einem Stuhl neben dem Bett hing. Ich schlüpfte hinein, kämpfte mit meinen Gleichgewichtssinn und gegen die Augen, die immer wieder zufallen wollten. Wach? Von wegen. Wir einigten uns auf ein unentschieden. Ich ließ die Augen halb offen und streifte mir auf dem Weg zur Tür noch mein Shirt über.

Die Anzeige des Personenscanners neben dem Rahmen zeigte keine ID an, es musste jemand von uns sein. Kein Sicherheitskorps. Ich atmete auf und löste die Türverriegelung.

Klara stand davor. Sie sah müde aus, scheinbar hatte sie noch weniger Schlaf abbekommen als ich, vielleicht auch gar keinen.

"Teambesprechung. Numbaka ist auf etwas aus unserer Vergangenheit gestoßen."

"Was? Und das hat keine Zeit bis morgen?"

"Genau genommen ist es doch schon morgen, oder?"

"Kleine Klugscheißerin. Heute Mittag dann?" Ich gähnte übertrieben und starrte sehnsüchtig in Richtung Bett.

"Bist du nicht gespannt? In-for-ma-tio-nen." Sie wedelte mit einem unsichtbaren Blatt Papier vor meiner Nase herum. "Ich bin gespannt. Ich habe zwar nur ein bisschen davon gesehen, aber es war eine Aufnahme des Eiszombies."

"Unser Eiszombie?"

Die Haare auf meinen Unterarmen stellten sich auf und ich spürte, wie mein Herz sich langsam aber sicher warm lief.

"Gibt es denn noch mehr? Aber ja, ich hab ihn genau erkannt."

Tja, und so gewann ich gemeinsam mit der Neugier den Kampf gegen meinen müden Körper.

"Okay, ich zieh mir noch Schuhe an, dann komm ich. Sind die anderen schon wach?"

"Denke schon. Der Alte ist in ihre Richtung gelaufen, ich in deine."

Ich zog die Schublade auf und ließ meine Hand über die Auswahl schwarzer Socken gleiten, bis ich einen Farbton fand, der mir gefiel. Darüber zog ich schwarze Arbeiterstiefel mit Stahlkappen, denn in Numbakas Reich konnte man nie wissen, wann einem mal schweres Werkzeug auf den Fuß fiel oder Sergej sich beim Klettern – ganz aus Versehen natürlich – mit der Prothese daran festhielt. Ich stellte das Medienpanel auf Spiegelmodus und betrachtete mein braunes Haar, das in  Gruppen wirr in alle Richtungen abstand. Keine Zeit, mich darum zu kümmern, also schnappte ich mir die grüne Schirmmütze, die zur Technikertarnung gehörte, und bändigte es damit.

"Man sieht dir fast nicht mehr an, dass du gerade noch geschlafen hast", kommentierte Klara. "Mit der Mütze kannst du sogar deine Augenringe verstecken."

"Witzig. Noch ein paar solcher Nächte und wir brauchen keine Schminke mehr, um auf eine der Untergrundpartys zu gehen." Ich rieb mir den Schlaf aus den Augen, aber die Augenringe wurde ich immer noch nicht los. "Alles klar, wir können aufbrechen."

Die anderen warteten bereits in der Werkstatt auf uns und Moritz bastelte wie immer an irgendetwas rum. Ein Film lief auf dem Medienpanel. Sergej hatte es sich auf einem Stuhl bequem gemacht und schwang gerade seine Beine auf den Tisch in der Mitte des Raums. Mit den Bandagen um Arm und Oberkörper sah er wie eine halbe Mumie aus. Klara setzte sich auf den Tisch, direkt in sein Sichtfeld und wurde von einem geworfenen Kronkorken wieder vertrieben. Einen Meter nach links, damit er wieder etwas sah. Ich platzierte mich in der Ecke des Raums, wo ich mich an ein Regal lehnte.

HypothermieWaar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu